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Interview

Christine Dajeng ist leitende Oberärztin der Frauen-Permanence.

"Viele Frauen schätzen gewisse Anonymität"

Von: Ginger Hebel

01. November 2016

Frauen-Permanence: Vor einem Jahr hat das Spital Zollikerberg die Walk-in-Praxis vis-à-vis vom Bahnhof Stadelhofen eröffnet. Christine Dajeng (38), leitende Oberärztin der Frauen-Permanence Zürich, zieht Bilanz.

Die Frauen-Permanence existiert seit einem Jahr. Wie wird das Angebot genutzt?

Christine Dajeng: Innerhalb dieses Jahres hatten wir rund 7000 Konsultationen und behandelten pro Tag im Schnitt 20 Frauen. Das zeigt, dass das Angebot auf gute Resonanz stösst. Zu uns kommen vorwiegend Frauen aus der Stadt und der Umgebung, aber auch solche, die hier in den Ferien oder auf der Durchreise sind und es sehr schätzen, dass sie bei Beschwerden spontan vorbeikommen können.

Was sind die häufigsten Frauenprobleme?

Die Frauen, die notfallmässig zu uns kommen, leiden unter Unterleibsschmerzen, Schwangerschaftsbeschwerden und Infektionen im Genitalbereich.

Wodurch entstehen diese Infektionen?

Sie werden einerseits durch Geschlechtsverkehr übertragen, aber nicht nur. Gerade Pilzinfektionen entstehen häufig durch eine zu gut gemeinte Hygiene. Wir führen aus diesem Grund bei uns viele Hygieneberatungen durch, um wiederkehrende Infekte zu verhindern.

Es gibt Frauen, die nie zum Frauenarzt gehen, weil die Hemmschwelle hoch ist.

Richtig, aber je länger man wartet, desto grösser kann diese Hemmschwelle werden. Bei den meisten Erkrankungen ist es wichtig, dass man sie entdeckt, bevor Beschwerden auftreten. Wir freuen uns deshalb besonders darüber, dass Frauen den Weg zu uns finden, die schon sehr lange nicht mehr bei einem Frauenarzt waren.

Frauen mit Kinderwunsch suchen sich oft einen Vertrauensarzt, mit dem sie über Intimes sprechen können. In einer Walk-in-Praxis fällt diese Vertrauensbasis weg. Ist das ein Problem?

Wir können und möchten den oder die Frauenarzt/-ärztin, der oder die eine Frau seit Jahren betreut und ihre Geschichte kennt, nicht ersetzen. Unsere primäre Aufgabe ist es, gynäkologische und schwangerschaftsbedingte Notfälle zu behandeln, auch machen wir Ferienvertretungen. Wir stellen jedoch fest, dass viele Frauen aber auch eine gewisse Anonymität schätzen, weil sie dann besser über Intimes reden können.

Die Frauen-Permanence führt eine Hebammensprechstunde durch. Wie wird diese genutzt?

Sehr gut und immer mehr. Ängste sind in der Schwangerschaft oft ein Thema, man hört und liest viel und ist verunsichert. Durch die Hebammensprechstunde können den Schwangeren, aber auch ihren Partnern Ängste vor einer Schwangerschaft und der Geburt genommen werden.

Heute sind viele Frauen 40 Jahre und älter beim ersten Kind. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung?

Der Trend zu immer älteren Müttern ist eine neuzeitliche Entwicklung, die durch verschiedene sozial-gesellschaftliche Faktoren zustande gekommen ist, aber auch durch grosse Fortschritte in der Medizin ermöglicht wurde. Ohne die individuellen Gründe einer Mutter für den späten Kinderwunsch werten zu wollen, muss man aus gynäko­logischer Sicht klar festhalten, dass mit zunehmendem Alter Komplikationen während der Schwangerschaft und der ­Geburt häufiger vorkommen. Es ist daher wichtig, dass wir über die Risiken einer Schwangerschaft im höheren Alter aufklären.

Oft sieht man in Zürich Eltern mit Zwillingen. Künstliche Befruchtung oder viele Wunder der Natur?

Beides. Mit zunehmendem Alter steigt sowohl die Wahrscheinlichkeit spontaner Mehrlingsschwangerschaften, aber auch die Anzahl künstlicher Befruchtungen.

Die Frauen-Permanence ist an 365 Tagen im Jahr geöffnet. Frauen-Permanence Zürich Goethestrasse 24 Mo bis Fr: 11–20 Uhr Sa/So/Feiertage: 10–17 Uhr.
www.frauenpermanence.ch

 

 

 

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