mobile Navigation

Interview

Am CSI in Basel gewann Steve Guerdat auf Albführen’s Happiness die Prüfung über 145 cm. In Zürich darf es auch der Grand Prix sein. Bild: Key/Georgios Kefalas

«Wenn ich an den Start gehe, denke ich nicht an Punkte»

Von: Sacha Beuth

24. Januar 2017

Vom 27. bis 29. Januar misst sich die Springreiter-Weltelite wieder in Zürich beim Mercedes-CSI. Mit dabei ist auch der in Herrliberg wohnhafte Olympiasieger Steve Guerdat (34), der an seinem «Heimturnier» gleich mit drei Pferden in die Prüfungen startet und Paille und Nino dem Zürcher Publikum ein letztes Mal präsentiert.

Am Mercedes CSI führen Sie Ihre Erfolgspferde Paille und Nino des Buissonets noch einmal auf eine Ehrenrunde, damit sich auch das Zürcher Publikum von Ihnen verabschieden kann. Welche Gefühle löst das in Ihnen aus?

Steve Guerdat: Nino ist ja bereits im Dezember in Genf offiziell verabschiedet worden. Und bei Paille ist schon länger klar, dass sie aus Verletzungsgründen nicht weiter an Turnieren teilnehmen kann. Anders als in Genf wird mir die Abschiedsrunde nicht so schwerfallen. Ich finde es aber eine gute Idee, dass die Turnierorganisatoren und die Be­sitzer so nochmals die Pferde ehren wollen und sich das Zürcher Publikum von ihnen verabschieden kann, denn gerade Nino hatte hier viele Fans.

Und wie reagieren die Pferde ­da­rauf, dass sie nun nicht mehr vor grosser Kulisse Topleistungen bringen müssen?

Es bedeutet für sie schon eine ge­wisse Umstellung, denn schliesslich genossen sie zuvor täglich von früh bis spät eine Spezialbehandlung. Nun gewöhnen wir sie peu à peu an ein unabhängigeres Leben. Paille hat es einfacher, in Rente zu gehen. Sie wird als Zuchtstute eingesetzt, und so dürfte bei ihr kaum Langeweile aufkommen. Bei Nino ist es etwas anders. Als Wallach braucht er mehr Beschäftigung. Er wird jeden Tag geritten, wir machen Ausflüge in den Wald, und wenn wir unser neues Quartier in Elgg bezogen haben, wird er künftig auch nicht mehr allein auf der Weide sein.

Ärgert sich auch ein Pferd, wenn es oder sein Reiter einen Fehler macht?

Jedes Pferd reagiert anders. Es gibt solche, die sich ärgern und sich danach vielleicht verkrampfen oder bei denen die Konzentration danach flöten geht. Und es gibt solche, die eine heruntergeworfene Stange relativ locker wegstecken. Als Reiter ist es wichtig, seine Tiere genau zu kennen und entsprechend zu reagieren, also zu führen, damit sie die Konzentration wiedererlangen. Springreiten ist ein Teamsport. Mal macht der Reiter, mal das Pferd einen Fehler. Das Wichtigste ist gegenseitiges Vertrauen. Nur wenn dieses vor­handen ist, kann man mit jeder ­Situation klarkommen und Erfolg haben.

In Zürich kommen die im Vergleich zu den eingangs erwähnten Pferden eher unerfahrenen Big Red, Dioleen sowie Albführen’s Happiness zum Zuge. Welche Ziele haben Sie sich beim Mercedes CSI mit ihnen gesetzt?

Big Red ist ein Westfale, in den ich generell grosse Hoffnungen setze. Das Gleiche gilt für die Holländer Stute Dioleen, die ich erst nicht nach Zürich mitnehmen wollte, mich aber umentschied, weil sie in Basel so gut gesprungen ist. Und Happiness ist Gold wert, weil sie konstant auf einem hohen Level springt und schon diverse Prüfungen gewinnen konnte.

Welche Bedeutung hat das Turnier im Hallenstadion generell für Sie?

Der Mercedes CSI ist einer der ­Höhepunkte der Weltcupsaison und sozusagen mein «Heimturnier». Hier ist es mir meistens gut gelaufen und ich konnte einige Haupt­springen gewinnen. Ausserdem wird der Reitsport immer von einer ­grossartigen Show begleitet.

Viele Reiter kämpfen am Mer­cedes CSI um Punkte, um im ­April am Weltcup-Final in den USA dabei zu sein. Sie sind als ­Titelverteidiger bereits qualifiziert. Geht man so unbeschwerter in die Prüfungen in Zürich?

Nein. Wenn ich bei einer Prüfung an den Start gehe, denke ich nicht an die Punkte. Ich will so oder so gut sein.

Wer wird an den Hauptprüfungen Ihre schärfste Konkurrenz sein?

Im Prinzip alle anderen Starter. Springreiten ist eine der wenigen Sportarten, bei denen wirklich alle Teil­nehmer gewinnen können. Es gibt vielleicht den einen oder anderen, der leicht zu favorisieren ist, aber dazu kann ich noch kein Urteil abgeben, da ich nicht weiss, wer welches Pferd dabei haben wird.

Nach rund zehn Jahren in Herrliberg ziehen Sie mit Ihrem Stall im ­Februar nach Elgg. Was gab den Ausschlag für den Umzug?

Einerseits brauchte ich mehr Platz für die Pferde, anderseits wollte ich etwas Eigenes haben. Als ich den Hof von Monika und Paul Weier in Elgg sah, wusste ich sofort: Das ist es. Nun stehen uns eine Fläche von 14 Hektaren und Springplätze mit Grasboden zu Verfügung – ein richtiges Pferdeparadies.

Zur Person

Steve Guerdat ist der jüngste Sohn des ehemaligen Springreiters Philippe Guerdat und kam am 10.  Juni 1982 in Bassecourt JU zur Welt. Bereits als Dreijähriger nahm er erste Reitstunden und brach nach der 11. Klasse die Schule ab, um sich ganz auf seine Karriere als Springreiter zu konzentrieren. Nach mehreren Erfolgen im Nachwuchsbereich überzeugte er bald auch in der Elite. Guerdat gewann unter anderem im Einzel Olympiagold (2012) sowie zweimal die Weltcup­finals (2015, 2016) und mit der Mannschaft Olympia-Bronze (2012), EM-Gold (2009), -Silber (2005) und -Bronze (2003). Der Jurassier lebt gegenwärtig noch in Herrliberg, zieht demnächst aber nach Elgg.

Tickets zu gewinnen!

Das «Tagblatt» verlost 3 × 2 Tickets der Kategorie 3 im Wert von je 68 Franken für den Mercedes CSI vom Freitag, 27. Januar 2017. Schreiben Sie uns eine E-Mail mit Namen, Adresse, Telefon und Betreff CSI an: gewinn@tagblattzuerich.ch

Sind Sie bei Facebook? Werden Sie Fan von tagblattzuerich.ch

zurück zu Interview

Artikel bewerten

Gefällt mir ·  
Noch nicht bewertet.

Leserkommentare

Keine Kommentare