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Interview

Wildhüter oder Jäger?

Von: Isabella Seemann

31. August 2018

Soll die Jagd abgeschafft werden? Am 23. September wird im Kanton Zürich über die Initiative «Wildhüter statt Jäger» abgestimmt. Mit-Initiantin Marianne Trüb (Pro) und Christian Jaques (Contra), Präsident Verein Jagd Zürich, nehmen Stellung.

Contra:

Die Stadt Zürich und ihre Wälder werden von Wildhütern betreut. Wieso sollte das auf Kantonsebene nicht funktionieren?

Christian Jaques: Rund neunzig staatlich angestellte Wildhüter können auf dem Kantonsgebiet 1300 ausgebildete Milizjäger nicht ersetzen. Die 171 Jagdgesellschaften verfügen über lokale Kenntnisse, wissen wo sich das Wild bewegt und erfüllen die vom Kanton vorgegebenen Abgangszahlen tierschutzgerecht. Bei Wildschweineschäden in der Landwirtschaft sind sie vor Ort und greifen sofort ein. Das ist bei der erwähnten Anzahl Staatsjägern nicht möglich.

Wildhüter können ein Wildtier-Management betreuen, was Freizeit-Jäger kaum gewährleisten können.

Der Kanton verfügt seit Jahren über ein gut funktionierendes Wildtiermanagement, das die Artenvielfalt sichert und der Gesundheit des Wildes gerecht wird. Ein unkontrolliertes Wachstum, wie es die Initianten fordern, würde Krankheiten, Seuchen und vermehrte Verkehrsunfälle provozieren. Die Ausbildung und das Engagement der Milizjäger stellen sicher, dass die Jagd im Kanton professionell und kostengünstig ausgeführt wird. Die von allen jährlich zu erbringende Schiessprüfung gewährleistet den hohen Anspruch an die Treffsicherheit.

Vielen Tierschützern missfällt die Jagd als Hobby. Mit welchem Argument wollen Sie das Stimmvolk für ein Nein gewinnen?

Wir Zürcher Jäger sind in den Gemeinden verankert und im Kontakt mit der Bevölkerung, der Landwirtschaft und dem Forst. Wir schiessen nicht wegen den Trophäen oder aus Lust, sondern verantwortungsbewusst im Sinne des Wildtiermanagements. Zur Jagd gehört auch das Ausrücken bei Wildunfällen im Dienste der Öffentlich-keit. Das geschieht bei etwa 3’800 Wildunfällen pro Jahr, also zehn mal täglich, meistens nachts. Das rasche Erlösen von verletztem Wild oder die Nachsuche mit Hunden ist einer unserer Aufträge. Diese Leistung könnte durch die erwähnte Anzahl Staatsjäger nicht erbracht werden. Schon deshalb und aus Tierschutzgründen ist die Initiative abzulehnen.

Pro:

Weshalb wollen Sie das bewährte Milizsystem stürzen?

Marianne Trüb: Das heutige System bewährt sich eben nicht. Wir fordern ein professionelles Wildtiermanagement. So wie es in der Stadt Zürich und im Kanton Genf erfolgreich praktiziert wird. Jäger handeln nicht im Sinne der Allgemeinheit. Sie wollen Beute machen, Tiere abschiessen und dies mit tierschutzwidrigen Methoden. Bei der Treibjagd werden die Wildtiere herumgehetzt und in Bewegung beschossen. Bei der Fuchsbaujagd werden Hunde und Füchse zu Tierkämpfen gezwungen.

Die Initiative fordert, dass Wildhüter erst nach Ausschöpfung aller Schutzmassnahmen zur Abwehr von Wildschäden, Tiere schiessen dürften. Fördert das Überpopulation, Krankheit und Stress?

Unter Krankheiten und Stress leiden die Wildtiere heute. Trotz oder vielmehr wegen der Jagd. Die Jagd stört die Tiere empfindlich und treibt sie aus ihren angestammten Revieren. Mit Wildhütern, die nicht den Abschuss der Tiere, sondern eine harmonische Koexistenz von Bevölkerung und Wildtieren von Berufs wegen im Fokus haben, wird garantiert, dass sowohl Überpopulationen als auch Krankheiten mit geeigneten Massnahmen entgegengewirkt wird.

Der Kantonsrat hat die Initiative zur Ablehnung empfohlen. Mit welchem Argument wollen Sie das Stimmvolk überzeugen?

Wir wollen Tierschutz und Umweltschutz statt Eigennutz. Stellen Sie sich vor, Polizisten könnten aus ihren Einsätzen persönlich Profit schlagen. Das wäre uns allen ein Gräuel. Doch die Jäger im Kanton Zürich tun genau das. 

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