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Interview

Anja Derungs, Leiterin der Fachstelle für Gleichstellung. Bild: SB

«Wir wollen einen Kulturwandel»

Von: Sacha Beuth

29. September 2015

Die Fachstelle für Gleichstellung feiert am 1. Oktober ihr 25-jähriges Bestehen. Was in dieser Zeit alles erreicht werden konnte und was noch im Argen liegt, weiss Leiterin Anja Derungs.

Anja Derungs, in welchen Bereichen sind Frau und Mann dank Ihrer Fachstelle nun gleichgestellt?

Die Fortschritte in der Gleichstellung sind nicht allein unserer Fachstelle zu verdanken. Aber: Mit unseren Projekten waren wir immer wieder Initiatorin und treibende Kraft, auch dank guten Kooperationen. Gewalt in der Partnerschaft ist heute keine Privatangelegenheit mehr, sondern ein Offizialdelikt. Wir leisten mit unseren Aktivitäten somit auch Vorarbeit für rechtliche Bestimmungen.

Wo hätten Sie gerne mehr bewirkt, bzw. welche Punkte müssen noch verbessert werden?

Es gibt leider viele Baustellen. So sind etwa im Berufsleben Frauen nach wie vor punkto Lohn und Karrierechancen benachteiligt. Und sie wählen ihre Berufe aus einem viel engeren Spektrum – mit gravierenden Folgen.

Was ist mit den Aspekten, in denen Männer ungleich behandelt werden – namentlich bei den Themen Scheidung, Sorgerecht und Militärdienstpflicht?

Unsere Fachstelle engagiert sich seit vielen Jahren für eine egalitäre Arbeitsteilung und für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Männer und Frauen. Das gemeinsame Sorgerecht ist eine wichtige Errungenschaft, als Norm ist sie noch relativ jung, sodass wir erst seine Entwicklung in der Praxis beobachten müssen. Eine Scheidung betrifft Frauen und Männer. Hier triagieren wir an spezialisierte Fachstellen. Bei der Militärdienstpflicht haben wir auf kommunaler Ebene kaum Einflussmöglichkeit.

Was halten Sie von Geschlechterquoten?

Sie sind ein wichtiges Instrument, um bestehende Ungleichheiten zu beheben. Ohne sie werden sich Strukturen nicht einfach ändern. So haben wir etwa innerhalb der Stadtverwaltung eine 35-Prozent-Zielvorgabe fürs untervertretene Geschlecht im Kader. Und das sind die Frauen. Hier wollen wir einen Kulturwandel erreichen. Vergessen wir nicht: Wir leben noch immer in einer von Männern geprägten Welt.

Ist es überhaupt möglich, eine 100-prozentige Gleichstellung zu erreichen?

Kaum, da sich aufgrund von gesellschaftlichen Veränderungen immer neue Brandherde auftun, beispielsweise die berechtige Forderung nach der rechtlichen Gleichstellung von Homo- und Bisexuellen sowie Transmenschen.

Für den Jubiläums-Event morgen im Stadthaus haben Sie namhafte Fachpersonen zur Diskussionsrunde eingeladen. Warum feiern Sie mit einem Streitgespräch?

Auch wenn hier alles Fachkräfte zum Thema Gleichstellung geladen sind, bedeutet dies nicht, dass alle die gleiche Meinung haben. Wir erhoffen uns aus der Diskussion Denkanstösse für die Weiterarbeit.

Jubiläums-Event «Umdenken öffnet Horizonte», Donnerstag, 1. Oktober, Stadthaus. Beginn: 19 Uhr. Eintritt frei. www.stadt-zuerich.ch/gleichstellung

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