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Interview

Micha Bitano und Katja Bienek ziehen Bilanz aus ihrer Zeit als «Tagblatt»-Single-Kolumnisten. Bild: CLA

"Zwei Wochen ohne Sex, dann werde ich zappelig"

Von: Clarissa Rohrbach

05. März 2013

Mit ihren Single-Abenteuern haben sie die «Tagblatt»-Leser amüsiert, aber auch verärgert. Katja Bienek und Micha Bitano erzählten von gutem Sex und schlechten Flirts, und dies, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Nun ist die Zeit für sie gekommen, dieses Kapitel zu schliessen. Haben sie die wahre Liebe gefunden? Hat sich das Suchen gelohnt? Katja und Micha ziehen Bilanz.

Tagblatt der Stadt Zürich: Katja Bienek, Micha Bitano, wieso verabschiedet ihr euch vom Single-Tagebuch?

Katja Bienek: Früher hatte ich Stoff in Hülle und Fülle, doch jetzt bin ich ruhiger geworden. Ich habe nicht mehr das Bedürfnis, mir die Nächte in Clubs um die Ohren zu schlagen. Ausserdem habe ich jetzt einen Freund, einen gebürtigen Hamburger.

Micha Bitano: Mein Leben hat sich immer mehr nach Belgrad verlagert, wo ich auch arbeite. Dort habe ich entdeckt, wie kalt viele Schweizer Frauen eigentlich sind. Zürich ist wie tot. Ich frage mich ernsthaft: Wie gehen Männer und Frauen hier nur miteinander um? Es wurde schwierig, darüber zu schreiben.

Wie gehen denn Frauen und Männer hier miteinander um?

Bitano: Die Menschen denken zu viel nach. Seh ich gut aus? Habe ich etwas Falsches gesagt? Die Gelassenheit geht verloren, und vor allem fehlt die Freude an den spontanen Gesten. Wenn ich in Zürich einer Frau die Tür aufhalte, würdigt sie das kaum. Oder wenn ich jemanden im Tram anlächle, bin ich gleich ein Psychopath. In Osteuropa ist die Frau eben noch Frau, sie lässt sich gerne verführen. Und: Sie sieht immer chic aus, auch wenn sie am Herd steht.

Sind andere Nationalitäten auch beim Sex besser?

Bienek: Nein, es gibt überall gute und schlechte Liebhaber.

Was läuft denn in Zürich schief?

Bienek: Die Emanzipation ist so stark, dass der Schuss nach hinten losgeht. Da lassen sich Frauen die Achselhaare wachsen, behaupten dabei, sie müssten keinem Mann gefallen, und jammern dann aber trotzdem, wenn sie niemand attraktiv findet. Ich bin dankbar für ­jeden Mann, der mir nachschaut.

Das waren in deiner Zeit als Kolumnistin nicht wenige. Was braucht ein Mann, um Katja Bienek zu überzeugen?

Bienek: Er muss wissen, wer er ist, ein eigenes Leben haben und nicht versuchen, mir immer alles recht zu machen. Er soll mich auch mal packen und aufs Bett schmeissen.

Bitano: Ja, klassische Rollenbilder ­finde ich auch gut. Eine Ex-Partnerin von mir war im Job so erfolgreich, dass sie zum Mann mutierte. Aber ich brauche keinen Mann im Bett. Ich mag es, wenn sich die Frau verführen lässt, ohne grosses Wenn und Aber.

Hast du Frauen immer aktiv gesucht?

Bitano: Ja, ich ging zum Beispiel auf ­Onlineplattformen und merkte plötzlich: Viele wollen Sex mit mir, ich komme gut an. Es gab auch schon Ménages-à-trois. Dieses Selbstbewusstsein habe ich auch durch den Erfolg im Job entwickelt. Meine Mutter sagt sogar: «Pass auf, dass du nicht abhebst!»

Bienek: Ich dachte immer, ich sei wild, aber im Vergleich zu Micha bin ich ja harmlos!

War das immer schon so? Katja die Brave und Micha der Draufgänger? Ihr kennt euch ja auch privat . . .

Bienek: Überhaupt nicht, daran bin ich schuld! Als ich Micha kennen lernte, war er extrem kontrolliert. Wenn er sich nicht vorstellen konnte, mit einer Frau eine Familie zu gründen, passierte einfach gar nichts. Ich habe ihm dieses ­Sicherheitsdenken ausgetrieben. Mein Motto ist nämlich: «Eines Tages wirst du nicht bereuen, was du gemacht hast, sondern das, was du nicht versucht hast.»

Hat es Micha bei dir versucht?

Bienek: Nein, wir passen nicht zueinander. Er suchte eine Begleitung für die ­Ferien und hat mich von 73 Bewerbern ausgewählt. Aus der Woche in Hurghada ist unsere Freundschaft entstanden.

War euer Single-Verhalten ähnlich?

Bitano: Meistens nicht. Ich hatte mehrere Affären parallel. Zeitweise waren es so viele, dass ich angeschriebene Bettwäsche für jede hatte. Ich habe die Frauen online gezielt angeschrieben.

Bienek: Ich habe mich treiben lassen, liess es auf mich zukommen. Online war ich nur einmal, und da musste ich Männer psychologisch unterstützen. Meine One-Night-Stands habe ich immer im realen Leben getroffen. Und wollte sie danach meistens auch nicht wiedersehen.

Wart ihr jemals verzweifelt?

Bienek: Ja, manchmal sagte ich mir: Schluss mit den Männern, ich werde lesbisch. Doch das könnte ich nie.

Bitano: Nein, ich habe die Hoffnung nie aufgegeben.

Einige Leser regten sich über die Kolumnen auf. Wie steht ihr dazu?

Bienek: Ich habe mein Leben so gelebt, wie ich wollte, dazu stehe ich. Dabei wollte ich niemanden verletzen. Es hat Spass gemacht, die Kolumnen zu schreiben, auch wenn sie polarisierten. Denn ich habe ein aufrichtiges Interesse für die Geschlechterthematik entwickelt.

Bitano: Die Vorwürfe, ich führe ein belangloses Leben, haben mich verletzt. Doch ansonsten bekam ich gute Reaktionen, auch wenn einige meinten, ich sei zu sachlich. Wenn es mir schlecht geht, entblösse ich mich nun mal nicht gerne.

Ist 2013 das Jahr der grossen Liebe?

Bienek: Heiraten kommt für mich nicht infrage, aber für eine langjährige Beziehung bin ich bereit. Mein jetziger Partner hat mich endlich nicht wie ein Goldfisch ins Aquarium gesteckt. Mit einem Mann, der mir immer am Rockzipfel hängt, halte ich es nicht aus.

Bitano: Da stimme ich zu. Wenn zwei Personen verschmelzen, entsteht Abhängigkeit, das ist nicht gut. Ich glaube ohnehin nicht an klassische Beziehungen. Eine Frau lieben auf lange Zeit gerne, aber beim Sex braucht es irgendwann Abwechslung. Das weiss meine jetzige Freundin und sieht das ähnlich.

Wie lange haltet ihr es ohne Sex aus?

Bienek: Das können auch zwei, drei Monate sein. Das ist mir wurst.

Bitano: Zwei, maximal drei Wochen, danach werde ich zappelig.

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