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Lifestyle

Gourmet-Blogs beginnen die klassischen Gastroführer abzulösen. Bild: PD

Gegessen wird, was aus dem Blog kommt

Von: Jan Strobel

12. Februar 2013

Im Internet kann jeder zum Restauranttester werden. Das «Tagblatt» stellt die drei besten Schweizer Online-Gastroführer vor.

«Sie müssen sich diesen Beruf so vorstellen. Sie sitzen auf einer Bank im Park und vergiften, wie üblich, die Tauben, da setzt sich eine junge Frau mit ihrem Kind neben Sie. Und Sie sagen: Junge Frau, so ein extrem hässliches Kind wie Ihres habe ich noch nie gesehen! – Das ist die Tragik meines Berufes, Sie müssen den Leuten die Wahrheit sagen.» So umschrieb einmal Wolfram Siebeck, gewissermassen der König unter den deutschen Restaurantkritikern, seinen Leidensdruck bei der Arbeit. Aber was heisst hier schon Wahrheit? Eigentlich ist doch jeder sein eigener und vor allem zuverlässigster Gastrokritiker. Das mögen auch die zahlreichen Gastro-Blogger finden, die im Internet ganz unbefangen von ihren kulinarischen Erlebnissen berichten und ihre Erfahrungen demokratisch mit anderen austauschen, denn immerhin gehört das Thema Essen in den sozialen Medien zu den absoluten Favoriten der Nutzer. Im Netz wird der einst so abgehobene Kritiker von seinem Thron gestossen.

Einer dieser umtriebigen Onlinekritiker ist Patrick, der sich selbst als ausgesprochenen Geniesser bezeichnet und auf seinem Blog «Patrick isst...!» seine Streifzüge durch die Restaurant-Welten veröffentlicht. Es finden sich hier auch Lokalitäten, die nur eingeweihten Kreisen bekannt sind, sogenannte secret locations wie beispielsweise das Charlotte Temporary. Gespeist wird dort in einer herrschaftlichen Villa irgendwo in Zürich. Wer einen Tisch ergattern möchte, braucht zuerst eine streng gehütete Mail-Adresse. Immerhin beliefert Patrick seine Leser mit eindrücklichen Fotos. Das überaus exquisite Menü wird von ihm mit 5 von maximal 6 Punkten bewertet. Der Blog ist im Übrigen offen für Gastschreiber, die Teil von Patricks Kulinarium werden möchten.
patrickisst.ch

Aus der Feder eines Journalisten und passionierten Kochs stammt wiederum der Gastro-Blog «Das Filet». David Schnapp schreibt für die «Weltwoche» regelmässig über Essen und Autos. Für seinen privaten Blog besucht er Restaurants anonym und schreibt seine Tafelfreuden- und leiden kenntnisreich, ungeschönt und treffsicher nieder. Hier ist bereits das Lesen ein echter Genuss. Nicht umsonst wurde «Das Filet» kürzlich von der Marketingagentur Xeit zum besten Gourmetblog der Schweiz gekürt. Schnapps Fazit über die Schweizer Kochkunst: «Es gibt viele sehr gute Köche und Köchinnen in der Schweiz. Aber es gibt nur wenige, die auch im internationalen Vergleich so gut sind, dass sie durch ihren einzigartigen Stil herausragen.»
dasfilet.ch

Ganz dem gastronomischen Angebot der Stadt hat sich der Blog «Harrys Ding» verschrieben. Das Autorenteam hat bis heute etwa 90 Zürcher Restaurants getestet. Das Credo des Gastroführers: «Wir schreiben genau so, wie wir es erlebt haben. Vielleicht hatte der Koch nur einen schlechten Tag. Pech gehabt. Oder auch ausnahmsweise einen guten. Glück gehabt.» Harrys Ding sind dabei nicht nur einzelne Restaurants – er bietet dem Leser darüber hinaus auch saisonal abgestimmte Listen empfehlenswerter Adressen. In welchen Lokalen geniesst man die besten Austern? Wo befinden sich die besten Fondue-Restaurants der Stadt? Entstanden ist ein sympathischer, unprätentiöser Gastroführer, dessen Angebot langsam, aber stetig wächst.
harrysding.ch

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