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Lifestyle

Geschichten von ungestümen Zürchern

Von: Isabella Seemann

08. Dezember 2014

Neue Zürcher Bücher: Das «Tagblatt» empfiehlt Werke von Zürcher Autoren für den Gabentisch, denn Bücher stehen noch immer ganz oben auf den Wunschzetteln.

Hrsg. Beat Glogger: «Zürcher Pioniergeist», Lehrmittelverlag, Okt. 2014, 58 Fr.

Faszinierend, wie viele kühne Pioniere, brillante Tüftler, Visionäre und Nobelpreisträger allein Stadt und Kanton Zürich hervorgebracht haben. Männer und Frauen hängten ihre Existenz an eine Idee, setzten diese mit unbeugsamem Willen um, scheiterten unzählige Male, und begründeten schliesslich doch erfolgreiche Unternehmen, entwickelten bahnbrechende Erfindungen, gaben neue Impulse, prägten die Welt oder sorgten einfach dafür, dass das Leben vieler Menschen angenehmer ist. Manchmal wars pure Not, die sie antrieb, zuweilen beruhte das Gelingen auf Zufall. Reich entlöhnt wurden längst nicht alle – und von vielen hat man zuvor nie gehört. Oder ist Ihnen Michael Näf bekannt, der Erfinder von Doodle? Kennen Sie Maria und Walter Düring? Die beiden Wipkinger Drogisten haben die WC-Ente erfunden.

Die Erzählung ihres Lebenswegs ist ebenso spannend wie jene des Nobellaureaten Richard Ernst, von Migros-Gründer Gottlieb Duttweiler oder des Örliker Künstlers und Oscar-Preisträger Hansruedi «HR» Giger, der der Pionier-Autorin wohl sein letztes Interview gewährte bevor er im Mai dieses Jahres verstarb. Auf dem Cover abgebildet ist die Engemerin Ilse Mayer, die erste Photoreporterin der Schweiz, und eine der 60 inspirierenden, ungestümen, hartnäckigen und weltoffenen Menschen, deren Lebensgeschichten von renommierten Publizisten in dem edlen, grossformatigen Buch niedergeschrieben wurden.

 

Seraina Maria Sievi, Daniel Frick: «Globis Weltraumatlas», Globi Verlag, Nov. 2014, 32 Fr.

Nur wenigen irdischen Wesen ist es vergönnt, tatsächlich von der Erde abzuheben und den Sternen ein Stück näher zu kommen. Was Wunder, denn der Weg zum Beruf des Astronauten ist beschwerlich, dafür aber auch ganz schön spannend und aufregend. Der erste Schweizer Astronaut heisst Claude Nicollier; auch den ersten Vogel im Weltraum kennt jedes Kind hierzulande: Globi. In seinem Weltraumatlas erzählt er allerdings kein neues Abenteuer in Reimform, sondern erklärt mit verspielten aufklappbaren Karten, wissenschaftlich fundiert, warum die Sterne glitzern, welche Sternbilder am Firmament zu erkennen sind, welche Pioniere ausser ihm selbst sonst noch ins Weltall reisten. Ausserdem gibt der schlaue, blaue Vogel noch die eine oder andere Anekdote aus dem Lebens eines Astronauten preis.

Das Buch ist so schön illustriert, dass man sich Bettwäsche mit den gedruckten Zeichnungen wünschte, auf dass junge Forscher sich nachts zu den Sternen träumen können, über die sie tags so viel gelernt haben.

Thomas Meyer: «Rechnung über meine Dukaten», Salis Verlag, Sept. 2012, 29.90 Fr.

Mit seinem Erstling «Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse», in dem er in einer eigens erfundenen Sprachmischung aus Jiddisch und Deutsch die Geschichte des jungen Zürcher Juden Mordechai «Motti» Wolkenbruch aus Wiedikon erzählt, dessen orthodoxe Mame ihn ständig mit Frauen verkuppeln will, begeisterte Thomas Meyer Zehntausende Leser. 46 Wochen lang rangierte das Buch auf der Beststellerliste, wurde bereits in zehnter Auflage gedruckt, für den Schweizer Buchpreis nominiert und von der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» gar als «das Beste seit Woody Allen» gefeiert.

Auch bei seinem Zweitling ist die Sprache das Ereignis des Romans, diesmal allerdings ist es gestelztes altes Preussen-Teutsch und die Geschichte spielt in Sachsen im Jahre 1716: Der Bauernjunge Gerlach wird im Auftrag des preussischen Königs Friedrich Wilhelm I. entführt – denn Gerlach ist ungewöhnlich gross gewachsen und soll in die Königliche Leibgarde eintreten. Diese besteht aus unzähligen «Langen Kerls», furchterregend grossen Männern, und ist eine irrationale Leidenschaft des dicklichen Friedrich Wilhelm. Aus Spargründen beschliesst er schliesslich, die Riesen für seine Armee zu züchten, und macht nun Jagd auf grosse Frauen. Thomas Meyer würzt seinen Roman mit vielen skurrilen Details, die, wenn sie nicht wahr, so doch gut erfunden sind, und lässt seine Charaktere aberwitzige Situationen durchleben, die mitunter in Slapstick ausarten. Habet ein ausserordentlich Commercium und lehnet euch in euerem Fauteuil zurück, nehmet das Buch trotz Majestätens Warnung zur Hand und amüsieret euch.

 

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