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Lifestyle

Grüner lesen, schöner leben

Von: Isabella Seemann

31. März 2015

Neue Zürcher Bücher: Alles im grünen Bereich: Das «Tagblatt» stellt aktuelle Gartenbücher und deren Autoren vor.

Der letzte Schrei grossstädtischer Freizeitgestaltung heisst Gardening. Das tönt besser als das traditionelle Gärtnern und vor allem sieht es besser aus. Man tut es frei von Rasenmäher und Einfamilienhaus, dafür mit iPhone-Apps und hochwertigen Spaten von Manufactum. In mondänen Lifestylemagazinen zeigen hippe junge Menschen, die inmitten wuchernden Grünzeugs berichten, wie sie plötzlich beim Vertikutieren zu sich selbst fanden. «Gardening», so titelte «The ­Times» kürzlich, «ist der neue Sex». Der frisch entdeckte Reiz an Rosenzucht, Gemüsebeeten und lauschigen Gartenplätzchen spiegelt sich auch auf dem Büchermarkt wieder: In Buchhandlungen und Kiosken blüht die Gartenliteratur. Beim Lesen macht man sich natürlich nicht die Finger schmutzig, und man bekommt keine Knie- und Rückenschmerzen wie beim Jäten und Giesskannenschleppen. Andererseits: Die schönsten Gärten entstehen im Kopf!

Sabine Reber/Cornel Rüegg: «Veranda Junkies», März 2015, AT Verlag, 39.90 Fr.

«Veranda Junkies» – so nennt Cornel Rüegg all die «grünen» Stadtbewohner, die sich ein Leben ohne Pflanzen nicht vorstellen können. «Es ist wie eine Sucht, aber eine grossartige.» Der in der Kommunikationsbranche tätige Wiediker hat sich, inspiriert durch den Trend in der heruntergekommenen Stadt Detroit, ganz dem Urban Gardening verschrieben. Zusammen mit der Gartenpublizistin und Autorin Sabine Reber besuchte er 15 leidenschaftliche Hobbygärtner, die in der Stadt Dachterrassen, Brachen, Parkplätze, Innenhöfe, Küchenbalkone und Verandas bepflanzen. Ihre Gärten dienen nicht mehr nur dem Schmuck und der Erholung, sondern vielmehr der Erdung, der Begegnung mit der Natur und erscheinen als ein Ort der sozialen Kontakte, der solidarischen Hilfe und Gemeinschaftlichkeit und nicht zuletzt der gesunden Ernährung. Die kurzen, persönlichen Texte und die detaillierte Bebilderung der individuellen Paradiese machen das Buch zur Inspirationsquelle und zur hübschen Geschenk­idee.

Herbert Frei-Schindler: «Der Hanggarten eines passionierten Pflanzensammlers», Verlag DVA, März 2015, 28.50 Fr.

Herbert Frei, Historiker, Anglist und ehemals Gymnasiallehrer, ist ein passionierter Hobbygärtner der alten Schule. Zusammen mit seiner Frau Silvia Schindler hat er in Hirslanden einen der prächtigsten privaten Gärten der Stadt Zürich gestaltet. Der Weg von der verwahrlosten und mit allerlei Pflanzenkrankheiten verdarbten Brache rund um ihr vor 20  Jahren neu gekauftes Haus bis zum Paradies, schildert das Ehepaar in dem eindrucksvollen Gartenporträt. Dabei reiften auch sie von Greenhorns zu leidenschaftlichen Gärtnern. Ein englischer Garten sollte es werden, das stand für den Anglisten schnell fest. Auf zahlreichen Reisen nach England, Schottland und Wales fanden sie Inspiration. Schliesslich wandelten sie sich zu Pflanzensammlern, suchten nach exquisiten Stauden, historischen Rosen und ausgefallenen Gehölzen. Die zunehmend milderen Winter ermutigten die beiden leidenschaftlichen Gärtner, auch Stauden und Bäume aus Südafrika, Tasmanien, Chile und dem Mittelmeerraum zu pflanzen. «Hanggarten» ist eher ein Buch für fortgeschrittene Gärtner und Profis. Es bedient aber auch die Schaulust von Anfängern, sich über den Zaun zu lehnen, um einfach nachzusehen, wie es andere machen. Was mit der Einsicht enden kann: Lass die Finger davon, das schaffst du nie. Herbert Frei, der noch vor dem Gärtnern das Fotografieren lieben lernte, verband die beiden Passionen und spezialisierte sich auf Garten- und Makrofotografie. Seinen Hanggarten hat er so gelungen fotografiert, dass man ein eindrucksvolles Gesamtbild des vorgestellten Gartens vor sich sieht. Und wie eine gärtnerische Weisheit sagt: Der Blick in den Garten eines Menschen ist ein Blick in seine Seele.

 

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