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Lifestyle

Spricht statt Schweizerdeutsch plötzlich nur noch Berliner Dialekt: Der deutschenfeindliche Feuerwehr-Hauptmann Hans Ziegler. Bild: SRG/Nikkol Rot

«Ick bin nich Deutsch!»

Von: Stine Wetzel

08. Juli 2014

Ein Herzblutschweizer wechselt in der Komödie «Plötzlich Deutsch» unfreiwillig die Seite und ist mit den eigenen Vorurteilen konfrontiert.

Ein beschauliches Schweizer Dorf an der Grenze zu Deutschland: Für Hauptmann Hans Ziegler (Martin Rapold) wäre die Welt in Ordnung, müsste seine Feuerwehrtruppe nicht mit den Kollegen «ennet der Grenze» zusammenspannen. Alles Deutsche ist ihm ein Graus. Die Beschwerdeleier ist bekannt: deutscher Käse, deutsches Servicepersonal, deutsche Manager, zum Schluss etwa auch deutsche Bundesräte oder was? Ein Löschwettkampf zwischen den beiden Truppen soll entscheiden, wer die Leitung der deutsch-schweizerischen Feuerwehr in spe übernimmt. Dafür schickt der Hauptmann seine Leute ins Training. Beim Feierabendbier fällt Hans ein Pokal auf den Kopf – mit Folgen: Hans leidet fortan unter dem Fremdsprachen-Akzent-Syndrom (FAS). (Was nach blühender Fantasie eines Drehbuchautors klingt, ist tatsächlich eine seltene Erkrankung, die nach einem Schlaganfall oder einem Schädel-Hirn-Trauma auftreten kann. Weltweit sind 60 solcher Fälle dokumentiert.)

Erfahrung eines Ausgegrenzten

Jeder Satz, der fortan über Hans’ Lippen kommt, klingt, als wäre er mit Haut und Haar Berliner. Da helfen auch seine Ausbrüche – «Ick bin nich Deutsch» – nichts. Er «wett wieder Schwyzerdütsch rede». Doch auch der Audiosprachkurs kann den Berliner Dialekt nicht ausradieren: Hans hat unfreiwillig die Seiten gewechselt, ist «plötzlich Deutsch». Seine langjährigen Kollegen wenden sich von dem vermeintlichen Berliner ab, seine Haustür ist mit dem Schriftzug «Deutsche raus!» beschmiert. Hans schlagen die eigenen Ressentiments entgegen, und er erfährt am eigenen Leib, wie es ist, aufgrund der Herkunft gemieden zu werden. – Doch zum Glück gibt es da noch die blonde (wenn auch deutsche) Kellnerin Manuela (Anika Baumann), die Hans ganz gut verstehen kann, war sie doch selbst Zielscheibe seiner diffusen Fremdenwut.

Deutsche sind auch nur Menschen

Hinter der Komödie über den Konflikt zwischen Schweizern und Deutschen steckt ein schweizerisch-deutsches Team. Regisseur Robert Ralston kommt aus Graubünden und lebt mittlerweile in Berlin. Der Autor Martin Maurer kommt aus Konstanz. Mit dem Film legen sie den Zeigefinger auf die Ausgrenzungsaffekte mancher Bürger. Mit der Quintessenz ist es allerdings nicht weit her. Doch Witz sei Dank, kann man über die platte Moral, die da heissen könnte: «Deutsche sind auch nur Menschen», hinwegsehen und sich unterhalten fühlen. «Plötzlich Deutsch» ist ein netter Film für den Sonntagabend, der nicht unbedingt inspiriert mit Stereotypen jongliert, aber seine komödiantischen Momente hat.

«Plötzlich Deutsch» ist als DVD im Handel erhältlich.

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