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Lifestyle

Autor Sunil Mann.

In Zürich lässt sich gut morden

Von: Isabella Seemann

05. September 2014

Neue Zürcher Bücher: Die Strassen der Stadt sind mit Leichen gepflastert: Das Tagblatt stellt neue Werke einheimischer Krimiautoren vor.

Alfred Bodenheimer: «Kains Opfer», Nagel & Kimche Verlag, Juli 2014, Fr. 26.90

Kain erschlägt seinen Bruder Abel – so lesen wir im ersten Buch Mose vom ersten Mord der Weltgeschichte. Weil aber dem allwissenden Gott nichts unverborgen bleiben kann, war die Arbeit eines Detektivs überflüssig. Ermittler findet man mithin in der Bibel keine. Den rechtschaffenen Gabriel Klein, Rabbiner der jüdischen Gemeinde zu Zürich und Detektiv wider Willen, darf man aber durchaus als Mittler zwischen Irdischem und Göttlichem sehen. Als ein Lehrer der jüdischen Schule tot in seiner Wohnung aufgefunden wird, bittet die Polizei ausgerechnet den Rabbiner einige auf Hebräisch geschriebene E-Mails des Toten zu übersetzen. Eine Nachricht stellt einen stadtbekannten jüdischen Kaufmann ins Zwielicht. Und als Rabbi Klein die Totenrede für den alleinstehenden Lehrer Nachum Berger vorbereitet, entdeckt er allerhand Ungereimtheiten. Ist am Ende doch was Wahres am Gemeindetratsch? Auf der Suche nach der Wahrheit gerät Rabbi Klein auch in ein persönliches Dilemma. Dabei steht ihm seine liebenswert resolute Ehefrau Rivka unterstützend zur Seite; ansonsten sucht der grüblerische Zauderer Rat bei Gott, mit dem er eine «komplizierte, insgeheim aber einträchtige On-Off-Beziehung» führt. Der Autor Alfred Bodenheimer, Professor für Jüdische Literatur- und Religionsgeschichte, flicht in seinen Kriminalroman gscheite Interpretationen theologischer und philosophischer Natur ein, und schildert mit viel Herzenswärme das jüdische Gemeindeleben in Zürich – ein im übrigen ziemlich unorthodoxes. Wenn Bodenheimers Erstling noch weitere Klein-Krimis folgen, was sehr zu wünschen ist, dann wird es gewiss die kultivierteste Zürcher Krimi-Reihe.

James Douglas: «Totale Kontrolle», Langen Müller Verlag, Aug. 2014, Fr. 28.90

Ulrich Kohli führt ein Doppelleben. In Zürich besitzt der 72-jährige ehemalige Offizier der Schweizer Armee eine Anwaltskanzlei und berät wohlhabende Klienten wie den Sultan von Brunei, wohnt an der Goldküste und ist in einer beständigen Ehe mit der Mutter seiner drei erwachsenen Kinder. Im anderen Leben heisst er James Douglas, wohnt in New York und schreibt Bestsellerkrimis. Wie die Thrillerkollegen John Grisham und Frederick Forsyth lässt sich James Douglas für seine Plots von seinen Kontakten zu Geheimagenten und dem FBI inspirieren. Auch in seinem 12. Krimi verwebt er das aktuelle Zeitgeschehen rund um den Globus mit einem Hauch Zürcher Lokalkolorit. Im Mittelpunkt steht die ETH-Wissenschaftlerin Vanessa Parker, die programmierbare Implantate zur Steuerung und Manipulation von Gehirnfunktionen entwickelt hat. Sie gerät damit ins Fadenkreuz der Geheimdienste, die ihr die epochale Entdeckung, die ein neues Wettrüsten um die Bewusstseinskontrolle auslöst, entreissen wollen. In der «Allgemeinen Schweizerischen Militärzeitschrift» wurde die Lektüre von Douglas’ Büchern einst empfohlen «für Menschen im Tätigkeitsbereich von Terrorabwehr und Personenschutz», so realitätsnah sind sie.

Sunil Mann: «Faustrecht», Graffit Verlag, Aug. 2014, Fr. 17.90

Ein klassischer Hard-boiled-Krimi beginnt damit, dass jemand in das Büro des Privatdetektivs spaziert und ihm einen Auftrag erteilt. Vijay Kumar lernt seinen Klienten hingegen dort kennen, wo er sich am häufigsten aufhält: In den Bars im Kreis 4. Zwar handelt es sich nicht um eine verführerische Blondine mit dunklen Geheimnissen, sondern ausgerechnet um einen ausländerfeindlichen Schweizer, der die Dienste des indisch-stämmigen Privatermittlers in Anspruch nehmen möchte, aber die Femme fatale lässt nicht lange auf sich warten. Vijay soll die Ehefrau des Rechtsextremen observieren. Als ihr syrischer Liebhaber – Insasse im Asylheim Altstetten – umgebracht wird, verschwindet Adrian Bühler spurlos. Ist es ein crime passionelle oder stecken politische Motive hinter dem Mord? Vijay macht die Suche nach Bühler zu seiner persönlichen Angelegenheit. Er bekommt es mit rechtspopulistischen Politikern und einer wiedererweckten Geheimorganisation zu tun. Wir verraten keineswegs zuviel, wenn wir andeuten, dass Vijay Kumar am Ende zwar den Fall mit seinen eigenen unorthodoxen Methoden lösen, aber die Welt und sein eigenes Leben damit nicht in Ordnung bringen wird.

 

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