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Lifestyle

Liebeleien und Streitereien

Von: Isabella Seemann

02. Februar 2016

Bald ist Valentinstag: Das «Tagblatt» stellt Werke über Liebespaare, erotische Kunst und ein Lieblingshassobjekt vor.

Regula Sager: «Zürcher Liebesgeschichten», Elster-Verlag, Dez. 2015, 28 Fr.

Paris, naturellement, oder Venedig gelten als Stadt der Liebe. Aber hätten Sie geahnt, dass das puritanische ­Zürich voller abgründiger Liebesgeschichten ist? Charmant und geistreich erzählt Regula «Regi» Sager, Radiomoderatorin bei SRF1 und Stadtführerin, zehn Love­storys berühmter Persönlichkeiten und lädt den Leser mit beigefügtem Stadtplan gleich zu einer Tour d’amour ein. Zum Beispiel an die Kirchgasse, wo Ulrich Zwingli einen Sohn der Witwe Anna Reinhart privat in Griechisch und Latein unterrichtete. Bald schon hatte der Leutpriester, der vis-à-vis in der Amtswohnung lebte, einen Grund für Besuche im Höfli. Man lebte in nicht allzu heimlicher «wilder Ehe», was die Altgläubigen als Sünde sahen und die Reformwilligen als feige. Schliesslich trat er am 2. April 1524 mit der schwangeren Anna vor den Traualtar des Grossmünsters. Damit brachte Zwingli das Zölibat zu Fall, und die Schweiz hatte mit Anna Reinhart ihre erste Pfarrersfrau. Nicht jede Liebesgeschichte ist weltbewegend, und vor allem mündet nicht jede in ein Happy End, aber jede ist auf ihre Weise einzigartig. Von Wagners skandalträchtiger Affäre über die unglücklichen Liebschaften Gottfried Kellers bis hin zu Thomas Manns letzter Schwärmerei im Dolder. Mit den Zürcher Liebesgeschichten hat Regula Sager ein Hohelied der Liebe an der Limmat komponiert.

 

Helmhaus Zürich: «Das Dreieck der Liebe», Scheidegger-&-Spiess-Verlag, Sept. 2015, 39.90 Fr.

Letzten Herbst hatten sich gleich 36 Kunstschaffende der Stadt Zürich für eine Gruppenschau im Helmhaus dem Thema Liebe und Körperlichkeit gewidmet. Der Katalog dazu bietet neben den Bildern zahlreiche überraschende Essays, Interviews und Erzählungen, um sich eingängiger mit dem Zürcher Kunst- und Liebesleben zu beschäftigen. Am Anfang der Zürcher Kunstgeschichte steht ­Ulrich Zwingli. Er kritisierte die Darstellung von Heiligen in den Kirchen – die weiblichen nannte er «hürisch», die männlichen «kupplerisch» – und löste schliesslich den Bildersturm aus. Das Zwinglianische prägt die Zürcher Mentalität bis heute. Auch die Konkreten Max Bill, Verena Loewensberg oder Richard Paul Lohse strengten sich an, aus der Kunst jegliche Emotion zu verbannen und diese zu ersetzen durch Rationalität. Unwidersprochen bleib dies freilich nicht. So hat Starfotograf Walter Pfeiffer mit seinen erotischen Fotografien den Gegenpol zum Puritanischen geschaffen: Sie sind voller Leben, voller Lebenslust, und immer ist da ein Augenzwinkern.

Jan Morgenthaler (Hg.): «Hafenkran», Limmat-Verlag, Dez. 2015, 39 Fr.

Die einen liebten ihn, die anderen hassten ihn: Der Hafenkran liess kaum jemanden kalt. Für jene, die an der eigenen Provinzialität leiden, war er Symbol von Weltläufigkeit. Für andere war er ein teurer Marketing-Gag. Exemplarisch zeigen diese beiden Positionen Elmar Ledergerber und Gottfried Honegger auf. Der ehemalige SP-Stadtpräsident argumentierte pro Hafenkran: «Und viertens führt doch bei meinem Vornamen – El mar – kein Weg an der maritimen Begeisterung vorbei.» Der kürzlich verstorbene Künstler Honegger meinte hingegen: «Der Hafenkran ist eine infantile Dummheit, ­garniert mit einer Meerlegende ohne Sinn. Was könnte man mit den 600 000 Franken, die der Kran gekostet hat, nicht alles Sinnvolles für die Kunst machen!» Gegner wie Liebhaber werden im Buch «Hafenkran – Geschichte und Geschichten» Bestätigung finden für ihre Sichtweise. Die Dokumenta­tion führt die Schlagzeilen und Zeitungsartikel auf und zeigt anhand der faszinierenden Fotografien von Karin Hofer die ganze spröde Schönheit des Krans und spiegelt den vielen Lärm um nichts drum herum mit Charme und Humor. 

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