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Lifestyle

Wartend an die Spitze

Von: Rita Angelone

16. September 2013

Schon während meiner ersten Schwangerschaft wunderte ich mich über die vielen existierenden Wartelisten. Um vom besten Frauenarzt und der besten Hebamme durch die Schwangerschaft begleitet zu werden, liessen sich werdende Mütter auf eine Warteliste setzen. Dasselbe galt auch für die Reservation eines Wochenbettzimmers in der besten Klinik, Kaiserschnitt inklusive. Wartelisten gabs auch für die Zuweisung an den besten Kinderarzt oder die besten Osteopathen und Cranio Sacral-Therapeuten der Stadt sowie für Babymassage, Babyschwimmen und PKIP-Kurse. Natürlich lief auch die Anmeldung für die Kinderkrippe nur über einen Eintrag auf einer Warteliste, genauso wie diejenige für den Kindergarten, die Schule und den Schulhort!

Den Begriff „Warteliste“ assoziierte ich früher mit armen Ländern, wo man zum Teil selbst für grundlegende ärztliche Hilfe lange warten muss. Nun aber wird mir klar, dass es sich bei unseren Wartelisten grösstenteils um einen Ausfluss unserer Leistungsgesellschaft handelt, auf die wir unsere Kinder setzen lassen, um ihnen einen vermeintlichen Konkurrenzvorteil zu sichern.

Am deutlichsten wird dies im Fall von sonderpädagogischen Massnahmen, wie zum Beispiel Logopädie oder Psychomotorik. Statt froh zu sein, dass die eigenen Kinder solche Therapien nicht benötigen, löchern sich besorgte Eltern gegenseitig mit Fragen wie „Waaas? Wieso DARF deiner und meiner nicht?“ und befürchten wohl, dass die vorerst eher nachhinkenden Kinder nach diesen (Förder-)Massnahmen plötzlich die eigenen überholen könnten.

Hätte man sich früher eher noch dafür geschämt, solche Unterstützung in Anspruch nehmen zu müssen, so lässt man sich heute – nötig oder nicht - sicherheitshalber auf alle möglichen Wartelisten setzen. Getreu dem Motto: Nützts nichts, so schadets nicht – und vielleicht schaut dabei doch ein Vorsprung heraus.

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Leserkommentare

Gaby N. - Genau so empfinde ich es auch, liebe Rita: in Livias Kigaklasse waren ALLE 7 Jungs in der Psychomotorik... hallo???? Und mir kams genau so vor, als dass man dann einen Nachteil hätte, wenn sein Kind (also es waren wirklich nur die Jungs.... hm....) keine Therapie
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Vor 10 Jahren 7 Monaten  · 
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