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Die kritische Edition von Hitlers "Mein Kampf". Bild: Keystone

Adolf Hitler im Giftschrank

Von: Jan Strobel

12. Januar 2016

"Mein Kampf": Auch in Zürich ist die Nachfrage nach Hitlers Hetzschrift gross, es kommt zu Lieferengpässen. Doch nicht alle Buchläden werden die kritische Edition in ihren Regalen öffentlich auflegen.

«Worte», urteilte 1947 der deutsche Linguist und Holocaust-Überlebende Viktor Klemperer, «können sein wie winzige Arsen-Dosen. Sie werden unbemerkt verschluckt, sie scheinen keine Wirkung zu tun, und nach einiger Zeit ist die Gift-Wirkung doch da.» Seine Aussage zielte auf Adolf Hitlers Hetzschrift «Mein Kampf». 70 Jahre blieb das Machwerk im Dunst und Nebel der Geschichte und reifte zum Mythos heran. Kaum ein Buch umgab einen solch dunklen Nimbus des Verbotenen. Als am 8. Januar 2016 die viel diskutierte kritische Edition von «Mein Kampf» des Münchner Instituts für Zeitgeschichte in den deutschen Buchhandel kam, war sie innert weniger Tage denn auch bereits ausverkauft.

«Nicht aktiv angeboten»

Die unheimliche Wirkung des Buches strahlt auch auf die Zürcher Buchläden aus. «Bei uns sind bis heute noch keine Exemplare eingetroffen, weil unser Grossist in Deutschland zu wenig für die Erstauslieferung erhalten hat», sagt Martin Bosshard von der Buchhandlung im Volkshaus. Er rechnet um den 18. Januar mit der nächsten Auslieferung. «Dann wird das Buch des Herrn A. H. bei uns wohl erhältlich sein, aber aufliegen wird es kaum, es lagert dann quasi im Giftschrank.»

Weil auch in der Schweiz die Nachfrage kaum bedient werden kann, kommt es in der Klio-Buchhandlung an der Zähringerstrasse ebenfalls zu Lieferengpässen. «In unserer Buchhandlung wird die kritische Edition allerdings aufliegen, sobald wir sie erhalten haben»,  so eine Klio-Mitarbeiterin. «Hitlers ‹Mein Kampf› ist ein wichtiger Quellentext zur Geschichte des 20. Jahrhunderts, und diese Edition betreibt mit ihren Kommentaren ja die Zerlegung dieser Schrift. Als Buchhandlung mit dem Schwerpunkt Geschichte müssen wir diese Publikation führen.» 

Anders sieht das in den Filialen von Orell Füssli Thalia aus. «Die kommentierte Neuerscheinung von ‹Mein Kampf› wird von uns nicht aktiv angeboten», sagt Alfredo Schilirò von der Pressestelle auf Anfrage. «Das Buch wird also in den Filialen nicht im Regal geführt, kann aber bestellt werden, wenn Kunden das wünschen. Auch über die Online­plattformen von Orell Füssli Thalia ist es bestellbar, wird aber auch dort nicht aktiv angeboten oder beworben.»

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