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Bald auch in Zürich? In speziellen Kunststoffsäcken können Migros-Kunden in der Innerschweiz Plastikverpackungen sammeln. Bild: PD

Allein gegen den Plastikmüll

Von: Sacha Beuth

18. Mai 2021

Die Migros hat in der Innerschweiz ein neues Kunststoff-Recycling-System gestartet, das auch in Zürich zur Anwendung kommen soll. In dieser Beziehung ist der orange Riese bislang allein auf weiter Flur. Doch bald könnte auch ERZ mit einem flächendeckenden Projekt für Zürich hinzukommen.

Was in vielen Nachbarländern schon länger gang und gäbe ist, ist nun auch in der Schweiz möglich: Das Recycling von Kunststoff-Verpackungen. Die Migros Luzern hat dazu ein vorerst auf die Innerschweiz beschränktes Projekt gestartet. Die dortige Bevölkerung kann in speziellen Sammelsäcken, die in den Migros-Filialen erhältlich sind, Plastikabfall sammeln und die gefüllten Säcke dann in Containern in den Filialen entsorgen. Die Säcke kosten je nach Grösse zwischen 0.90 bis 2.50 Franken und bestehen zu 85 Prozent aus wiederverwerteten Rohstoffen. Stimmt die Retourquote, beabsichtigt die Migros, das Projekt auch in den anderen Regionen des Landes einführen. So in Zürich, wo die Genossenschaft Migros Zürich die Recycling-Aktion «mit grossem Interesse» verfolgt und wo laut Angaben von ERZ pro Jahr hochgerechnet rund 6000 Tonnen Kunststoff-Abfall anfallen.

Doch macht es überhaupt Sinn, Plastik separat zu entsorgen, wenn so in der Küche noch weniger Platz zur Verfügung steht, ohnehin eine Gebühr auf normale Haushaltskehricht-Säcke bezahlt werden muss und man die Säcke auch noch in eine Filiale bringen muss? «Wer Kunststoff mit dem Migros-Sammelsack sammelt und retourniert, leistet einen wichtigen Beitrag zur Schliessung des Kreislaufs.», antwortet Mediensprecher Patrick Stöpper vom Migros-Genossenschafts- Bund. «Grundsätzlich haben wir die Erfahrung gemacht, dass Plastikrecycling innerhalb der Bevölkerung einem grossen Bedürfnis entspricht. Menschen, die bereit sind, Kunststoff in Zukunft zu sammeln, werden bestimmt eine Lösung finden, welche für sie passt.» Bezüglich der Gebühren meint Stöpper: «Wer Kunststoff separat sammelt, wird natürlich in Zukunft auch weniger Kehrichtsäcke benötigen, also nehmen dort die Ausgaben tendenziell ab. Aktuell ist unser Sammelsack in der Mehrheit der Schweizer Gemeinden günstiger als der Gebührenkehrichtsack».

Aber warum wird überhaupt eine Gebühr erhoben? Schliesslich funktioniert bei PET das Gratis-Sammelsystem sehr gut und die bereits 2013 von der Migros geschaffene Möglichkeit, leere Haushalts-Plastikflaschen in den Filialen zurückzugeben, ist für den Retournierer ebenfalls kostenlos. «Für die Umsetzung des neuen Recycling-Angebots investiert die Migros in die Infrastruktur, das Recycling und die Umsetzung in den Filialen. Wir wollen keinen Gewinn erwirtschaften, aber den Plastikkreislauf schliessen und die Sammlung kostendeckend betreiben», erklärt Stöpper.

Bewusst solo?

Bleibt die Frage, warum die Migros einen Alleingang macht und nicht mit anderen Detaillisten oder Entsorgungsorganisationen zusammenspannt. Hier macht es den Anschein, als ob einerseits die Migros nicht unbedingt Partnerschaften eingehen wollte beziehungsweise will und die Konkurrenz auch nicht das Bedürfnis hatte, auf diesen «Abfall-Zug» aufzuspringen. So lässt die Migros verlauten, dass man natürlich offen sei für Gespräche und allfällige Kooperationen. Bis aber ein mögliches nationales System umgesetzt werden könne, benötige man Zeit. «Bis dahin möchte die Migros diese Thematik aktiv vorwärtstreiben und wichtige Erfahrungen sammeln, die sie dann gerne in die Ausgestaltung möglicher Branchenlösungen und nationaler Systeme eingibt.» Ähnlich ausweichend ist die Antwort der Coop-Medienstelle: «Coop setzt sich im Rahmen der Allianz ‹Drehscheibe Kreislaufwirtschaft› für eine gemeinsame, schweizweite Branchenlösung beim Recycling von Verpackungsmaterialien ein und ist aktiv beteiligt». Aldi Suisse teilt mit, dass man von der Migros nicht angefragt worden sei, man sich aber für ganzheitliche und nationale Lösungen engagiere.

Demgegenüber stellt ERZ klar, dass man die Initiative der Migros begrüsse und für Zürich eine Zusammenarbeit mit Detailhändlern geprüft werde. «Formell würde die Stadt Zürich diesen anbieten, im Rahmen einer Konzession die Kunststoffsammlung auf dem Stadtgebiet durchzuführen», schreibt ERZ-Medienspre- cher Tobias Nussbaum. Zugleich weist er darauf hin, dass ERZ bereits letztes Jahr ein eigenes Kunststoffsammel-Pilotprojekt in Schwamendingen und Höngg durchgeführt habe und das von der Bevölkerung sehr gut aufgenommen wurde. So konnten während der sechsmonatigen Testphase 70 Tonnen Kunststoffabfall gesammelt werden. «Aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse prüfen wir aktuell verschiedene Varianten für eine flächendeckende Kunststoffsammlung auf dem Stadtgebiet.»

Ihre Meinung zum Thema? echo@tagblattzuerich.ch

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