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Warten auf Freier: Prostituierte von Kleinstsalons dürfen neu auch in Wohnzonen mit über 50 Prozent Wohnanteil ihrem Gewerbe nachgehen. Symbolbild: iStock

Besorgnis wegen Sexsalon-Entscheid

Von: Sacha Beuth

05. März 2019

GEMEINDERAT Neu dürfen Kleinst-Sexsalons auch in Wohnzonen mit über 50 Prozent Wohnanteil betrieben werden. Für die EVP und den Quartierverein Schwamendingen ist der Gemeinderatsentscheid ein Unding, der die Wohnbevölkerung belastet.

Bislang durften sogenannte Kleinst-Sexsalons, also Räumlichkeiten, in denen nicht mehr als zwei Prostituierte arbeiten, nur in Wohnzonen mit einem Wohnanteil von bis zu 50 Prozent betrieben werden. Die Regelung wurde in den 1990er-Jahren eingeführt, um die Wohnbevölkerung vor den Auswüchsen des Sexgewerbes zu schützen.

Nach einem Entscheid der Mehrheit des Gemeinderats vom letzten Mittwoch sind nun Mini-Sexsalons in allen Wohnzonen erlaubt. Begründet wurde die Ausdehnung damit, dass die Prostituierten in Kleinstsalons besser vor Zwangsprostitution und Ausbeutung geschützt seien. Sie könnten in der Regel so wirtschaftlich unabhängig und selbstverantwortlich arbeiten.

Dies wollen auch die Vertreter der EVP nicht negieren. Trotzdem stimmten sie als Einzige im Parlament gegen den Wechsel. «Es kann zwar sein, dass die Arbeit in Kleinstsalons die Situation für die Prostituierten verbessert. Auf jedem Fall aber verschlechtert eine Ausdehnung dieses Gewerbes die Situation für die betroffene Wohnbevölkerung», ist EVP-Gemeinderätin Claudia Rabelbauer überzeugt. «Prostitution bringt viele negative Begleiterscheinungen wie Lärm, aber oft auch Drogenkonsum mit sich. Der Konflikt mit der Quartierbevölkerung ist vorprogrammiert.» Besser wäre es laut Rabelbauer, das Sexgewerbe dort anzusiedeln, wo es hingehört: «In die Gewerbezone.»

Auch in einigen Quartiervereinen ist man alles andere als glücklich über den Entscheid. Zum Beispiel in Schwamendingen. Dort wird befürchtet, dass sich nun viele Kleinstsalons im Quartier breitmachen werden. «Wir sind leider für dieses Gewerbe quasi prädestiniert. Wir haben viele Liegenschaften an Durchgangsstrassen, was für Freier, die meist mit dem Auto unterwegs sind, ideal ist. Zudem sind die Mieten im innerstädtischen Vergleich relativ tief», erklärt Quartiervereinspräsidentin Maya Burri. «Gibt es mehr Sexsalons, gibt es voraussichtlich noch mehr Lärm und Verkehr. Das wollen wir definitiv nicht.»

Gänzlich anderer Meinung ist man bei der Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration FIZ. «Wir unterstützen den Gemeinderatsentscheid. Unsere Erfahrungen zeigen, dass Kleinstsalons die Nachbarschaft nur wenig tangieren, da hier viel Wert auf Diskretion gelegt wird», sagt Susanne Seytter, Geschäftsführerin der gemeinnützigen Organisation. Das Bild vom endlosen Freierverkehr entspreche jedenfalls nicht der Realität. «Zudem können wir nur bestätigen, dass Sexarbeiterinnen in Kleinstsalons am besten selbstbestimmt arbeiten können und vor Gewalt geschützt sind.»

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