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Die Mobilität hat sich stark verändert: Leere Trams, wie hier der Linie 9, gehören mittlerweile zum Stadtzürcher Alltag. Bild: JS

Bewegung in Zeiten des Stillstands

Von: Jan Strobel

07. April 2020

Mit einem innovativen Monitoringprogramm möchte das Statistische Amt des Kantons Zürich das Verhalten der Bevölkerung während der Coronakrise untersuchen. Erste Ergebnisse liegen jetzt bereits vor.

Mit der Coronakrise und den Massnahmen des Bundes gegen die Ausbreitung des Virus hat ein gesellschaftlicher Aspekt eine ganz besondere Bedeutung erhalten: Die Schweizer müssen sich in Selbstverantwortung üben, was ihre Mobilität betrifft. Es ist ein entscheidender Punkt, wenn es um die Frage geht, wie es mit der Lockdown-Strategie weitergehen soll – gerade an frühlingshaften Wochenenden und vor den kommenden Ostertagen erhält das Thema eine besondere Brisanz. Die Bilder vom Ausflügler-Stau am Flüelapass haben dieser Tage Schlagzeilen gemacht. 

Im Auftrag des Statistischen Amts des Kantons Zürich und der ETH Zürich befasst sich auch das Marktforschungsinstitut Intervista in Zürich und Bern in einer Studie mit der Veränderung des Mobilitätsverhaltens der Schweizer Bevölkerung während der Coronakrise. Die innovative Studie beruht auf den Handy-Bewegungsdaten von gut 2500 Freiwilligen im Alter von 15 bis 79 Jahren. Deren Wege werden im Rahmen eines Panels kontinuierlich getrackt, anonymisiert und anschliessend analysiert. Im Fokus stehen dabei die täglich zurückgelegten Distanzen sowie die Bewegungsradien der Menschen. Die Ergebnisse des Panels sind repräsentativ für die Schweizer Bevölkerung und werden täglich aktualisiert. Grundlage der Datenerhebung bildet die App «Footprint Research», welche so konzipiert wurde, dass eine nahezu vollständige und lückenlose Messung möglich ist.

Einbruch beim ÖV
Die bisherigen ausgewerteten Daten zeigen, Stand heute, ein grundsätzlich erfreuliches Bild. Die Schweizer, legen die Ergebnisse nahe, halten sich mehrheitlich an die Vorgaben des Bundes, wenn es um die Einschränkung ihrer Mobilität geht. Das zeigt ein Blick auf die zurückgelegten Tagesdistanzen, also die Summe aller an einem Tag zurückgelegten Wege, egal ob zu Fuss oder mit Verkehrsmitteln. 30 Prozent legen täglich weniger als 2 Kilometer zurück. Ebenfalls rund 30 Prozent legen täglich Distanzen von zwei bis maximal zehn Kilometer zurück. An den Sonntagen vom 22. März und 29. März lag der Anteil derjenigen, die weniger als 2 Kilometer pro Tag zurücklegten, bedeutend höher und lag jeweils bei rund 50 Prozent. Unter der Woche pendelten sich die Tagesdistanzen wieder ein. Eine deutliche Wirkung zeigte die Verordnung des Bundesrats vom 20. März, welche die Ansammlung von mehr als fünf Personen verbot.

Die Studie teilt die zurückgelegten Tagesdistanzen auch nach Altersgruppen auf. Hier zeigt sich erwartungsgemäss ein besonderer Rückgang bei den 15- bis 29-Jährigen mit der Schliessung der Ausbildungsstätten. Dasselbe Bild liefern die Daten der 30- bis 64-Jährigen. Bei den 65- bis 79-Jährigen bewegen sich die zurückgelegten Tagesdistanzen nicht über die 2-Kilometer-Marke. Grundsätzlich sind in den Städten die Tagesdistanzen niedriger als auf dem Land. Die Daten für den Kanton Zürich decken sich dabei mit denjenigen der gesamten Schweiz.

Zusätzlich zum Mobilitätsmonitoring hat das Statistische Amt Mitte März auch das Projekt «Gesellschaftsmonitoring Covid-19» gestartet, welches tagesaktuelle Datenreihen bündelt, die alle Lebensbereiche betreffen sollen.

So verfügt etwa das Monitoring Daten zur Nutzung von Online-Lernhilfen, zum Bargeldbezug oder zu Arbeitssuchenden. Die Schulschliessungen und die anschliessende Einführung der «ausserordentlichen Lage» haben gemäss dieser Zahlen zum Beispiel zu einem massiven Anstieg der Nutzung von Online-Lernplattformen, besonders auch in der Primarstufe, geführt.

Die Datenerhebung untersucht auch Entwicklungen in der Stadt Zürich, etwa die ÖV-Besucherfrequenzen anhand der Zählstelle Hardbrücke. Der erste massive Einbruch erfolgte mit den Schliessungen der Ausbildungsstätten am 13. März. Der zweite, noch drastischere Rückgang kam mit der «ausserordentlichen Lage». Innerhalb weniger Tage sank die Frequenz an der Hardbrücke von 30 000 Nutzer pro Tag auf 10 000. Aktuell liegt sie bei etwa 15 000. Zum Vergleich: Vor der Krise verzeichnete die Zählstelle bis zu 50 000 ÖV-Nutzer pro Tag.

Weitere Informationen:
www.statistik.zh.ch

 

 

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