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Zeigen für ein Verbot automatischer Gesichtserkennung ihr Gesicht: Mitglieder des Bündnisses «Gesichtserkennung stoppen» bei der Übergabe der Petition an Stadtrat Daniel Leupi (2. v. r.) vor der Messe Oerlikon. Bild: PD

Big Brother in die Schranken weisen

Von: Sacha Beuth

24. Mai 2022

Die biometrische Überwachung im öffentlichen Raum nimmt nach Angaben des Bündnisses «Gesichtserkennung stoppen» immer mehr zu. Diesem Treiben will die Organisation Einhalt gebieten und hat am letzten Mittwoch eine entsprechende Petition Stadtrat Daniel Leupi übergeben.

In chinesischen Metropolen ist die Massenüberwachung im öffentlichen Raum per Gesichtserkennung schon seit einigen Jahren Usus. Und auch in der Schweiz sind derartige Bestrebungen laut «Gesichtserkennung stoppen» auf dem Vormarsch. Für das zivilgesellschaftliche Bündnis aus Amnesty International Schweiz, Algorithm Watch Schweiz und der Digitalen Gesellschaft ist es darum höchste Zeit, diesen Big-Brother-Bestrebungen einen Riegel vorzuschieben. Denn durch die automatisierte Massenüberwachungsmethode würden demokratische Grundrechte wie freie Meinungsäusserung und Versammlungsfreiheit auf unverhältnismässige Weise eingeschränkt.

Aus diesem Grund hat das Bündnis im November letzten Jahres eine Petition mit der Forderung nach einem Verbot der Gesichtserkennung im öffentlichen Raum von Schweizer Städten lanciert. Über 10 000 Personen setzten darunter ihre Unterschrift, worauf die Petition nun letzte Woche den jeweils verantwortlichen städtischen Behörden zugesandt oder direkt übergeben wurde. In Zürich erfolgte die Übergabe am letzten Mittwoch vor der Halle 9 der Messe Oerlikon an Stadtrat Daniel Leupi, den Vorsteher des Finanzdepartements. Der Gesamtstadtrat hat nun sechs Monate Zeit für eine Antwort.

Eingriff in Grundrechte

Für Angela Müller, zuständig für die politische Arbeit bei Algorithm Watch Schweiz, war die Übergabe ein wichtiger Moment: «Wir wollen damit eine Debatte anregen und Behörden wie Bevölkerung für das Thema sensibilisieren. Denn vielen ist nicht bewusst, wie stark der Eingriff in die Grundrechte durch eine automatisierte Massenüberwachung mittels Gesichtserkennung sein kann.» Müller nennt auch gleich einige konkrete Beispiele: «Wenn im öffentlichen Raum jeder nicht nur videoüberwacht, sondern auch gleich identifiziert werden kann, dann kann uns das beispielsweise davon abschrecken, an Demonstrationen teilzunehmen. Oder es schreckt eine Person davon ab, Orte aufzusuchen, die etwas über deren sexuelle oder religiösen Orientierung aussagen – etwa eine Kirche, eine Mosche oder ein LGBTQ-Lokal.» Selbst wenn keine Daten gesammelt würden, könnte alleine die Präsenz der Infrastruktur zur Gesichtserkennung einen abschreckenden Effekt haben.

Generell braucht es für den Einsatz der Gesichtserkennungstechnologie in der Schweiz eine Rechtsgrundlage. Diese ist gegenwärtig nicht vorhanden. Somit wäre der Einsatz eigentlich nicht erlaubt. «Doch es bieten sich juristische Schlupflöcher, die offenbar einige Kantonspolizeien und womöglich sogar private Unternehmen nutzen. Diese Schlupflöcher wollen wir stopfen, ehe es zu spät ist und breit angewandt wird. Mit einem Verbot ist die Sache klar», so Müller. Dies will man zuerst über die Städte erreichen, weil diese besonders betroffen wären. Dann sollen auch auf Kantons- und Bundesebene Verbote erfolgen.

In Zürich war die Angelegenheit übrigens schon vor der Petitionsübergabe ein Thema. So hat der Stadtrat kürzlich eine Teilrevision der Datenschutzverordnung, welche auch den Umgang mit Videoüberwachung betrifft, zur Vernehmlassung geschickt. Darin setzt sie auch die Forderung eines politischen Vorstosses um, der zeitgleich mit der Lancierung der Petition im vergangenen November im Zürcher Gemeinderat eingereicht wurde und ein Verbot der Nutzung von biometrischen Erkennungssystemen für städtische Behörden vorsieht.

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