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Wie zuvor ihre männlichen Artgenossen Mikey und Milo erlag nun auch Koala-Dame Pippa (Bild) den Folgen einer speziellen Retrovirus-Infektion. Bild: Zoo Zürich

Damoklesschwert über Zoo-Koalas

Von: Sacha Beuth

25. Mai 2021

Am Montag vor einer Woche verstarb mit Pippa bereits der dritte Koala des Zoo Zürich innert knapp zwei Jahren. Ursache ist ein heimtückisches Retrovirus, gegen das es bislang kein Gegenmittel gibt. Der Zoo prüft nun, in welcher Form er die Koalahaltung weiterführt.

Noch vor einem Jahr hatte die knapp 4-jährige Pippa die Besucher und Verantwortlichen des Zoo Zürich entzückt, als sie mit Uki für den ersten Koala-Nachwuchs in einem Schweizer Tiergarten sorgte. Vorletzten Montag nun verwandelte sich das Entzücken in tiefe Trauer. Pippa erlag trotz intensiver Pflege an den Folgen einer Retroviruserkrankung. Als konkrete Todesursache wird Leukämie vermutet. Bereits im Dezember 2019 beziehungsweise März 2020 waren die Männchen Mikey und Milo an Blutkrebs gestorben, der mit hoher Wahrscheinlichkeit durch die gleiche Virenerkrankung ausgelöst worden war.

«Bei der Erkrankung handelt es sich um den Koala-Retrovirus KoRV, der sowohl endogene Viren wie exogene Viren enthält», erklärt Zookurator Pascal Marty. «Erstere bauen sich in das Erbgut ein und können von Generation zu Generation weitergegeben werden.Letztere werden durch Kontakt weitergegeben.» Das Problem sei, dass bei dieser Erkrankung vieles unerforscht ist und man nicht mit Sicherheit sagen könne, wie und durch was genau Folgeerkrankungen wie Leukämie ausgelöst werden.

Für die übrig gebliebenen Koalas des Zoo Zürich, Uki und Maisy, verheisst dies nichts Gutes. Auch sie sind infiziert und eine tödliche Erkrankung schwebt wie ein Damoklesschwert über ihnen. Marty: «Diese Viren können jahrelang versteckt sein und sich dann plötzlich sprunghaft vermehren und das Immunsystem herabsetzen».

Obwohl es erste, erfolgversprechende Impfversuche gibt, ist bislang gegen KoRV kein Kraut gewachsen. «Was wir bei befallenen Tieren tun können, ist lediglich Symptombekämpfung der Folgeerkrankungen, also etwa die Vergabe von Antibiotika oder Schmerzmitteln», bedauert Marty.

Gemäss dem Zookurator besteht die Problematik nicht nur im Zoo Zürich. Praktisch alle weltweit in Zoos gehaltenen Nördlichen Koalas und auch der überwiegende Teil ihrer Artgenossen in freier Wildbahn tragen das Virus in sich. Die Chancen, mit nichtbefallenen Tieren eine neue Zucht aufzubauen, sind darum klein. «Handkehrum würde eine Haltungsaufgabe das Problem auch nicht lösen.» Trotzdem wird die gegenwärtige Haltung überprüft. Auch will sich der Zoo Zürich noch stärker mit seinen australischen Zoo- und Naturschutzpartnern sowie dem Koordinator für das Europäische Erhaltungszuchtprogramm über Erkenntnisse, Massnahmen und Methoden austauschen. Die Erkenntnisse daraus sollen dazu führen, das Risiko einer Virusinfektion und deren Folgen vermindern zu können. «Und wir sind zuversichtlich, dass wir in Zukunft eine Lösung finden werden», so Marty.

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