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Mitglieder des Quartiervereins hatten sich als Unterschriftensammler und Petitionäre für das Reisebüro am Wipkinger Bahnhof starkgemacht. Bild: SWE

Das Aus für Wipkinger Bahnhofreisebüro

Von: Stine Wetzel

12. September 2017

Das letzte Wort über die privaten Stationshalter ist noch nicht gesprochen. Trotzdem gibt das Wipkinger Reisebüro zum 20-Jahr-Jubiläum auf.

Alles Aufbäumen gegen die SBB scheint zwecklos. «Für unseren wichtigsten Partner sind wir ein Auslaufmodell», sagt Benedikt Gschwind, Verwaltungsratspräsident der Bahnhofreisebüro Wipkingen AG und SP-Kantonsrat. Seit 20 Jahren wurden im Bahnhofsgebäude auf Provisionsbasis SBB-Billette und -Abos verkauft, dazu Pauschalreisen. 2014 kamen Angebote der Deutschen Bahn hinzu. Das Reisebüro hielt die Beratung für seine Stärke. Im letzten Jahr erwirtschaftete es fünf Millionen Franken Umsatz – das Geschäft lief gut, so Gschwind. Nun hat der Verwaltungsrat die Liquidation beantragt und das Betriebsende auf Mitte Dezember angekündigt.

Entscheid über Gnadenfrist

Das letzte Jahr war eine Zitterpartie für das Reisebüro: Im September 2016 teilten die SBB mit, im Zuge ihrer Digitalisierungsstrategie den Vertrag mit den Drittverkaufsstellen Ende 2017 auslaufen zu lassen. Elf private Stationshalter sind im Kanton Zürich betroffen. Sie sammelten Unterschriften gegen den SBB-Entschluss. Auch die Verkehrskommission des Nationalrates reichte eine Motion ein, mit der sie eine Gnadenfrist bis 2020 forderte. Heute, am 13. September, entscheidet der Ständerat, ob der Serviceabbau zumindest aufgeschoben wird. Doch beim Bahnhofreisebüro Wipkingen steht das Aus so gut wie fest. «Wir sind pessimistisch, was den Ständeratsentscheid betrifft», sagt Verwaltungsratspräsident Gschwind. Am 22. September schliesst bereits der Billettschalter der Deutschen Bahn (DB). Die Gesellschaft ist nun auf der Suche nach einem neuen Vertriebspartner in Zürich, wie ein DB-Sprecher angibt.

«Ein Moratorium wäre nur ein Aufschub ohne Perspektive», erklärt Gschwind den vorzeitigen Schlussstrich. Ohne den Billettverkauf habe der Standort auch in zwei Jahren keine Existenzgrundlage. «Ausserdem beraubt uns die geplante Integration der ZVV-Abos in den Swisspass einer weiteren Umsatzquelle.» Das Aus des privaten Stationshalters scheint besiegelt. Beni Weder, Präsident des Quartiervereins, kann darüber nur den Kopf schütteln. «Die SBB haben mit ihrer Entscheidung die privatwirtschaftlichen Stationshalter ausgehungert.» Für ihn ist die Marschrichtung unverständlich. «Klar buchen heute viele ihre Tickets online, aber es gibt immer noch Kunden, die eine persönliche Beratung schätzen.» Dass es das Bahnhofreisebüro überhaupt gibt, ist Initianten aus dem Quartier zu verdanken.

Sich jetzt geschlagen zu geben, ist für Gschwind vom Bahnhofreisebüro jedoch unausweichlich. «Wir wollen nicht in Agonie sterben», sagt er. Deshalb wird das 20-Jahr-Jubiläum am 23. September auch gross gefeiert. «Es ist uns wichtig, nicht lautlos Abschied zu nehmen.» Das Fest ist als Dank an die Quartierbevölkerung und Kundschaft gedacht.

Drei Tage vor dem Fest entscheiden die Aktionäre definitiv über die Liquidation. Wenn dann das Reisebüro wirklich aus dem Bahnhofsgebäude auszieht, will der Quartierverein eine «quartierbezogene Nutzung» der Räume erreichen, so Vereinspräsident Weder. Der private Eigentümer Urs Räb­samen bestätigt, dass er mit Weder im Gespräch steht.

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