mobile Navigation

News

Im Lighthouse in Zürich-Hottingen werden sterbende Menschen begleitet. Präsident Hans-Peter Portmann (l.) und Geschäftsleiter Horst Ubrich (r.) neben dem Gong, dessen Klang seit 30 Jahren durch das Haus hallt.

Das letzte Zuhause für unheilbar Kranke

Von: Ginger Hebel

17. April 2018

Vor 30 Jahren war es ein Sterbehospiz für Aidspatienten. Heute werden im Palliativzentrum kranke und sterbende Menschen behandelt und umsorgt.

Spritzen, Blut, Junkies. In den Achtziger- und frühen Neunzigerjahren herrschte Ausnahmezustand in Zürich. Bis zu 3000 Drogensüchtige aus dem In- und Ausland deckten sich auf dem Platzspitz hinter dem Landesmuseum täglich mit Stoff ein, vor allem mit Heroin. Hans-Peter Portmann, Stiftungsratspräsident des Zürcher Lighthouse, erinnert sich an das Elend von damals. «Die Gesellschaft war überfordert. Keiner wusste, wie man mit den Menschen umgehen sollte, die an Aids erkrankten.»

Er war dabei, als 1988 der Grundstein für das Lighthouse gelegt wurde, eine Stiftung zur schnellen Hilfe für Aidskranke. «Sogar die Pfleger hatten Angst davor, ihnen Essen zu bringen, weil sie dachten, sie könnten sich anstecken», so Portmann.

Horst Ubrich, Geschäftsleiter des Lighthouse, arbeitete 1985 als stellvertretender Leiter einer Intensiv­station. Er pflegte die damals erste Aidspatientin im Spital Uster. «Ich sehe sie noch heute vor mir, dieses Bild vergisst man nicht. Wir trugen Schutzanzüge und fühlten uns wie Marsmenschen.» Aidsmedikamente der ersten Stunde hatten brutale Nebenwirkungen und verzögerten die Krankheit nur. Heutige HIV-Medikamente hingegen sind hochwirksam und verhindern die Vermehrung des Virus im Körper. «Aids, wie man es früher kannte, gibt es heute so nicht mehr», sagt Ubrich.

Der Wandel des Lighthouse

Das Lighthouse an der Carmenstrasse 42 in Hottingen verfügt über 20 Einzelzimmer, verteilt auf drei Etagen. Bilder schmücken das Treppenhaus, gemalt von Bewohnerinnen und Bewohnern, Selbstporträts, ein Lieblingsbaum. In den letzten 30 Jahren hat das Lighthouse einen starken Wandel durchlebt, vom reinen Sterbehospiz zu einem Palliativzentrum für unheilbar Kranke und Sterbende, mit einem breiten Angebot in Medizin, Pflege, Kunsttherapie und Sozialarbeit. Derzeit wohnen hier 15 Menschen zwischen 18 und 85 Jahren, alle mit einer lebensbegrenzenden Krankheit, häufig Krebs. Wie die Patientin, die noch vor wenigen Wochen einen Berggipfel erklomm und mit Rückenschmerzen heimkehrte. Sie hat Metastasen im ganzen Körper, das Lighthouse ist ihre letzte Station vor dem Tod. «Solche ­drastischen Krankheitsverläufe sind furchtbar und gehen mir nahe», sagt Ubrich.

Er führt viele Gespräche mit den Bewohnerinnen und Bewohnern, fragt sie, was sie anders machen würden, wenn sie die Zeit zurückdrehen könnten. Zeit für mich, laute die Antwort meist, Zeit für Freunde, für die Familie, weniger angepasst sein und mehr Verbotenes tun. «Nie sagt jemand, dass er lieber ein besseres Auto gehabt hätte.» Und obwohl die Menschen im Lighthouse ihr Lieblingsessen bestellen dürfen, sei es nie ein teures Chateaubriand, sondern eine simple Rösti, die nach Kindheit schmeckt. Letztes Jahr starben im Lighthouse 160 Menschen, im Schnitt sind es 120 bis 150 pro Jahr. Manche empfangen Besuch von Familie und Freunden, verabschieden sich von ihnen. «Nach dem Tod kommt die Trauer. Die Angehörigen gehen dabei oft vergessen, doch auch sie brauchen Unterstützung. Wir sind ein offenes Zuhause für alle.»

www.zuercher-lighthouse.ch

 

Benefizkonzert

Das Zürcher Lighthouse feiert heute Abend sein 30-Jahr-Jubiläum mit einem Konzert des Musikkollegiums Winterthur. Es werden eine Kollekte und der traditionelle Bärenverkauf durchgeführt. Die Einnahmen fliessen in die Stiftung, die Menschen an ihrem Lebensende begleitet. Seit 2017 betreibt das Lighthouse zudem das erste palliative Tageszentrum mit ärztlicher Praxis im Kanton Zürich sowie eine Nachtbetreuung für Menschen, die tagsüber zu Hause wohnen. Somit werden auch pflegende Angehörige entlastet.
Konzert: 19.30 Uhr, Kirche St. Peter, St. Peterhofstatt 2. 

zurück zu News

Artikel bewerten

Gefällt mir 1 ·  
1.0 von 5

Leserkommentare

Keine Kommentare