mobile Navigation

News

In Höngg und Schwamendingen können Anwohner während sechs Monaten an Wertstoff-Sammelstellen Kunststoffabfall entsorgen. Bild: Stadt Zürich

Das Potenzial von Plastikabfall

Von: RED/JS

14. Juli 2020

Das Bulletin «Zürcher Umweltpraxis» stellt verschiedene Projekte und Themen zum kantonalen Klima- und Umweltschutz vor. Teil 1: Kunststoffabfälle als Chance und Herausforderung.

Die Corona-Krise sei ein «Trainingsprogramm für unseren Umgang mit dem Klimawandel». So sieht es Regierungsrat Martin Neukom in seinem Vorwort in der neusten Ausgabe des Informationsbulletins «Zürcher Umweltpraxis». «Wir können nicht zurück in eine überholte Normalität, sondern müssen eine andere, neue und bessere verwirklichen, und zwar in einem offenen Prozess des fortwährenden Lernens», so Neukom. Jetzt seien nicht bewährte Routinen gefragt, sondern Forschungsdrang und Einfallsreichtum.

Das Bulletin widmet sich dieser Losung folgend den aktuellen Aktivitäten von Kanton und Gemeinden im Klimaschutz und bei der Anpassung an den Klimawandel, sei es in Sachen Energiequellen, Abfall oder auch Nahrungsmittel.

Entsorgung als Test
Ein Kapitel, das derzeit auch die städtische Abfallentsorgung beschäftigt, betrifft die Kunststoffabfälle. Es stellt sich die Frage, wie «gewichtig» es für den Klimaschutz ist, die Kunststoffabfälle aus Haushalten nicht zu verbrennen, sondern zu recyceln. Und welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit der Klimanutzen gewährleistet ist.

Mit Ausnahme der PET-Getränkeflaschen ist die Sammlung von Kunststoffverpackungsabfällen aus Haushalten schweizweit nicht einheitlich geregelt und organisiert. Die flächendeckende selektive Gemischtsammlung von Plastikflaschen wie Milch-, Shampoo- oder Waschmittelflaschen durch diverse Detailhändler laufen auf Eigeninitiative der Grossverteiler.

Mitte Juni startete die Stadt Zürich einen Testversuch mit der Kunststoffsammlung in den beiden Quartieren Höngg und Schwamendingen, der bis 11. Dezember dauern soll. Die Anwohner können an 17 bestehenden Wertstoff-Sammelstellen neben Glas und Kleinmetall neu auch Plastikabfall entsorgen. In separaten Behältern werden zum Beispiel Flaschen, Säcke oder Verpackungen aus Plastik angenommen.

Nach der Sammlung werden die Kunststoffe sortiert und der stofflichen Verwertung zugeführt. So entsteht aus Abfall der Rohstoff für neue Kunststoffprodukte. Was stofflich nicht verwertet werden kann, wird im Kehrichtheizkraftwerk Hagenholz verbrannt. Aus dieser Abwärme gewinnt ERZ wiederum Wärme für Haushalte und Betriebe. Unterstützt wird der Versuch mit einer finanziellen Beteiligung des kantonalen Amts für Abfall, Wasser, Energie und Luft (AWEL).

Andere Gemeinden im Kanton Zürich sind da bereits weiter. In Küsnacht, Erlenbach oder Meilen wird Kunststoff bereits gesammelt, ebenso zum Beispiel in Hinwil, Volketswil, Kloten, Flaach oder Wädenswil.
Insgesamt werden in 44 Gemeinden Kunststoffe mittels gemischter Sammlung aus Haushalten gesammelt. Von diesen 44 Gemeinden konnten vergangenes Jahr 23 Mengen angeben – total 180 Tonnen.

Der Verein Schweizer Plastic Recycler (VSPR) rechnet für gemischte Kunststoffabfälle für den Kanton Zürich mit einer Sammelmenge von rund 760 Tonnen. 90 Prozent der Mengen bestehen nach Angaben des VSPR aus Flaschen, Bechern, Schalen und Folien. Welches Potenzial zur Reduktion von Klimagasen zusätzliches Recycling von Haushaltskunststoffen hat, hängt gemäss Klimaschutz-Bulletin von verschiedenen Faktoren ab: von möglichen Sammelmengen, von der erreichbaren Sammelquote sowie vom ökologischen Nutzen im Vergleich zur aktuellen Entsorgung in einer Kehrichtverwertungsanlage.

Mit den Daten aus der nationalen Studie «Kunststoff Recycling und Verwertung» lässt sich eine erste Abschätzung zum Potenzial erstellen. Unter der Annahme einer Sammelquote von 70 Prozent könnten jährlich rund 15 Kilogramm gemischte Kunststoffabfälle (ohne PET-Getränkeflaschen) pro Person separat gesammelt werden. Das entsprächen rund 23 000 Tonnen pro Jahr im Kanton Zürich, falls die gesamte Bevölkerung flächendeckend mitmachen würde. Mit einem guten Sammel- und Verwertungsangebot könne eine CO₂-Einsparung von etwas über zwei Kilogramm CO₂ pro Kilogramm gesammelter Kunststoffe erreicht werden. Daraus lässt sich für den Kanton Zürich eine hypothetische jährliche Einsparung von 46 000 Tonnen CO₂ berechnen.

Grundsätzlich müsse unbedingt vermieden werden, so das Bulletin weiter, dass Kunststoffabfälle und deren nicht verwertbare Sortierreste im Ausland deponiert werden oder in Flüsse oder Meere gelangen können. Damit die umweltgerechte Sammlung, Behandlung und Verwertung sichergestellt werden könne, müsse mit lückenloser Nachverfolgbarkeit der Materialströme – auch im Ausland – Transparenz geschaffen werden.

Weitere Informationen:
www.zh.ch/umweltpraxis

zurück zu News

Artikel bewerten

Gefällt mir ·  
3.0 von 5

Leserkommentare

Keine Kommentare