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Lautes Zürich: Die orangen Strassen müssen lärmsaniert werden, die violetten sogar dringlich. Bild: PD

Das Schall-Inferno

Von: Clarissa Rohrbach

09. Februar 2016

In Zürich leben 40 Prozent der Menschen mit einer Lärmbelastung über dem Grenzwert. Doch wo genau ist Zürich am lautesten? Wir haben es gemessen .

Lärm ist gefährlich. Das wussten bereits die edlen Herren der Berner Regierung im 18. Jahrhundert. Ihr Plan: den Hunden das Bellen verbieten. Heute schützt der Bund die Bevölkerung vor zu lauten Geräuschen. In der Lärmschutzverordnung hat er die Belastungsgrenzwerte für den Strassenverkehrslärm festgesetzt. Die Vollzugsbehörden – in der Stadt Zürich ist das der Umwelt- und Gesundheitsschutz – sind angehalten, den Lärm zu ermitteln. Überschreitet dieser die Immissionsgrenzwerte (45 bis 70 Dezibel – je nach Empfindlichkeitsstufe und Tageszeit), fordert der Bund, dass die ­betreffenden Strassenabschnitte lärmsaniert werden. Ist er höher als der Alarmwert (60 bis 75 Dezibel), muss dies dringlich geschehen.


Die Stadt hat den Strassenverkehrslärm ermittelt. Fazit: In Zürich ist es besonders laut. Rund ein Drittel der Bevölkerung lebt an Strassen, wo die Lärmbelastung den Grenzwert überschreitet. Davon sind rund 120 000 Menschen einer Lärmbelastung über dem Immissionsgrenzwert ausgesetzt , 20 000 gar über dem Alarmwert. Doch wo genau ist es in der Stadt am lautesten? Wir waren an den Strassen, welche die Behörden als besonders geräuschvoll klassifizieren, und haben den Lärm des Feierabendverkehrs gemessen.* Hier die Resultate (in Klammern der Durchschnittswert):

Rosengartenstrasse (70,8 dB):
Kein Wunder sorgt sie immer wieder für rote Köpfe. Die Autos rasen hier über die Hardbrücke, gerne mal über der 50er-Limite. Der maximale Lärmpegel von 84,6 dB ist so laut wie ein Presslufthammer und verursacht ein erhöhtes Herz-Kreislauf-Risiko. Zum Vergleich: 100 dB halten die Ohren nur eine Stunde pro Woche aus.

Seebahn-/Badenerstrasse (70,2 dB): An dieser Kreuzung wähnen sich die Autofahrer bereits auf der Autobahn und drücken dementsprechend ungeduldig aufs Gas. Der Höchstwert von 85,2 dB ist sogar höher als an der Rosengartenstrasse.

Hauptbahnhof (64,9 dB):
Autos, Trams und Fussgänger auf engstem Raum: der Lärmpegel am neuralgischen Punkt Zürichs entspricht dem eines Bohrers und verursacht Konzentrationsschwierigkeiten.

Birmensdorferstrasse (64,5 dB): Am Goldbrunnenplatz bremsen die Autos für die Fussgänger und beschleunigen dann wieder zügig Richtung Triemli und Stadtgrenze. So laut beschallt sich die Hälfte der Schweizer Jugendlichen täglich mit Musik.

Bellerivestrasse (64,3 dB): Auf der  vielbefahrenen Ausfallstrasse Richtung Goldküste erreicht der Lärm manchmal 73.8 dB. Das ist klar über dem Alarmwert und für die Anwohner eine Belastung.

Langstrasse (63,3 dB):
Am Feierabend stauen sich hier die Autos. Die Geräuschkulisse, angereichert von lauten Passanten, erreicht teils 80 dB.

Forchstrasse (58,5 dB): Eher unscheinbar und doch einer der lautesten Orte der Stadt ist der Kreuzplatz. Jeder der in Richtung Forch will, muss hier vorbei.


Die Lärmschutzverordnung verpflichtet die Stadt, diese und alle anderen Strassenabschnitte mit Belastungen über dem Immissionsgrenzwert bis zum 31. März 2018 zu sanieren. Dafür  wird ein dreistufiges Prinzip angewendet. Erste Priorität ist, den Lärm an der Quelle zu verringern, etwa durch Temporeduktion oder lärmarme Strassenbeläge. Zweite Priorität sind Massnahmen auf dem Ausbreitungsweg, zum Beispiel Lärmschutzwände. Ist dies nicht möglich, so ist drittens als Ersatzmassnahme der Schallschutz am Gebäude zu verbessern. «Die Stadt hat für jeden Stadtkreis ein Lärmschutzprojekt erarbeitet, in den Quartieren vorgestellt und öffentlich aufgelegt. Im Moment sind jedoch alle Projekte durch Einsprachen blockiert. Wir hoffen, dass wir die Massnahmen baldmöglichst umsetzen können», meint Bettina Volland, Sprecherin des Umwelt- und Gesundheitsschutzes der Stadt Zürich.

 
*Die Messungen wurden mit der Noise Immission Analyzer App durchgeführt und sind nicht repräsentativ.

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Leserkommentare

walter e. spörri - Auch könnte die Lärmimission an einer Veranstaltung wie zB. Art on Ice gemessen werden.
aber vielleicht kämen dann nur die hälfte der Zuschauer

Vor 8 Jahren 2 Monaten  · 
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Derek Richter - Viel Lärm um viel Lärm!
Gewiss, der MIV macht Lärm und das messbar. Auch Flugzeuge machen Lärm, Züge genau so wie Trams, Baustellen etz. -genauso messbar. Es gibt auch unterschiedlichen Lärm; ein Gewehrschuss ist unangenehmer als ein vorbei fahrendes
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Vor 8 Jahren 2 Monaten  · 
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