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Die meisten öffentlichen Toiletten von Züri WC sind geschlechtsneutral. Bild: PD

Das stille Örtchen als Rollenfalle

Von: Jan Strobel

04. März 2014

Die 29-jährige Webdesignerin Rachel Knowler macht sich für geschlechtsneutrale Toiletten stark - besonders auch in Zürcher Klubs oder Bars.

In Fachstellen, Behörden oder Hochschulen ist es seit einigen Jahren gewissermassen das Modewort schlechthin: Das «Gender Mainstreaming». Gemeint ist mit dem sperrigen Begriff die «Lebenswirklichkeiten von Frauen und Männern in allen Lebensbereichen zu berücksichtigen» - am Ende soll die absolute Gleichstellung der Geschlechter stehen, Mann und Frau Kategorien von gestern sein.

In den Fokus mancher Gleichstellungshüter ist da natürlich fast zwangsläufig auch das stille Örtchen im öffentlichen Raum geraten. Denn nirgends manifestiert sich ja die Trennung der Geschlechter so augenfällig wie hier. Die «Unisex-Toilette» löste in Berlin bereits heftige Debatten aus. In Zürich ist man da längst weiter: Von den 99 öffentlichen Anlagen von Züri WC sind die meisten nicht geschlechtergetrennt, sie sind geschlechtsneutral. Festgeschrieben wurde das im städtischen Masterplan Züri WC aus dem Jahr 2002. Ausnahmen sind lediglich bediente WC-Anlagen an stark frequentierten und touristisch wichtigen Orten, wie zum Beispiel am Bürkliplatz.

Für die 29-jährige Webdesignerin und Datenjägerin Rachel Knowler ist das zwar hoch erfreulich, aber längst nicht genug. «Ich möchte das Bewusstsein für dieses Thema schärfen», sagt sie. Dafür hat die gebürtige Britin jetzt ein eigenes Projekt ins Leben gerufen, eine Online-Plattform, an der jeder mitwirken kann. Sie soll die Daten über die öffentlichen Toiletten in Zürich und anderen Schweizer Städten zusammentragen und zwar besonders auf ihre geschlechtsneutralen Eigenschaften hin. «Ich möchte vor allem auch die Toiletten in Restaurants, Cafés, Bars und Klubs untersuchen. Hier herrscht gewaltiger Nachholbedarf», ist Knowler überzeugt. Gerade das Nachtleben ist für sie vielerorts noch eine Gleichstellungswüste. Knowler könnte sich vorstellen, einmal auch eine App mit Karte zu entwickeln, mit deren Hilfe der geplagte Nutzer sofort geschlechtsneutrale Toiletten finden kann. Welche Nutzer das sein sollen, liegt für Knowler auf der Hand: «Es sind Menschen, die sich nicht für ein  Geschlecht entscheiden wollen oder können», sagt sie. Gerade für viele Trans- oder Intersexuelle zum Beispiel sei der Gang zur Toilette eine regelrechte Qual, für sie werde ein banales menschliches Bedürfnis zur stereotypen Rollenfalle.

Dass zumindest die meisten Züri WCs heute geschlechtsneutral sind, hat allerdings nicht viel mit Gender-Mainstreaming zu tun, sondern mit ganz praktischen Erwägungen. «Unter anderem auch mit den Unisex-WCs konnten wir die Kosten für den Unterhalt erheblich senken», sagt Urs Brunner, Leiter Abteilung Züri WC beim Umwelt- und Gesundheitsschutz Zürich.              

genderneutraltoiletsch.blogspot.ch

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