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Liselotte Graber mit einem Bild von Don Giovanni, oben ihre neuen Vögel. (Bild: Christian Saggese)

Der Todfeind aus der Küche

Von: Christian Saggese

02. März 2021

Liselotte Graber machte sich eine Käseschnitte – die Dämpfe vom Teflon-Blech töteten vier ihrer Wellensittiche unmittelbar. Nun möchte die Altstetterin andere Vogelbesitzer warnen. 

Don Giovanni war ein kleiner Charmeur. Der blaue Wellensittich lebte nicht in einem Käfig, sondern durfte sich, wie auch seine fünf anderen gefiederten Kollegen, frei in der Wohnung von Liselotte Graber bewegen. So genoss es der fünfjährige Vogel sehr, bei der Altstetterin auf der Schulter zu sitzen und ihren Alltag zu beobachten. Selten wich er von ihrer Seite. Kein Wunder, wurde er von seiner Besitzerin doch sehr geliebt. Seit bereits über 40 Jahren schenkt Liselotte Graber Wellensittichen und Kanarienvögeln ein schönes Zuhause.

Heute ist Don Giovanni tot. Er ist, wie auch seine tierischen Mitbewohner Figaro, Fiorillo und Sarastro, durch ein Unglück unerwartet verstorben. Viele Bilder in der Wohnung erinnern noch an die vier lebhaften, auffallend schönen Vögel. «Ich mache mir Selbstvorwürfe», erzählt Liselotte Graber traurig. Trotzdem geht sie in Gedanken zurück und erinnert sich nochmals an jenen schlimmen Tag. Damit möchte sie andere Vogelbesitzer warnen. Denn es waren Dämpfe, ausgelöst durch das Zubereiten einer Käseschnitte, die das tödliche Drama verursachten.

Schlimmer Todeskampf

Eigentlich isst die Altstetterin aus gesundheitlichen Gründen keine fettigen Speisen. Als sie aber einen russischen Gast erwartete, wollte sie diesem etwas typisch Schweizerisches anbieten und kaufte daher eine Käseschnitte. Der Gast kam, die Käseschnitte wurde aber doch nicht zubereitet. «Zum Glück», sagt Liselotte Graber rückblickend, «so blieb meinem Gast der Anblick erspart». Denn einige Tage später verspürte die Zürcherin Hunger, ging in die Küche, entdeckte die gluschtige Käseschnitte im Kühlschrank und schob diese auf ein teflonbeschichtetes Blech in den Backofen. Dabei wurde sie von vier ihrer sechs Wellensittiche beobachtet, die es sich auf einem Fenstervorsprung in der Küche bequem gemacht hatten. «Nach einer gewissen Zeit öffnete ich nur ganz kurz den Ofen. Dabei entwich ein wenig Dampf. Und dann passierte es.» Einer der Wellensittiche fiel sofort tot auf den Boden. Die anderen drei kreischten los, irrten orientierungslos in die Stube. «Ein etwa siebenminütiger Todeskampf begann», erzählt sie mit gebrochener Stimme. «Sie sind alle erstickt.» Liselotte Graber hatte keine Chance, es gab nichts, was sie noch hätte unternehmen können. Das Schicksal der vier Vögel war besiegelt.

Teflon ist gefährlich

Ohne zu wissen, was die Ursache sein konnte, öffnete sie geistesgegenwärtig sämtliche Fenster in der Wohnung, schloss die Türen und begab sich im Korridor auf die Suche nach den zwei anderen Wellensittichen, die nicht in der Küche waren. Sie entdeckte Pamina und Papageno in einem Sportsack. In diesem hatte es sich das Liebespaar schon öfters gemütlich gemacht. Zum Glück auch an diesem Tag. Der Schutz durch die Tasche erwies sich als lebensrettend.

Tatsächlich ist es so, dass das Kochen fatale Folgen für Wellensittiche haben kann. Jean-Michel Hatt, Direktor Klinik für Zoo-, Heim- und Wildtiere, Vetsuisse-Fakultät der Uni Zürich: «Leider kommt es immer wieder zu Todesfällen, wenn Vögel in der Nähe eines Kochherds gehalten werden, dann nämlich, wenn mit einer Teflon-beschichteten Pfanne gebraten wird. Vögel sind sehr empfindlich auf Teflon-Dämpfe und sterben an Lungenblutungen. Übrigens können solche Dämpfe auch bei einem Raclette-Ofen entstehen.»

Die Antihaftbeschichtung zersetzt sich bei Hitze, das sogenannte PTFE ist giftig für Heimvögel. Deren Lunge ist anders aufgebaut als bei anderen Säugetieren, deutlich sensibler, weshalb die Dämpfe beispielsweise für Katzen und andere Haustiere keine unmittelbare Gefahr darstellen, heisst es seitens verschiedener Tierärzte. Auch durch Titan-Pfannen geht diese Gefahr aus, wie Liselotte Graber erfahren hat.

«Ich wusste das nicht», meint die Zürcherin bedrückt, «dabei habe ich meine Wohnung sehr vogelsicher eingerichtet, achte beispielsweise darauf, keine giftigen Pflanzen in der Wohnung zu haben und besitze auch mehrere Fachbücher. Doch Teflon war in diesen nie ein Thema.»

Als sie sich ein Bild von Don Giovanni ansieht, huscht Liselotte Graber kurz ein trauriges Lächeln übers Gesicht. Auch wenn sie den Unglückstag nie vergessen wird, bleiben die schönen Erinnerungen. Und die Zeit der Trauer müsse auch ein Ende haben, sagt sie. In diesem Moment ist aus dem Nebenzimmer ein wildes Gezwitscher zu hören. Es sind neue Wellensittiche, die der Seniorin täglich das Leben bereichern.

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