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Shisha-Rauchen ist besonders bei den Jungen beliebt. Bild: Uwe Molt/ pixelio.de

Dicke Luft um Shisha-Bars

Von: Stine Wetzel

02. Mai 2018

Eine 17-Jährige, die nach dem Shisha-Bar-Besuch zusammenklappte, hat gereicht, um einen Aufschrei in der Schweiz auszulösen: Wasserpfeifen seien pures Gift – Angstmacherei, sagen hingegen Shisha-Bar-Besitzer aus Zürich.

«Shisha-Rauchen ist lebensgefährlich!», titelte der «Blick», «Von der Shisha-Bar gehts ins Spital», die «Sonntagszeitung»; «Notfälle nehmen schweizweit zu», hiess es weiter. Den Aufschrei ausgelöst hat ein Vorfall in Rorschach (SG) Anfang des Jahres: Nachdem sie eine Shisha-Bar besucht hatte, wurde eine 17-Jährige mit Verdacht auf Kohlenmonoxidvergiftung ins Spital gebracht. Auch in Deutschland wurden in den letzten Monaten einige Vergiftungsfälle publik. Die allgemeine Kritik: Weil die Shisha nach Eisbonbon, Bubblegum oder Mango schmeckt, süsslich riecht und blubbert, täusche sie über die giftigen Inhaltsstoffe und die Kohlenmonoxidkonzentration hinweg. Doch ist die Hysterie berechtigt?

Laut «20 Minuten» ist die Problematik am Inselspital in Bern bekannt. In den letzten fünf Jahren habe es dort 50 Shisha-Notfälle gegeben, davon allein 2016 18 Notfälle. In den Zürcher Spitälern winkt man ab: Es wurden keine Notfälle aufgrund von Shisha-Konsum behandelt. «Mir ist in den letzten Jahren keine Zunahme von Kohlenmonoxidvergiftungen aufgefallen», sagt etwa Elisabeth Simons, Leitende Ärztin innere Medizin und Fachbereichsleitung Notfall innere Medizin im Stadtspital Triemli. Lukas Furler, Direktor des Stadtspitals Waid, räumt aber ein: «Es handelt sich um ein relativ neues Phänomen, auf das unsere Ärztinnen und Ärzte noch wenig sensibilisiert sind, vor allem in Bezug auf die anamnestische Befragung.»

24 bewilligte Shisha-Bars

Gemäss dem aktuellen Suchtmonitoring der Schweiz sind Wasserpfeifen vor allem bei jungen Personen beliebt. Ein Viertel der täglich rauchenden 15- bis 17-Jährigen konsumieren auch Shishas, bei den 24- und 25-Jährigen sind es 17,5 Prozent. Der Anteil der gelegentlich Wasserpfeife rauchenden 15- und 17-Jährigen liegt bei fast 40 Prozent. Zutritt zu Shisha-Bars gibt es offiziell erst ab 16 Jahren. Es gilt das Bundesgesetz zum Schutz vor Passivrauchen, das heisst, dass das Rauchen von Shishas nur in einem abgetrennten Fumoir erlaubt ist, das mit einer Lüftung ausgestattet ist.

Die «SonntagsZeitung» nannte die Schweizer Shisha-Szene eine «Blackbox» – kein Amt wisse, wie viele solcher Lokale es gebe, und dementsprechend wisse auch keiner, ob die Bars über entsprechende Lüftungsanlagen verfügten. Auf die Shisha-Bars in Zürich trifft das zumindest seit 2013 nicht mehr zu. Seither haben nämlich die Lüftungskontrolleure der Stadt die Konsumation von Wasserpfeifen in Zürcher Gastwirtschaftsbetrieben auf dem Radar, so Anke Poiger, Sprecherin des Umwelt- und Gesundheitsschutzes (UGZ). Der UGZ prüft zusammen mit der Wirtschaftspolizei, der Feuerpolizei und dem Arbeitsinspektorat, ob die Lüftungswerte eingehalten werden, auch mit Stichproben. Derzeit gebe es 24 bewilligte Betriebe in der Stadt.

«Wirbel steht nicht im Verhältnis»

Wie jemand nach dem Barbesuch Symptome einer Kohlenmonoxidvergiftung haben kann – Übelkeit, Schwindel, Kopfschmerzen, Verwirrung bis hin zur Bewusstlosigkeit –, kann sich der Besitzer einer Zürcher Shisha-Bar im Kreis 12 nur so erklären: «Entweder war die Lüftung nicht eingeschaltet, oder die Person hat mehr als drei Stunden geraucht. Einfach so wird man nicht von einer Shisha bewusstlos. Die Medien übertreiben, das ist Angstmacherei.» Ein anderer Barbesitzer aus dem Kreis 5 meint: «Shisha ist vielleicht nicht gesund, aber eine Vergiftung holt man sich nicht bei normalem Gebrauch.» Die Berichterstattung der letzten Zeit ärgert ihn. «Der Wirbel steht nicht im Verhältnis: Obwohl der Shisha-Hype in Zürich schon seit etwa zehn Jahren anhält, gab es kaum Vorfälle.»

Die Lüftung erachte er aber ebenfalls als sehr wichtig. «Wenn man in eine Bar geht und den Rauch in der Luft stehen sieht, ist das ein schlechtes Zeichen. Ich will nichts schönreden, es gibt auch in Zürich Bars, die nicht angemeldet sind und bei denen es an der Lüftung hapert. Aber meist ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Stadt auf der Matte steht und Bussgelder und Verwarnungen verteilt.»

«Allgemein unterschätzt»

Der Verein Lunge Zürich, ehemals Lungenliga, warnt nicht nur aufgrund der Kohlenmonoxidgefahr vorm Wasserpfeifenrauchen: «Die gesundheitlichen Risiken werden allgemein unterschätzt», sagt Sprecherin Tanja Sele. Die Nikotinmenge etwa entspreche dem 10- bis 15-Fachen einer Zigarette, hinzukomme der höhere Gehalt an Teer, Schwermetallen und weiteren Schadstoffen, die das Risiko für Krebs erhöhten. Bedenken äussert Lunge Zürich vor allem bei den schädlichen Feuchthaltemitteln im Wasserpfeifentabak. «Während der Höchstgehalt etwa in Deutschland nur 5 Prozent beträgt, liegt der Grenzwert in der Schweiz bei 60 Prozent.»

In einem Informationsblatt für Ärztinnen und Ärzte sprechen die Pneumologen Macé Schuurmans vom Universitätsspital Zürich und Jürg Barben vom Ostschweizer Kinderspital St. Gallen davon, dass Shishas zwar ein besseres Image als Zigaretten hätten, aber mit ähnlichen Risiken belastet seien. Ausserdem raten sie Ärzten, vor allem bei jungen Erwachsenen wacher für eine Kohlenmonoxidvergiftung zu sein.

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