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Der Saubannerzug durch die Kreise 3 und 4 am letzten Wochenende. Bild: Instagram

Die egomanischen Nuggi-Revoluzzer

Von: Jan Strobel

05. März 2013

Die vermeintliche Kreativ-Insel der Binz-Besetzer zeigte letztes

Wochenende ihr hässliches Gesicht. Und das Partyvolk konsumierte fleissig.

Die Freude des jungen Mannes steigerte sich bei jedem weiteren Feuer, bei jedem umgekippten Abfallcontainer aufs Neue. Eigentlich wollte er einfach in der Binz abfeiern, geriet dann aber auf dem Weg dorthin unversehens in die Krawall-Demo. «Jetzt bringen wir die Party halt auf die Strasse. Endlich setzen die Binz-Leute ein Zeichen. Das geht richtig ab.» Hinter ihm, in der demolierten Coop-Filiale Ecke Badener-/Langstrasse, bedienten sich gerade ein paar besonders Engagierte unbekümmert am Zigaretten- und Alkoholregal, während ihre Kumpanen draussen «Züri brännt!» ins Mikrofon grölten und wahlweise «Fuck the Police», «Fuck Yeah» oder «True Love» an die Hauswände sprühten. Bei der Kalkbreite verrichteten junge Frauen unbekümmert in aller Öffentlichkeit ihr Geschäft - das Partyvolk liess in dieser Nacht gewissermassen wortwörtlich die Hosen runter.

Natürlich hätte es eine wirklich solidarische, friedliche Parade werden können. Stattdessen regierte auf der einen Seite egomanische Zerstörungswut, auf der anderen Seite dumpfe Konsumsucht. Es war die schockierende Umkehrung all dessen, für was die so oft in den Medien bejubelte Kreativ-Insel Binz vordergründig stand. Da hilft auch die mantrahaft wiederholte Beteuerung nichts, das Chaos sei schliesslich die Schuld ein paar verirrter, unpolitischer Krawallanten. Auch der grossen Masse der unbeteiligten Mitläufer, die eigentlich nur Party machen wollte, gefiel dieser «coole» Schauer des Krawalls, weil sie sich beim Zuschauen wieder einmal so richtig untergründig fühlen durfte, ein wenig Banlieue hier, ein bisschen 80er-Bewegung dort, und das ist eigentlich eine im höchsten Grade konservative Mixtur. Wer heute noch das museale «Züri brännt!» ins Mikrofon brüllt, ist ein Nuggi-Revoluzzer, dem nichts Neues mehr in den Sinn kommt und der sich stattdessen lieber an die Slogans von Mama und Papa hält.

Dass der Krawall von den Binz-Besetzern kalkuliert oder mindestens geduldet wurde, glaubt Bastien Girod, Nationalrat der Grünen, der um zwei Uhr morgens vom Saubannerzug vor der Haustür geweckt wurde. «Grundsätzlich sympathisiere ich mit dem Anliegen der Binz-Besetzer», sagt er. «Allerdings musste auch ihnen klar gewesen sein, dass eine Demo um diese Uhrzeit einfach eskalieren wird. Es hätte ein kreatives Konzept gebraucht, dass gerade einen Krawall verhindert.» Gestern Vormittag kam es auf dem Binz-Areal schliesslich zu einem Grosseinsatz der Stadtpolizei. Die Binz hat in der Tat jeglichen Goodwill verspielt. 

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Leserkommentare

Daniel Münger - Das Chaos sei schliesslich die Schuld ein paar verirrter, unpolitischer Krawallanten? - Das lese und höre ich immer wieder. Aufbau.org und RJZ hingegen auch. Die durchaus politischen Neokommunisten, mit ihren abstrusen Ansichten (Auf die Strasse zur Demonstration
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Vor 11 Jahren 3 Wochen  · 
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