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Im Gegensatz zur Kantonspolizei nennt die Stadtpolizei die Nationalitäten der Täter momentan nur auf Anfrage sowie bei Fahndungen. (Bild: Stadtpolizei ZH)

Die Frage nach dem Woher

Von: Christian Saggese

12. Januar 2021

Die Bevölkerung stimmt am 7. März darüber ab, ob die Stadtpolizei Zürich künftig wieder die Nationalität von Tätern in Polizeimeldungen angeben muss. Eine zweite Vorlage geht sogar noch einen Schritt weiter. 

Muss die Stadtpolizei Zürich künftig in ihren Polizeimeldungen wieder die Nationalitäten der mutmasslichen Täter bekanntgeben? Darüber stimmt die Bevölkerung am 7. März auf kantonaler Ebene ab. Gleich zwei Vorlagen zu diesem Thema kommen an die Urne. Diese mögen sich auf den ersten Blick wenig unterscheiden, haben aber doch einen grossen Einfluss auf die Arbeit der Polizei.

Ein Blick zurück. Angefangen hat alles mit einem Postulat. Die Gemeinderäte Min Li Marti (SP) und Samuel Dubno (GLP) forderten den Stadtrat im August 2015 auf, zu prüfen, ob es möglich wäre, künftig auf die Nennung der Täter-Nationalität in den Polizeimeldungen zu verzichten. Grund: Die Postulanten stellten sich auf den Standpunkt, dass die Nationalität eines Täters für die Beurteilung eines Delikts ebenso wenig aussagekräftig sei wie dessen sexuelle Orientierung oder die Religion.

Das Echo war gross. Bürgerliche Parteien, aber auch Medienhäuser meinten, dass die Nationalität ein Fakt sei, der nicht verschwiegen werden dürfe, und die Nichtnennung der Intransparenz, ja gar der Vertuschung diene. Dennoch ordnete Stadtrat Richard Wolff (AL), damals noch Sicherheitsvorsteher, im November 2017 an, dass die Stadtpolizei künftig auf die Nennung der Staatsangehörigkeit verzichte. Nur bei Fahndungsmeldungen werde diese noch publiziert, ebenso könnten Journalisten für diese Information eine Anfrage stellen.

Begründet wurde dieser Schritt damit, dass die Herkunft eines mutmasslichen Täters nur vermeintlich der Transparenz diene. Werde das Land genannt, suggeriere dies nur, dass dieses Teil des Problems sei und die Tat ein Stück erkläre. Dabei gingen die eigentlichen Ursachen für Verbrechen viel tiefer. Die finanzielle Situation spiele dabei eine Rolle wie auch das Bildungsniveau, mögliche Traumata, der Drogenkonsum und mehr. Auch Mutproben könnten zu kriminellen Handlungen führen. Gleichzeitig würden aber wissenschaftliche Studien beweisen, dass die Kriminalitätsberichterstattung eine grosse Wirkung auf die Konsumenten habe. Werde also gross über einzelne Fälle von kriminellen Ausländern geschrieben, hätte dies den Effekt, dass man den Anteil von ausländischen Kriminellen viel höher einschätze, als er eigentlich ist. Und dies führte schliesslich zu kritischen Vorurteilen innerhalb der Bevölkerung.

Volksinitiative lanciert

Die SVP Kanton Zürich wollte diese neue Praxis nicht akzeptieren. Sie lancierte im Januar 2018 erfolgreich eine Volksinitiative, um diesen Entscheid zu kippen. Nationalitäten wie auch Alter und Geschlecht müssten immer automatisch in Polizeimeldungen bekannt gegeben werden, auf Anfrage auch der Migrationshintergrund.

Es war letztlich der Punkt mit dem Migrationshintergrund, der in den darauf folgenden Diskussionen im Kantonsrat für intensiven Gesprächsstoff sorgte. So sei es unverhältnismässig, wenn die Polizisten nun auch noch Ahnenforscher werden müssten. Zudem sollte man Schweizer nicht in zwei Klassen unterteilen. Der Kantonsrat lehnte die Volksinitiative als zu radikal ab, beschloss aber als Gegenvorschlag eine Änderung des Polizeigesetzes, die sich darauf beschränkt, die Staatsangehörigkeit nennen zu müssen.

Die Gesetzesänderung unterstand dem fakultativen Referendum. Ein solches Referendum wurde schliesslich auch erfolgreich unter anderem von den Jungen Grünen und der Juso eingereicht. Und die SVP, die zuvor anbot, ihre Vorlage zugunsten des Gegenvorschlages zurückzuziehen, hielt nun an der Initiative fest. Nun müssen die Zürcher am 7. März also über die Volksinitiative wie auch über den Gegenvorschlag abstimmen. Weil sich die beiden Vorlagen gegenseitig ausschliessen, wird den Stimmberechtigten neben den Fragen, ob sie den Vorlagen zustimmen wollen, auch eine Stichfrage vorgelegt. In dieser geht es um den Entscheid, welche der beiden Vorlagen in Kraft treten soll, falls beide an der Urne angenommen würden.

So oder so ist die Nationalität aber kein Staatsgeheimnis. Der Kanton Zürich veröffentlicht jährlich die öffentlich einsehbare Kriminalstatistik, in der die Staatsangehörigkeiten der Täterinnen und Täter aufgelistet sind.


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echo@tagblattzuerich.ch

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