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Die Neubausiedlung Leutschenbach: Jung, urban und international.Bild: PD

Die urbanen UFOs sind gelandet

Von: Jan Strobel

16. April 2019

Die Grenzen zwischen Stadt und Agglomeration verschwimmen immer mehr. Das macht die erste statistische Analyse von Neubauquartieren dies- und jenseits der Stadtgrenzen deutlich. Dabei zeigen sich aber auch markante Unterschiede zwischen Stadt und Agglomeration.

Wenn Angelus Eisinger, Direktor Planungsdachverband Region Zürich und Umgebung (RZU), von Neubauquartieren spricht, dann benutzt er das Bild eines UFOs, eines scheinbaren Fremdkörpers, der mitten in einem Stadtquartier oder auf der grünen Wiese in der Agglomeration gelandet ist. Auf den ersten Blick gleichen sich diese Neubauviertel frappant. Es sind alles verdichtete Riegel- oder Blockbauten, architektonisch nur leicht variiert. Für Eisinger liegen darin die Antworten für die Herausforderungen einer Stadt der Zukunft – und in der spielen Gemeindegrenzen kaum noch eine Rolle. Die Stadt Zürich wächst vielmehr über ihre Grenzen hinaus, Vorortgemeinden werden immer urbaner, grossstädtischer, so zumindest die These.

Zum ersten Mal hat nun Statistik Stadt Zürich zusammen mit dem Statistischen Amt des Kantons Zürich Neubauquartiere dies- und jenseits der Stadtgrenze untersucht und damit, so Eisinger, «eine Lücke geschlossen». Die Zusammenarbeit zwischen Stadt und Kanton ist dabei ebenfalls eine Premiere. Für ihre Analyse wählten die Statistiker sechs Neubauquartiere in der Agglomeration und zehn in der Stadt Zürich aus und setzten die gewonnenen Daten in eine Beziehung zueinander. Dabei zeigen sich zum Teil signifikante Unterschiede zwischen den Quartieren. Das grösste Neubaugebiet der Schweiz ist dabei der Glattpark in Opfikon, der bis 2020 rund 7000 Einwohner zählen wird. In der Stadt Zürich ist das grösste untersuchte Neubauquartier die ABZ-Siedlung Ruggächern in Zürich-Affoltern mit rund 3600 Bewohnern.

Zürich verliert ans Umland
Erste grosse Unterschiede zeigen sich in der Eigentumsstruktur. Gemeinnützige Wohnungen sind in der Agglomeration rar. Die untersuchten städtischen Quartiere wiederum sind stark genossenschaftlich geprägt, mit Ausnahme der Siedlungen Letzibach, Freilager, Binzallee, Escher-Wyss und Neu-Oerlikon, die – wie in der Agglomeration – von klassischen Mietwohnungen und Wohneigentum geprägt sind. Dabei schwingt das Neubauquartier Escher-Wyss bei den Netto-Mietpreisen pro Monat aus mit durchschnittlich 27 Franken pro Quadratmeter. Die übrigen Quartiere bewegen sich, sowohl in der Stadt als auch in der Agglomeration, durchschnittlich zwischen 20 und 22 Franken pro Quadratmeter. Die Unterschiede bei den Mietpreisen sind also bei Neubauquartieren zwischen Stadt und Vororten nicht besonders stark ausgeprägt.

Die Statistiker untersuchten auch die Quartierversorgung, das heisst die Entfernung zu Schulen, Einkaufsmöglichkeiten oder Sportanlagen. Hier schneidet das Limmattal insgesamt am besten ab, während es bei den Siedlungen in Zürich-Nord noch Handlungsbedarf gibt, auch wenn sich gemäss Analyse die Situation in den letzten Jahren laufend verbessert hat. Konstant geblieben ist sie in den Quartieren Ruggächern und Oberaffoltern. Unterschiede zeigen sich auch bei der Herkunft der Bewohner in den untersuchten Neubauquartieren. Der direkte Zuzug aus dem Ausland ist in der Stadt Zürich von grösserer Bedeutung als in der Agglomeration, wo wiederum der Zuzug aus dem Rest der Schweiz wichtiger ist. Aus ländlichen Gebieten zieht nur eine Minderheit in Neubauquartiere. Die meisten Zuzüge kommen aus der unmittelbaren, urbanen Region. 75 Prozent der Mieter in der Zürcher Siedlung Binzallee zum Beispiel zogen aus den Stadtkreisen 2, 3, 4 und 9 zu. Besonders Familien oder junge Paare, die eine Familie gründen werden, ziehen in die Neubauviertel. Vorherrschend sind 27- bis 50-Jährige, über 66-Jährige wohnen selten in diesen Quartieren. Der Anteil an Kindern und Jugendlichen ist in der Siedlung Binzallee am höchsten, während er im Escher-Wyss-Quartier deutlich geringer ausfällt.

Die Stadt Zürich allerdings verliert Einwohner an ihr Umfeld. Im Limmattal wohnen heute mehr Menschen aus der Stadt Zürich als aus dem Limmattal selbst. Gleichzeitig ist die Bevölkerung in Neubauquartieren internationaler, und zwar dies- wie auch jenseits der Stadtgrenze.
Die Bewohnerschaft in den Neubauquartieren der Stadt Zürich ist hoch qualifiziert. Über die Hälfte verfügt hier über einen Hochschulabschluss, wobei der Anteil Management und oberes Kader überall frappant hoch ist. Auch in der Agglomeration beginnt sich dieser Trend abzuzeichnen, auch wenn hier die Verteilung noch breiter ist.

«Zürich und sein Umland sind ein gemeinsamer Raum mit einem Urbanisierungsschub geworden», konstatiert Angelus Eisinger. «Doch die Flächen sind begrenzt. Die Neubauareale von morgen müssen erst noch entstehen.»  

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