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Firmen in Zürich werden zunehmend Opfer von Hackerangriffen. Bild: Adobe Stock

Digitale Angriffe nehmen zu

Von: Sacha Beuth

25. Januar 2022

CYBERKRIMINALITÄT Immer mehr Firmen im Raum Zürich werden Opfer von Hackerangriffen. Laut Ralf Sasse, Forscher Informationssicherheit an der ETH, stehen dabei meist monetäre Interessen im Vordergrund. 

Lautlos und unbemerkt hatten sie zugeschlagen. Und dann ging am 11. Januar bei der Emil-Frey-Gruppe, einem von Europas grösstem Autohändler mit Sitz in Zürich, in mehreren Bereichen der «operativen Tätigkeit» fast nichts mehr. Laut einem in den Medien zitierten Mitarbeitenden funktionierte nur noch das Telefon.

Der Vorfall ist der zuletzt bekannt gewordene in einer ganzen Reihe von Hackerangriffen auf Unternehmen und Institutionen im Raum Zürich. Zuvor waren unter anderem in den letzten Monaten auch der Online-Vergleichsdienst Comparis, Reiseveranstalter FTI Group mit seinen Zürcher Filialen oder zuvor mehrfach die ETH Opfer von Cyberkriminellen geworden. Und es trifft nicht nur die Grossen. Gemäss einer Umfrage der Standortinitiative Digital Switzerland hat bereits jedes dritte KMU in der Schweiz schon so einen Angriff erlebt. Und es werden immer mehr. Doch auf was ist diese steigende Tendenz zurückzuführen? Und welche Interessen verfolgen die Hacker bei ihrem tun?

Die Antwort zur ersten Frage liegt laut Digital Switzerland an der während der Corona-Pandemie ebenfalls deutlichen Zunahme des Home­office, wodurch sich Cyberkriminelle wegen ungesicherter Netzwerke und fehlender Firewalls einfacher einhacken könnten. Doch Ralf Sasse (41), Studienkoordinator für Master in Cyber Security und Forscher Informationssicherheit an der ETH, ist anderer Meinung: «Die Computer im Home­office sind in der Regel über einen direkten VPN-Kanal (Virtuelles privates Netzwerk) mit dem Netzwerk der Firma verbunden. Warum sollte ein Hacker diesen Umweg machen, wenn er direkt ins Firmennetzwerk einsteigen kann? Es ist eher so, dass es den Hackern immer öfter gelingt, ihre Angriffe zu automatisieren.»

Hauptmotiv Erpressung

Auch die Kantonspolizei Zürich sieht keinen Zusammenhang mit dem Arbeiten von zuhause und den gestiegenen Attacken, sondern erklärt die zunehmende Internet-Kriminalität mit der zunehmenden Nutzung des Internets. Dass in letzter Zeit viele Firmen im Raum Zürich betroffen waren, scheint Zufall zu sein. Die Internet-Kriminalität richte sich nicht nach dem Standort der Geschädigten, teilt die Kantonspolizei mit. Das sieht Ralf Sasse gleich: «Nicht wenige Firmen haben ihre Rechenzentren und ihre Unternehmenssitze an unterschiedlichen Standorten. Entscheidender ist der Aufwand, um ein Netzwerk zu hacken und wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass ein Unternehmen zahlt, damit es gestohlene Daten und/oder den Zugriff auf lahmgelegte Systeme zurückerhält.»

Was schon den Übergang zur Antwort auf die zweite Frage einleitet. «Die Zeiten, als aus Jux und Tollerei Hackerangriffe verübt wurden, sind mehrheitlich vorbei.» Darüber würde auch der vor einem Jahr ausgeführte Angriff auf eine digitale Infotafel der Stadt Zürich, auf der plötzlich ein Pornofilm zu sehen war, nicht hinwegtäuschen. «Heute sind kriminelle Organisationen am Werk, die monetäre Interessen verfolgen, sprich: die Unternehmen erpressen. Für diese ist die Schweiz als eines der reichsten Länder weltweit prinzipiell interessant», so Sasse wiederum im Einklang mit den Aussagen der Kantonspolizei. Sasse warnt denn auch dringend davor, den Erpressungsversuchen nachzugeben. «Einerseits sind die Kriminellen so geschickt im Verwischen der Spuren beim Geldtransfer, dass man diesen kaum zurückverfolgen kann. Andererseits macht sich das Unternehmen attraktiv für weitere Erpressungsversuche.» Besser sei es, von vorneherein in eine gute Infrastruktur und gute Back-ups zu investieren.

Neben Scherz und Erpressung gibt es noch eine dritte Möglichkeit als Grund für einen Hackerangriff: Spionage im Auftrag eines anderen Staates. «Doch davon sind wir hier eher weniger betroffen. Dafür ist die neutrale Schweiz im Allgemeinen nicht interessant genug», erklärt Sasse.

Was ist Ihre Meinung zum Thema? echo@tagblattzuerich.ch

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