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Die hier angebrachten Öffnungszeiten sind zwischenzeitlich verschwunden. (Bild: Quartierverein Wiedikon)

Ein Zeitenwandel

Von: Jan Strobel

13. April 2021

Bei den Eingängen zum Friedhof Sihlfeld sind die Öffnungszeiten verschwunden. Der Quartierverein Wiedikon fühlt sich übergangen. 

Wenn Urs Rauber, Präsident des Quartiervereins Wiedikon, dieser Tage von einem «Frühlingsputz» spricht, dann meint er nicht etwa das allgemeine grosse Reinemachen; sein Blick richtet sich vielmehr zum Friedhof Sihlfeld, konkret an seine Eingangspforten. Dort wurden jüngst die Öffnungszeiten entfernt, oder – wie es Rauber umschreibt – einfach «ausradiert». Das Vorgehen steht im Widerspruch zu einem zentralen Anliegen des Quartiervereins. Er wehrt sich gegen die 24-Stunden-Öffnung des Friedhofs Sihlfeld und fordert die nächtliche Schliessung («Tagblatt» vom 20.5. 2020). Der Friedhof verkomme besonders in der Nacht zu einem Tummelplatz für «Gruselevents», Sex und Drogendeals. «Was mich besonders irritiert, ist, dass wir vorgängig nicht über die Entfernung der Öffnungszeiten informiert wurden», kritisiert Urs Rauber. «Dies, obwohl wir seit vier Jahren mit der Stadt an einem Runden Tisch zusammenarbeiten, um gemeinsam eine Lösung für das Problem zu finden.»

Dabei waren die Öffnungszeiten längst nicht mehr aktuell. Bereits 2016 hatte der Stadtrat die nächtliche Schliessung von Friedhöfen von 20 bis 7 Uhr aufgehoben. «Es war längst fällig, in zahlreichen Friedhöfen der Stadt die nicht mehr gültigen Beschriftungen der Öffnungszeiten zu entfernen», sagt Dayana Mordasini, Delegierte für Quartiersicherheit im Sicherheitsdepartement der Stadt Zürich. «Wir hatten dem Quartierverein im Übrigen gesagt, dass auch im Friedhof Sihlfeld die Signaletik angepasst wird.» Die Anpassung der Signaletik bestätigt auch Rolf Steinmann, Leiter Bestattungs- und Friedhofamt. «Die Besuchenden sollen sich in Zukunft einfacher auf dem 40 Fussballfelder grossen Friedhof zurechtfinden können. Die Signaletik soll sich für ein bis zwei Jahre auf dem Friedhof Sihlfeld bewähren. Danach sollen die weiteren städtischen Friedhöfe nach dem gleichen Konzept damit ausgestattet werden.»

Den Friedhof verkleinern?

Die Friedhöfe in der Stadt Zürich waren auch in der Debatte um den neuen kommunalen Siedlungsrichtplan ein Thema im Gemeinderat. Der Richtplan definiert in der Vorlage des Stadtrats Friedhöfe als «Freiräume mit besonderer Erholungsfunktion». Eine Minderheit aus SVP und Grünen wollte diesen Passus aus dem Plan streichen. Die «letzte Bastion der Ruhe» dürfe nicht geopfert werden. Es gehe nicht an, die Toten «zwischen Grill und Pingpong-Tisch begraben» zu müssen, meinte in einer Wortmeldung etwa Gemeinderätin Gabriele Kisker von den Grünen. Die Mehrheit im Gemeinderat folgte allerdings der Vorlage des Stadtrats. Urs Rauber empfindet die Vermischung von Freiraum und Friedhof als Fehler. Wenn schon solle man den Friedhof Sihlfeld vor dem Hintergrund des «Gräberschwunds» in der Stadt Zürich verkleinern, findet er. Tatsächlich hat die Zahl der Gräber in den letzten 20 Jahren stetig abgenommen. «Die so ungenutzte Fläche könnte man von den Gräbern abtrennen und zu einer Parkanlage umfunktionieren», schlägt Rauber vor. «So wären beide Anliegen erfüllt: die Würde der Toten im Friedhof einerseits, und das Erholungsbedürfnis im zusätzlichen Park andererseits.»

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