mobile Navigation

News

Betrunkene schlafen in der pinkfarbenen Zelle der Zürcher Ausnüchterungs- und Betreuungsstelle (ZAB) ihren Rausch aus. Fachleute vertreten die Meinung, dass die liebliche Farbe wesentlich zur Beruhigung beitrage.Bild: Nicolas Y. Aebi

Ernüchterung im "Hotel Suff"

Von: Ginger Hebel

28. Juni 2019

Wer betrunken oder im Drogenrausch randaliert, wird von der Polizei in Gewahrsam genommen und in die Zürcher Ausnüchterungs- und Betreuungsstelle (ZAB) gebracht. 2018 landeten 912 Personen im «Hotel Suff», 39 Personen mehr als im Vorjahr. Doch: die Zellen sind oft schlecht ausgelastet. An Montagen waren durchschnittlich 1,1 Personen in der ZAB, an Samstagen und Sonntagen je 3,6 Personen. «Es macht keinen Sinn, für durchschnittlich 1,1 Klientinnen und Klienten an einem Montagabend vier Personen während 14 Stunden zu beschäftigen», sagt Grüne-Gemeinderat Luca Maggi.

Mit seiner Meinung steht er nicht alleine da. Fraktionen von FDP, SVP, Grünen und AL wollen nicht mehr länger zusehen. Sie haben im Gemeinderat eine Motion eingereicht, welche die Öffnungszeiten auf das Wochenende (Donnerstag ab Mitternacht bis Sonntagmittag) beschränken will. Dadurch könnte rund die Hälfte der Kosten (1,2 Millionen Franken pro Jahr) eingespart werden. «Die sehr tiefen Fallzahlen von Montag bis Donnerstag und der hohe Aufwand der ZAB verlangen, dass der 365-Tage-Betrieb kritisch hinterfragt wird. Dies wollen wir mit der Motion anstossen», sagt FDP-Fraktionspräsident Michael Schmid.
Die ZAB sei von Anfang an defizitär gewesen. «Wenn Personen vorsätzlich und grob fahrlässig handeln, soll nicht die Allgemeinheit dafür bezahlen. Mit der Reduzierung der Öffnungszeiten wird das Defizit reduziert», betont SVP-Gemeinderat Roger Bartholdi.

Gegen Willen eingesperrt

2010 wurde die Ausnüchterungszelle der Regionalwache City in Betrieb genommen, zunächst als Pilotprojekt, mit dem Ziel, Sanität und Notfallaufnahmen in den Spitälern zu entlasten. Weil die Betrunkenen in den Ausnüchterungszellen medizinisch betreut werden und unter permanenter sicherheitstechnischer Aufsicht stehen, sind die Gebühren entsprechend hoch. Sie betragen je nach Aufenthalt zwischen 450 und 600 Franken. Die eingelieferten Personen müssten dafür aufkommen, doch jeder Dritte zahlt die Gebühr nicht. Die ungenügende Zahlungsmoral sei ein weiterer Grund für das Defizit.

Die Grünen und die AL haben die ZAB schon immer bekämpft. «Meiner Meinung nach ist es ein nicht rechtmässiger Eingriff. Die Personen werden gegen ihren Willen eingesperrt, ohne dass sie sich strafbar gemacht haben», sagt Grüne-Gemeinderat Luca Maggi.

Der Stadtrat zeigt sich bereit, die Motion als Postulat entgegen zu nehmen. Aus diesem Grund kann die Stadtpolizei aktuell keine Stellung beziehen.

Wie ist Ihre Meinung zum Thema?
echo@tagblattzuerich.ch

 

 

zurück zu News

Artikel bewerten

Gefällt mir ·  
Noch nicht bewertet.

Leserkommentare

Keine Kommentare