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Urs Wehrle führt mit seinem Sohn Louis das Braut- und Festmodegeschäft Liluca am Werdmühleplatz. Sie sind erleichert, dass ihr Gesuch um Härtefallhilfe doch noch aufgefunden wurde, nachdem es Probleme beim Übermitteln gab. Bild: PD

Härtefall-Chaos abgewendet

Von: Ginger Hebel

16. März 2021

Bürokratie: Urs Wehrle kämpft um seine Existenz. Im Februar hatte der Brautausstatter wie tausende Unternehmer ein Gesuch um Härtefallhilfe eingereicht. Er konnte das Formular jedoch nicht online übermitteln; trotz mehrmaliger Versuche. So verpasste er die Eingabefrist. Jetzt nimmt sein Fall eine ungeahnte Wende: Sein Gesuch wurde letztlich aufgefunden und akzeptiert. Nachdem das «Tagblatt» darüber berichtet hatte. 

Die Aufregung der letzten Tage steckt ihm noch immer in den Knochen. Urs Wehrle führt mit seinem Sohn Louis das Braut- und Festmodegeschäft Liluca mit Filialen am Zürcher Werdmühleplatz und in St. Gallen. Die Hochzeitsbranche leidet stark unter der Krise («Tagblatt» vom 3. März). Urs Wehrle verliert seine umsatzstärksten Monate, schon letztes Jahr hatte er kaum Einnahmen. Den Corona-Überbrückungskredit über 160 000 Franken vom Bund muss er innert fünf Jahren zurückzahlen.

Ersehnte Hilfe blieb aus

In aufwendiger Kleinarbeit hatte er die verlangten Dokumente zusammengetragen, damit er ein Gesuch um Härtefallhilfe im Rahmen des Härtefallprogramms des Kantons Zürich stellen konnte. Am Sonntag, 21. Februar, wollte er das Härtefall-Formular für sein Geschäft in Zürich (7 Angestellte) übermitteln. Sein Sohn und er versuchten es einen ganzen Nachmittag lang. «Es funktionierte nicht. Auch das Speichern des Formulars war nicht möglich. Wir mussten verschiedene Male die gleichen Daten eingeben», schildert Urs Wehrle den Ablauf.

Als das Gesuch nach einer Wartezeit von 30 Minuten noch immer nicht übermittelt war, meldete er sich um 16.51 Uhr per E-Mail bei der Corona-Info-Hotline der Finanzdirektion Kanton Zürich (eine Telefon-Nummer zur Kontaktaufnahme war nicht angegeben). Wehrle erhielt keine Antwort von der Finanzdirektion. Die Gesuchszusammenfassung konnte er ausdrucken, unterschreiben und hochladen. «Das Senden hatte aber nicht geklappt. Wir gingen davon aus, dass das IT-System überlastet war», sagt Wehrle. Er versuchte es am selben Tag erneut – erfolglos.

Um 21.15 Uhr schrieb er eine weitere E-Mail und machte auf sein Problem bei der Übermittlung aufmerksam. Es ärgerte ihn, dass er wiederum keine Rückmeldung erhielt. «Die Eingabefrist für die Einreichung des Formulars wurde auf diesen Sonntag, 21. Februar, gelegt. Da darf man doch annehmen, dass auch der E-Mail- Account betreut wird. Ich fühlte mich ausgeliefert.» Sechs Stunden nach seiner ersten E-Mail-Anfrage kam um 23.16 Uhr eine Antwort der «Corona Mailcenter Finanzdirektion». Darin wurde geschrieben, dass die betreffende Seite haertefallgesuch.zh.ch normal funktionieren sollte. Zu dieser Zeit, nachts, war Urs Wehrle nicht mehr online. «Ich las die E-Mail am nächsten Morgen und versuchte es erneut. Doch da war es zu spät, die Antragsseite war verschwunden.»

Er meldete sich wieder per E-Mail. Daraufhin wurde ihm geschrieben, dass kein Gesuch eingereicht worden sei. In seiner Ohnmacht verfasste er am 22. Februar ein Einschreiben an die Finanzverwaltung Kanton Zürich Härtefallhilfe 2. Er wollte mit einem Anwalt die Prüfung seines Gesuchs erstreiten. Schliesslich geht es um viel Geld. In seinem Fall um Härtefallhilfe bis zu 300  000 Franken. «Es kann nicht sein, dass man für technische Unzulänglichkeiten bestraft wird», findet Urs Wehrle.

Die Finanzdirektion Kanton Zürich möchte den Vorwurf der IT-Überlastung nicht auf sich sitzen lassen. Der Kommunikationsbeauftragte Roger Keller meldete sich schriftlich beim «Tagblatt». «Das System war jederzeit voll funktionsfähig, selbst am Anfang der Eingabeperiode, als innert kürzester Zeit eine sehr grosse Zahl von Gesuchen hochgeladen wurde. Von einer IT-Überlastung kann auf jeden Fall keine Rede sein», betont er. Er weist in seinem Schreiben zudem darauf hin, dass gegen Ende der Anmeldefrist vergleichsweise nur noch sehr wenige Gesuche hochgeladen worden seien. Die Finanzdirektion Kanton Zürich hätte jedoch von Anfang an kommuniziert, dass zuerst eingereichte Gesuche auch zuerst bearbeitet würden. Dann die grosse Überraschung: Am Mittwoch, 3. März, erhielt Wehrle von der Finanzdirektion Kanton Zürich eine E-Mail. «Mein Gesuch, das anscheinend nie übermittelt worden ist, wurde doch noch gefunden», freut er sich.

Die Finanzdirektion liess im Schreiben ans «Tagblatt» verlauten, dass Wehrles Gesuch aus Kulanzgründen nach Ablauf der Frist trotzdem noch entgegengenommen worden sei. Urs Wehrle: «Ich erhielt die E-Mail mit der Empfangsbestätigung erst nach Erscheinen des Berichts im «Tagblatt», am 3. März um 17 Uhr. Kulanz gibt es leider oft erst auf öffentlichen Druck», ist er überzeugt. Er ist aber froh, dass er zu allen anderen Problemen nicht auch noch prozessieren muss. Der Entscheid über sein Gesuch werde ihm per eingeschriebenem Brief mitgeteilt. Die Auszahlung der bewilligten Gesuche solle so schnell wie möglich erfolgen.

www.zh.ch/haertefall

Was ist Ihre Meinung zum Thema? echo@tagblattzuerich.ch

 

 

 

 

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