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Das besetzte Haus im Herzen von Witikon ist für den Quartierverein eine «sinnvolle Zwischennutzung». (Bild: JS)

Hausbesetzer stossen nach Witikon vor

Von: Jan Strobel

05. Mai 2021

Mitten im Zentrum des Witiker Unterdorfs hat die Gruppe «Familie Keks» die Liegenschaft an der Witikonerstrasse 400 besetzt. In dem Haus befand sich früher das Restaurant Suan Long. Es soll einem Neubau weichen.

Für Zürich-Witikon, dessen Quartierleben durch das Beizensterben der letzten Jahre arg gebeutelt wurde, klang die Ankündigung auf den ersten Blick fast schon wie ein Silberstreifen am Horizont: «Wir wissen noch nicht, ob die Küche gutbürgerlich oder asiatisch wird. Wir können beides. Auf jeden Fall fordern wir Glückskekse für alle». Verfasst hatte die Mitteilung eine «Familie Keks». Die Glückskekse bezogen sich auf einen ganz bestimmten Ort: das längst geschlossene asiatische Restaurant Suan Long an der Witikonerstrasse 400, im Herzen des Witiker Unterdorfs.

Wohlwollen im Quartier

Bei der «Familie Keks» indessen handelt es sich nicht etwa um Gastronomen, welche der prominenten Liegenschaft und Witikon wieder kulinarisches Leben einhauchen möchten; ihre Mitglieder besetzten am 26. März das Haus im Quartierzentrum, das seit fünf Jahren leer steht. Die Hausbesetzer begründen ihre Aktion mit der Wohnungsnot in Zürich und den «horrenden Mietpreisen», die es ihrer Meinung nach unmöglich machen würden, günstigen Lebens- und Wohnraum zu finden. «Wir wünschen uns eine bunte und lebendige Stadt, in der jeder und jede seinen Platz hat», heisst es in einer Erklärung. An der Witikonerstrasse 400 möchten sie einen Ort schaffen, «an dem kein Konsumzwang herrscht und kreative Ideen autonom umgesetzt werden können». Das Gebäude, 1933 auf dem Gelände des ehemaligen Feuerwehrweihers als Restaurant Neue Post errichtet, wurde bereits vor einigen Jahren aus dem Inventar der kunst- und kulturhistorischen Schutzobjekte von kommunaler Bedeutung entlassen. Es soll durch einen Neubau der Architektin Tilla Theus mit Wohnungen und Büroräumen ersetzt werden.

Dass sich jetzt Hausbesetzer im Herzen von Witikon eingerichtet haben, stört zumindest den Quartierverein nicht. «Solche Zwischennutzungen halte ich grundsätzlich für sinnvoll», sagt Balz Bürgisser, Präsident des Quartiervereins Witikon. Das Haus sei für das Quartier ohnehin kulturhistorisch weniger wertvoll als das gegenüberliegende «Witiker-Huus» mit dem Gemeinschaftszentrum, das einer Arealüberbauung weichen soll. «Solange sich die Hausbesetzer an die Regeln des Zusammenlebens im Quartier halten, sehe ich kein Problem.» Klagen aus der Bevölkerung habe es bisher keine gegeben, so Bürgisser. «Festzuhalten ist, dass Hausbesetzer jetzt offenbar auch das abgelegene Zürich-Witikon für sich entdeckt haben.»

Immerhin: Kulinarisch hat das besetzte Haus durchaus etwas zu bieten. In einer selbstorganisierten Einmachküche werden Konfitüren, Sugos oder Sirups hergestellt und für einen freiwilligen «Batzen» angeboten.

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