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Legen Wert auf Qualität: Arthur Varnholt (l.) und Nathanael Stäheli. (Bild: PD)

Im Schiffbau braut sich was zusammen

Von: Christian Saggese

23. März 2021

Mitten in der Pandemie gründete der erst 17-jährige Arthur Varnholt, gemeinsam mit Nathanael Stäheli (21), die Brauerei «Schiffbrau». Deren Geburtsort ist, wie es der Name verrät, eine Wohnung im Schiffbau. 

Viele Jugendliche feiern ihren 16. Geburtstag mit Billigbier aus dem Discounter. Nicht so Arthur Varnholt. Der junge Informatikstudent ist ein richtiger Bierfeinschmecker. «Ab und an liegt ein normales Lager drin, doch mein Herz schlägt eigentlich für innovative Craft-Biere», sagt der 17-jährige Zürcher, der bei seinen Eltern in einer Wohnung im Schiffbau lebt. Und dort, in der Küche, begann vor gut einem Jahr eine Erfolgsgeschichte inmitten der Pandemie. Denn Arthur Varnholt ist, trotz seines jungen Alters, bereits Chef seiner eigenen Brauerei. Passend zur Lokalität, und abgesegnet von allen Rechteinhabern, wurde sie «Schiffbrau» genannt.

Drei Sorten sind mittlerweile unter diesem Namen online erhältlich, vor dem Lockdown standen die Biere auch auf der Karte der Schiffbau-Bar. Und sechs weitere Restaurants hätten laut Varnholt ebenfalls Interesse bekundet, dieses neue Zürcher Getränk in ihr Sortiment aufnehmen zu wollen. «Die Nachfrage steigt stetig.»

Doch der Reihe nach. Es war kurz nach seinem 16. Geburtstag, als Arthur Varnholt der Ehrgeiz packte: Er wollte ein eigenes Bier herstellen. «Ich habe Stunden im Internet damit verbracht, mehr über die Kunst des Bierbrauens zu lernen, und brachte mir das Handwerk selbst bei.» Eines Tages war es so weit. Er schnappte sich einen Einkochtopf, Hopfen und Malz sowie weitere Utensilien. Sein Wunsch war es, ein obergäriges Bier im englischen Stil zu brauen. «Die ganze Wohnung hatte damals ein angenehmes Bieraroma», denkt er grinsend zurück, «nicht immer zur Freude meiner Mutter». Doch seine Vision wurde Wirklichkeit. Ein Teil des verwendeten Hopfens wurde während des Lockdowns übrigens im sonnigen Innenhof des Schiffbaus gezüchtet, von den Schauspielern des dort arbeitenden Schauspielhaus-Ensembles. Sie stellten es dem Jungunternehmer freundlicherweise zur Verfügung.

Eher zufällig lernte Arthur Varnholt während dieser experimentierfreudigen Zeit seinen künftigen Geschäftspartner kennen. Varnholt, politisch aktiv, suchte über WhatsApp nach Unterstützung für eine Kundgebung. Der Einzige, der sich meldete, war der 21-jährige Nathanael Stäheli aus Neu-Affoltern. Aus der politischen Aktion wurde dann zwar nichts, doch eine Freundschaft und vor allem auch eine geschäftliche Beziehung begann: «Nathanael mochte mein Bier und war der Ansicht, dass sich dieses sicher auch verkaufen lässt. Die Idee liess uns nicht los und wir entschlossen uns, eine Brauerei aus dem Boden zu stampfen.»

30 000 Franken investiert
Gesagt, getan. Rund 30 000 Franken haben die beiden Zürcher in die Gründung von Schiffbrau investiert. Sie griffen hierfür auf ihr Privatvermögen zu, nahmen aber auch Darlehen im privaten Umfeld auf. «Seit der Gründung wird jeder eingenommene Rappen zur Schuldentilgung genutzt sowie für die Weiterentwicklung in die Firma reinvestiert», sagt Varnholt.

Natürlich lässt sich in einer Küche schlecht eine grössere Produktionsstätte aufziehen. Sie mieteten sich daher eine gerade einmal 37 m² grosse Halle im Aathal. Zudem musste eine Bierbrauanlage angeschafft werden. «Wir wussten, dass wir uns die qualitativ hervorragenden Kessel aus Deutschland nicht leisten können, wollten aber auch nicht auf die minderwertigeren China-Produkte ausweichen», sagt Nathanael Stäheli. «Deswegen haben wir uns für den Mittelweg entschieden und eine Anlage aus Italien importiert.»

Mit fast zweimonatiger Verspätung wurde sie geliefert. Und so kann seit dem letzten Oktober wöchentlich bis zu 200 Liter Schiffbrau produziert werden. Die Malz-Braurückstände werden übrigens jeweils einem Bauern gegeben, der mit dem wertvollen Rohstoff seine Kühe füttert. «Wir versuchen, Lebensmittelverschwendung bestmöglich zu vermeiden», so die beiden, auch wenn sie zugeben müssen, dass beim Experimentieren «doch schon einige hundert Liter Bier weggeschüttet werden mussten».

Keine Bierversuche

Aktuell umfasst das Schiffbrau-Sortiment drei Biere. Das «Bitter» im englischen Stil basiert auf dem ersten Rezept von Varnholt. Für die anderen beiden Rezepte liessen sie sich von ihrem Umfeld inspirieren, schliesslich ist der Kunde ja immer König, wissen die geschäftstüchtigen Jungunternehmer. «Wir hörten immer wieder, dass die Leute gerne ein lokales Altbier hätten. So entstand unser Captain’s Favorite, ein dunkles, obergäriges Bier mit einer angenehm bitteren Note.» Ebenso wurde eine Neu-Interpretation eines «Kölsch» in Angriff genommen, diese hört auf den Namen Goldschatz. «Uns ist es übrigens wichtig, unser Bier rein zu halten. Daher verzichten wir auf geschmacksstabilisierende oder haltbarkeitsverlängernde Massnahmen, da diese auf Kosten des Geschmacks gehen», so die beiden.
Das Motto der Firma lautet «Keine Bierversuche!», ein Slogan, der international auch von anderen kleineren Brauereien verwendet wird. Welche Bedeutung hat der Spruch aber für Arthur Varnholt? «Ein Bier ist ein Bier und kein Mischgetränk!», antwortet er ohne zu zögern und fährt sarkastisch fort: «Radler beispielsweise ist für mich Bierquälerei. Ein Verstoss gegen das Reinheitsgebot! So etwas kommt bei uns nicht ins Haus».

Weitere Infos: www.schiffbrau.ch

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