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Luftseilbahnen gehören zum Beispiel in der bolivianischen Hauptstadt La Paz zur urbanen Mobilität. In der Stadt Zürich blieben entsprechende Projekte und Ideen bisher erfolglos. Bild: PD

Luftige Pläne mit Gegenwind

Von: Jan Strobel

10. März 2021

Die Stadt Zürich ist in Sachen öffentlicher Verkehr weltweit spitze. Doch ein Verkehrsmittel hat es hier besonders schwer, sich durchzusetzen: die urbane Luftseilbahn.

Sanft steigt das «Aerial Tram» mit seinen stromlinienförmigen, silbernen Gondeln den Hügel zur Universität hinauf, wo sie schliesslich die Pendler auf den Campus der Oregon Health & Science University entlässt.

Diese urbane Luftseilbahn mit einer Länge von einem Kilometer gehört in der US-amerikanischen Stadt Portland bereits seit 2006 zum ergänzenden Angebot des öffentlichen Verkehrs. Täglich nutzen bis zu 10 000 Pendler das Angebot. Luftseilbahnen gehören auch in der kolumbianischen Metropole Medellin zum Stadtbild, ebenso in der bolivianischen Hauptstadt La Paz. Mit einer urbanen Luftseilbahn möchte schliesslich auch Albany, die Hauptstadt des US-Bundesstaats New York, das öffentliche Verkehrsnetz ergänzen. Die Bahn soll den Bahnhof mit dem Stadtzentrum auf der anderen Seite des Hudson River verbinden.

In der Stadt Zürich, die in Sachen ÖV-Netz und effizienten Verkehrsangeboten weltweit zu den Spitzenreitern gehört, haben Konzepte und Visionen von urbanen Luftseilbahnen bekanntlich einen schweren Stand, auch wenn die hügelige Topographie sich auf den ersten Blick dafür eigentlich anbieten würde.

Entlastung für Busse?

Und tatsächlich werden immer wieder Ideen ins Spiel gebracht. Die aktuellste skizzierte der grünliberale Raum- und Verkehrsplaner Matthias Peter auf Twitter. Er schlägt eine urbane Seilbahn zwischen Hardbrücke, Bucheggplatz und Milchbuck als Alternative zum Rosengartentram vor. Im Februar 2020 hatten die kantonalen Stimmberechtigten das Rosengarten-Projekt, das auch zwei neue Tramlinien vorgesehen hätte, überraschend deutlich bachab geschickt.

Eine Luftseilbahn auf diesem Abschnitt, ist Matthias Peter überzeugt, sei energieeffizienter, kostengünstiger und habe keinen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit der Strasse. Zudem könnten, so Peter auf Twitter, die bestehenden, chronisch überlasteten Buslinien entlastet werden. Die Seilbahn zwischen Hardturm und Milchbuck «wäre zum Beispiel ideal für Studenten, welche am Campus Irchel studieren und westlich vom Stadtzentrum wohnen.

Zwischen Bahnhof Altstetten und ETH Hönggerberg hätte eine Seilbahn ebenfalls Potential», umreisst Matthias Peter die Vision. Zumindest eine Luftseilbahn zwischen Bahnhof Altstetten und ETH Hönggerberg war bereits 2016 im Rahmen der Ausarbeitung des regionalen Richtplans auf der politischen Ebene diskutiert worden.

Im Gemeinderat stiess diese Seilbahn-Idee auf Zustimmung. Der Regierungsrat als oberste Bewilligungsbehörde indessen stellte sich gegen den Gemeinderat und strich die Seilbahn-Projekte wieder aus dem Richtplan. Begründet wurde dies mit der fehlenden Abklärung der Wirtschaftlichkeit und der Nachfrage.

Einer, der sich im Stadtparlament dennoch für das Projekt starkmachte, war Michael Baumer, der heutige Vorsteher der Industriellen Betriebe. 2017 reichte der damalige FDP-Gemeinderat Baumer eine Motion ein, in welcher der Stadtrat beauftragt wurde, dem Gemeinderat einen Projektierungskredit für die Erarbeitung der nötigen Grundlagen für eine Anbindung der ETH Hönggerberg mittels Seilbahn vorzulegen.

Eine Mehrheit im Gemeinderat überwies die Motion schliesslich als Postulat an den Stadtrat. Der damalige Vorsteher der Industriellen Betriebe Andres Türler lehnte 2018 die Idee einer Seilbahn zur ETH Hönggerberg ab. Die Hochschule sei bereits gut mit Bussen erschlossen. Ein Problem sah Türler auch in den Überfahrtsrechten für die Häuser, über welche eine solche Seilbahn verkehren würde.

Auch Stadtrat Michael Baumer beurteilt die Machbarkeit und den Nutzen einer Seilbahn zur ETH Hönggerberg heute eher skeptisch. «Es stellen sich Fragen zur Kapazität, zum Netznutzen und zum Städtebau, und die Idee steht auch in Konkurrenz zu anderen Ausbauideen, die mehr Nutzen bringen», so Michael Baumer. Im Geschäftsbericht der Stadt Zürich 2020 wurde erneut die Abschreibung des damaligen Postulats beantragt. Eine Seilbahn würde den Busverkehr konkurrenzieren und nur in sehr begrenztem Umfang eine Entlastung bringen. Durch die geplante Umstellung auf Trolleybusbetrieb würden zudem die Voraussetzungen geschaffen, um auf den Buslinien 69 und 80 zukünftige Doppelgelenkfahrzeuge einsetzen zu können. Somit könnten auch längerfristig die zu erwartende Nachfrageentwicklung am ETH-Campus vom Busverkehr aufgenommen werden.

Zähe Prozesse
Für emotionalen Zündstoff sorgten und sorgen aber ohnehin andere Seilbahnprojekte in der Stadt Zürich. Bereits seit 2007 verfolgt der Zoo Zürich sein Seilbahnprojekt zwischen Bahnhof Stettbach und Masoala-Halle auf dem Zürichberg. Die Bahn, geht es nach dem Zoo, soll Verkehrsprobleme insbesondere für Anwohner lösen und als zusätzliches Verkehrsmittel für die Besucher dienen. Doch Widerstand entbrannte vor allem von Seiten der Anwohner des Projekts als auch von der Stadt Dübendorf als mögliche Standortgemeinde. Eine Zoo-Seilbahn, argumentieren sie, würde das Verkehrsaufkommen noch vergrössern; zudem sei der Eingriff in die Landschaft mit bis zu 60 Meter hohen Stützen und Waldrodungen nicht gerechtfertigt. Die weitere Ausarbeitung des Projekts steckt fest. Zwar hat das Baurekursgericht die Einwendungen gegen das Vorhaben abgewiesen; das Verfahren liegt nun allerdings in zweiter Instanz vor dem Verwaltungsgericht. Ob ein Entscheid noch vor Ende dieses Jahres gefällt wird, ist offen.

Auch bei der ZKB-Seilbahn über das Seebecken kommt derzeit immer weniger Fahrt auf, je mehr sich die Prozesse in die Länge ziehen. Ob die «Züri-Bahn», deren Betriebsstart eigentlich zum 150-Jahr-Jubiläum der ZKB 2020 geplant gewesen war, überhaupt jemals realisiert wird, ist unklarer denn je. Eine Prognose für einen Baubeginn und eine Inbetriebnahme ist nicht möglich. Das Verfahren ist derzeit am Verwaltungsgericht immer noch hängig. Das Baurekursgericht hatte 2019 den Gegnern einer «Züri-Bahn» Recht gegeben und den Gestaltungsplan aufgehoben.

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