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Zürich ist auch eine Waldstadt: Rund ein Viertel der gesamten Stadtfläche besteht aus Wald. Nun erhält die Stadt zum 100-Jahr-Jubiläum des Verbandes der Zürcher Waldbesitzer auf dem Hönggerberg ein 150 Hektaren grosses Waldlabor, das Lern-, Erlebnis- und Forschungsort sein wird. Bild: hikr.org/SCM

Mit Eichen in die Zukunft

Von: Isabella Seemann

19. Februar 2019

Zum 100-Jahr-Jubiläum des Verbandes der Waldeigentümer Wald Zürich entsteht auf dem Hönggerberg das landesweit erste Waldlabor als ein Erlebnis-, Lern- und Forschungsort.

Wer vom Wald lebt, erntet, was Generationen vor ihm pflanzten. Und er sät, in Verantwortung für spätere Generationen, was er nie ernten wird. So ist es durchaus schlüssig, dass Wald Zürich, der Verband der Waldeigentümer des Kantons Zürich, zu seinem 100-Jahr-Jubiläum ein Jahrhundertprojekt lanciert. Auf dem Hönggerberg entsteht das landesweit erste Waldlabor, im Zeichen der Nachhaltigkeit ausgerichtet auf die nächsten 100 Jahre. Der Startschuss erfolgt am 27. Februar mit der Gründung des Trägervereins, im Juni findet bereits der Eröffnungs­anlass statt – und es wird schon einiges zu sehen geben. 

Wie eine Swissminiatur
Die Fläche erstreckt sich über 150 Hektaren, was etwa 250 Fussball­feldern entspricht. Sinn und Zweck gehen aber weit über einen Waldlehrpfad hinaus. Felix Keller, Geschäftsführer von Wald Zürich, stellt sich das Waldlabor als eine Art Swissminiatur vor, nur viel grösser. «Das Waldlabor soll die unentbehrlichen Leistungen der Waldeigentümer für die Gesellschaft aufzeigen», sagt er, und zählt diese auch gleich auf: die Pflege und die Bewirtschaftung des Waldes, ebenso die Produktion des Holzes, aber auch der ­Natur-, Arten- und Klimaschutz. «Aktuell ist der Zürcher Wald auch für das Klima der Stadt Zürich von grosser Bedeutung», erklärt Forst­ingenieur Felix Keller. «In heissen Sommern kühlen die Wälder, insbesondere jene an Hanglagen, auch die Stadt ab.» Zudem stellen die Waldeigentümer der Bevölkerung den Wald auch als naturnahen Erholungsraum zur Verfügung. Was viele nicht wissen: Der Zürcher Wald gehört nicht nur Stadt und Kanton Zürich, sondern er ist auf Stadtgebiet zu 30 Prozent und auf Kantonsgebiet zu rund der Hälfte in privater Hand. 

Das Waldlabor wird – die Nähe zum ETH-Campus Hönggerberg ist nicht zufällig – auch eine Schnittstelle zwischen Forschung und forstlicher Praxis. Die Waldbesucher sollen die Waldentwicklungen mitverfolgen und die Bewirtschaftungsprozesse verstehen können. Just der aktuelle Widerstand der städtischen Bevölkerung gegen das vermeintliche «Waldmassaker» auf dem Uetliberg, wo über 2000 Bäume gefällt werden, damit der Wald seine Schutzfunktion aufrechterhalten kann, zeigt, wie wichtig es ist, sich mit allen Facetten des Waldes auseinanderzusetzen und Kenntnis über die ökologischen Leistungen verantwortungsvoller Waldwirtschaft zu erlangen. Waldliebhaber werden dereinst auch durch ein Arboretum wandeln können mit 250 verschiedenen mitteleuropäischen Baum- und Straucharten. Ausprobieren, Beobachten, Erleben, Forschen und Lernen lautet die Devise, und das an 365 Tagen im Jahr. 

Die Geschichte von Wald Zürich, der 1919 unter dem Namen Holzproduzentenverband gegründet wurde, spiegelt auch die Bedeutung des Waldes für die Gesellschaft. Vor 100 Jahren diente der Wald vorwiegend als Produzent für Bau- und Brennholz. Die Waldfläche war in etwa gleich gross wie heute, doch der Baumbestand war spärlich und sehr jung. Am Boden blieb kein Hölzchen liegen und kein Laub. Ersteres nutzte man fürs Feuer und das sogenannte Bettlaub zum Stopfen von Leinensäcken, die als Matratzen dienten. «Heute sind die Zürcher Wälder älter, laubholzreicher und naturnaher als vor 100 Jahren», erklärt Felix Keller. «In Zürich sind Holznutzung und Naturschutz keine Gegensätze, sondern ergänzen sich hervorragend.» Schliesslich werde nun schon seit Jahrzehnten eine nachhaltige und naturnahe Waldwirtschaft praktiziert. 

Der Klimawandel eröffnet dem Zürcher Wald Gefahren und Chancen und wird sein Aussehen erneut ändern. Möglicherweise wird sich der heutige Buchenwald zu einem Wald mit Weisstannen, Kastanien und vor allem Eichen entwickeln. «Die Eiche ist der Baum der Zukunft», ist Felix Keller überzeugt, denn der knorrige Baum kommt mit Wärme und Trockenheit gut zurecht. Als Symbol schenkt Wald Zürich all ihren 330 Mitgliedern eine junge Zürcher Eiche, die im Rahmen von lokalen Anlässen gepflanzt wird. Ein Blickfang am Sechseläuten­umzug werden die vier geschnitzten Stämme mächtiger Eichen auf einem grossen Pferdegespann sein, wenn Zürichs Waldbesitzer in den Reihen der Zunft zur Zimmerleuten auftreten. 

Weitere Informationen:
www.100waldzuerich.ch

Züri-Wald in Zahlen

Rund ein Viertel der gesamten Stadtfläche, genauer 2228,6 Hektaren (ha), besteht aus Wald. Das macht pro Einwohner rund 57 Quadratmeter Wald. 1420 ha (63 Prozent) des Waldes auf Stadtgebiet gehören der Stadt selbst, 172 ha (8 Prozent) dem Kanton, 443 ha (20 Prozent) verschiedenen Waldkooperationen und 195 ha (9 Prozent) privaten Waldeigentümern. 13 500 Kubikmeter Holz werden auf diesen Flächen jedes Jahr geschlagen, und 9,5 Kubikmeter wachsen pro Jahr und Hektare nach – darunter auch 5000 Weihnachtsbäume.

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