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Auch für selbständige Taxifahrer gilt die Wirtschafts- und Gewerbefreiheit. Jeder Anbieter kann selber entscheiden, ob er nur Bargeld oder auch Kreditkartenzahlungen akzeptieren möchte. Bild: iStock/Lorraine Boogich

Mit Karte gehts nicht weiter

Von: Jan Strobel

22. Oktober 2021

Wer in Zürich spontan ein Taxi herbeiruft und die Fahrt mit Kreditkarte bezahlen möchte, muss immer wieder mit einer Abweisung rechnen. Das Problem ist auch den Taxiverbänden bekannt. 

Was sich bei «Tagblatt»-Leser Mirko Reisigl an diesem frühen Samstagmorgen gegen  2 Uhr breit machte, war ein Gefühl des Ärgers und der Konsternation. Nach einer Feier bei Freunden wollte er am Goldbrunnenplatz ein Taxi nehmen, um sich nach Zürich-Altstetten fahren zu lassen. «Ein Taxifahrer nach dem anderen wies mich ab, obwohl die Fahrzeuge frei waren. Ich konnte es nicht fassen», erzählt er. «Erst beim fünften Anlauf klappte es schliesslich.» Sein Pech: Mirko Reisigl hatte kein Bargeld dabei, sondern nur seine Kreditkarte. «Die Taxifahrer akzeptierten keine Kartenzahlung und fuhren einfach davon.» Diese Verweigerung ist für Reisigl nur schwer verständlich. Die Haltung sei nicht nur absolut unzeitgemäss und nicht kundenfreundlich, sondern auch peinlich für eine Stadt wie Zürich. Es sei angesichts dessen nicht verwunderlich, wenn potentielle Kunden lieber auf Uber ausweichen würden, empört sich Mirko Reisigl. 

Landtaxis als Problem
Das Problem ist Rudolf Raemy bekannt. «Es verärgert Kunden schon seit Jahren», sagt er. Raemy ist Präsident der Taxi Sektion Zürich (TSZ), welche alle Taxilenker mit einer Betriebsbewilligung der Stadt Zürich vertritt. Allerdings gibt Raemy zu bedenken, dass auch in der Taxibranche Wirtschafts- und Gewerbefreiheit gelte. «Jeder Anbieter kann selber entscheiden, ob er nur Bargeld oder auch Kreditkartenzahlungen akzeptieren möchte. Insofern gibt es keine einheitliche Regelung für einen Anbieter.» Doch Raemy präzisiert: «Beide Taxizentralen 7x4 und 7x7 schreiben die Entgegenahme von Kreditkarten vor. Diese Zentralentaxis akzeptieren die Kreditkarte schon seit über 20 Jahren. Bei 7x4 geschieht das heute mit dem Gerät Verifon, das alle Karten akzeptiert. Das ist vor allem bei Flughafenfahrten wichtig. Den nicht an Zentralen angeschlossenen Fahrern steht es jedoch frei, Kreditkartenzahlungen abzulehnen.» Eine Verschärfung der städtischen Taxiverordnung für diesen Belang sollte in Auge gefasst werden, findet Rudolf Raemy.

Den Vorwurf, dass verärgerte Kunden zur Konkurrenz von Uber ausweichen würden, kann der TSZ-Präsident nachvollziehen. «Uber akzeptierte anfangs nur eine hinterlegte Kreditkarte, neu aber auch Bargeld. Bei den Täxelern ist es gerade umgekehrt.» Es sei deshalb keineswegs so, dass die Taxibranche den Zug der Zeit verpassen würde. «Viele 7x4 Gruppenhalter und Einzelfahrer akzeptieren heute auch Apple Pay oder Twint mit einem QR-Code im Auto. Und schliesslich kann der Kunde auch die jeweilige Zentralen-App herunterladen. Bei 7x4 ist es sogar möglich, pro Fahrt zu wählen, ob man über die hinterlegte Kreditkarte zahlt oder immer noch bar.» Schätzungen der TSZ gehen davon aus, dass rund 20 bis 25 Prozent der Zahlungen bei Taxis noch in bar erfolgen. Zu beobachten sei eine stete Zunahme von Zahlungen via Kreditkarten und Twint. Bei Flughafenfahrten betrage der Einsatz sogar fast 100 Prozent.

Auch beim Zürcher Taxiverband  ist das Problem ein Thema. Verbandspräsident George Botonakis stellt klar: «Taxi ist nicht gleich Taxi.» Es gebe unter den rund 1000 Taxifahrern in der Stadt Zürich eine Minderheit von «Einzelkämpfern», also von selbstständigen Fahrern, die sich nicht um Vorschriften oder um  Kundenfreundlichkeit kümmern. «Und es ist genau diese Minderheit von Einzelkämpfern, die den Ruf der Taxibranche und der Kolleginnen und Kollegen schädigen», sagt George Botonakis. Besonders im Blick hat der Taxiverband die Landtaxis, die illegal in der Stadt Zürich auf «Kundenfang» gehen würden und die noch dazu – ganz bewusst – für Kreditkartenzahlung nicht ausgerüstet seien. «Es gibt Fahrer, die nach der Devise arbeiten: Alles, was ich bar im Portemonnaie habe, ist für den Staat nicht erreichbar. Manche sind auch Taglöhner, die einfach Bargeld im Sack haben möchten.»

Verzicht auf Fahrten
Dazu komme ein weiterer Punkt: Gerade bei kurzen Strecken seien manche Fahrer nicht bereit, die Kommissionen zu leisten, welche durch eine Kreditkartenzahlung anfallen. «Sie verzichten dann lieber auf einen solchen Kunden, um zum Beispiel ihren Standplatz nicht zu verlieren. Besonders am Hauptbahnhof kommt das häufig vor», umschreibt Botonakis die Schwierigkeit. Und auch er bestätigt: Eine Weisung an die Branche herauszugeben, welche eine einheitliche Regelung bezüglich der Zahlungsmethoden vorschreiben würde, verbiete die Wirtschafts- und Gewerbefreiheit. Grundsätzlich würden sich Taxifahrer, welche eine Kreditkartenzahlung ausschlagen, ins eigene Fleisch schneiden, ist George Botonakis überzeugt. «Je mehr Zahlungsoptionen jemand anbietet, umso mehr Fahrten liegen schlussendlich drin.»

Als Mirko Reisigl schliesslich mit seiner Kreditkarte in einem Taxi sass, froh, endlich nach Hause kommen zu können, stellte der Fahrer kurz vor dem Ziel dann doch noch die Frage: «Sind Sie sicher, dass Sie kein Bargeld dabei haben?»

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