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Das Zürcher Nachtleben gilt bisher als sicher. Bild: Zürich Tourismus

Nachtleben und Terror

Von: Jan Strobel

10. Januar 2017

Wie gut ist das Zürcher Nachtleben vor Terror geschützt? Clubvertreter warnen vor Panikmache, ein Sicherheitsexperte sieht Probleme.

Der Anschlag auf den Istanbuler Club Reina in der Silvesternacht hat aufs Neue gezeigt, wie sehr das Nachtleben als Angriffsziel in den Fokus insbesondere des jihadistisch motivierten Terrors geraten ist. Seit dem Angriff auf das Pariser Konzertlokal Bataclan 2015 verging kein Jahr, in dem nicht ein Nachtclub Ziel einer Terrorattacke wurde (siehe Box). In einigen Metropolen wurde angesichts dessen der Ruf nach verbesserten Sicherheitskonzepten für Clubs und Bars laut. Als Vorbild wird dabei gerne Tel Aviv herangezogen, wo strenge Sicherheitsmassnahmen längst zum Alltag auch in der Clubszene gehören.

Die Zürcher Clubs halten sich eher bedeckt, wenn es um ihre Sicherheitskonzepte geht. Der Club X-tra an der Limmatstrasse will sein Sicherheitskonzept und Sicherheitsdispositiv nicht öffentlich kommentieren. Daniel Hilfiker, Leiter des Jugendkulturhauses Dynamo, wiederum stellt klar: «Das Dynamo verfügt über ein erprobtes Sicherheitssystem. Wir haben nach den An­schlägen von Paris und jetzt nach Istanbul beschlossen, nichts Grundsätzliches zu verändern.» Hingegen seien alle Sicherheitskräfte sensibilisiert und würden ihre Arbeit gründlich und zuverlässig ausführen. Andere Zürcher Clubs waren für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Einer, der sich intensiv mit Gewalt und Sicherheit im Nachtleben beschäftigt, ist Mohammad Grössbauer, Geschäftsführer der Alpha Team Protection GmbH (ATP Security) in Zürich, eines privaten Sicherheitsunternehmens, das sich unter anderem auch auf Sicherheitsdienstleistungen im Nachtleben spezialisiert hat. In seiner Projektarbeit an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Notfall- und Krisenmanagement, widmete er sich auch der potenziellen Gefahr durch Terrorismus.

Kosten tief halten

In seiner Arbeit kommt Grössbauer unter anderem zum Schluss: Die Einschätzung, wonach die Wahrscheinlichkeit eines Terroranschlags im Bereich von Veranstaltungen tief sei, müsse auch in der Schweiz relativiert werden. Die Veranstalter, ist er überzeugt, müssten ihre Sicherheitskonzepte in Bezug auf die neu und vermehrt auftretenden Gefahren anpassen. «Aber Betriebe», so Grössbauer, «sparen im Bereich der Sicherheit, weil sie die Kosten tief halten wollen, etwa, indem sie zu wenige oder ungenügend qualifizierte und deshalb günstigere Securities verpflichten. Sicherheitsrisiken werden so in Kauf genommen.» Allerdings gehe eine grosse Zahl der Clubbetreiber professionell mit dem Thema Sicherheit um.

Ein Problem sieht der Sicherheitsexperte auch in der hohen Anzahl von Sicherheitsfirmen in der Schweiz. Weil der Markt nicht reguliert sei, gebe es auch viele unseriöse Anbieter. «Das führt immer wieder zu Situationen, in denen Sicherheitsmitarbeiter vor Ort überfordert sind.» Dabei hätten die Clubbetreiber, und nicht nur die Polizei, eine Pflicht, für Sicherheit zu sorgen. Aber auch die Partygänger selber könnten sich ein Bild der Sicherheitslage vor Ort machen, sagt Grössbauer: «Gibt es anwesendes Sicherheitspersonal? Ist dieses im Notfall identifizierbar? Hat es den Überblick, oder wirkt es überlastet?»

Alexander Bücheli von der Bar- und Club-Kommission (BCK) warnt allerdings vor Panikmache. Die BCK vertritt als Verein die Interessen von Kulturunternehmen des Zürcher Nachtlebens, und das, sagt Bücheli, «ist immer noch sehr sicher. Es gibt bis heute keinerlei Anzeichen für eine konkrete Bedrohung. Wir stehen in regelmässigem Kontakt mit der Stadtpolizei, die uns sofort über mögliche Veränderungen in der Sicherheitslage informiert, sodass wir entsprechend handeln könnten.»

Keiner der Zürcher Clubbetreiber, betont Bücheli, setze die Sicherheit der Gäste leichtfertig aufs Spiel. Im Falle einer tatsächlichen Terrorattacke könne aber auch die bestausgebildete Sicherheitsfirma leider nur wenig ausrichten. Dem pflichtet auch Grössbauer bei: «Am Ende gibt es keine hundertprozentige Sicherheit. So gab es Fälle, wo auch die Zutrittskontrolle Schlimmeres nicht verhindern konnte.»

Anschläge auf Nachtklubs

1. Januar 2017: Im Istanbuler Club Reina erschiesst ein IS-Terrorist 39 Menschen.

12. Juni 2016: Im Schwulenclub Pulse in Orlando, USA, erschiesst Omar Mateen 49 Menschen.

13. November 2015: Im Pariser Konzertlokal Bataclan ermorden  IS-Terroristen 89 Menschen.

12. Oktober 2002: Bei zwei islamistischen Bombenanschlägen auf eine Bar und einen Club auf der indonesischen Insel Bali sterben 202 Menschen.

1. Juni 2001: Ein Hamas-Terrorist sprengt sich vor dem Club Dolphinarium in Tel Aviv in die Luft und reisst 21 Menschen in den Tod.

5. April 1986: Ein libysches Terrorkommando zündet im Westberliner Club La Belle eine Bombe. 3 Menschen sterben.

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