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In Zürich ist eine Wiederaufnahme des Nachtnetzes noch nicht vorgesehen. (Bild: ZVV)

Nachtschwärmer müssen warten

Von: Christian Saggese

06. Oktober 2020

Letzten März wurde das ZVV-Nachtnetz coronabedingt eingestellt. Aktuell gibt es keine Pläne, dies zu ändern. Die Jungfreisinnigen und die Bar- und Club Kommission hoffen auf ein Umdenken. 

Als eine von vielen Corona-Schutzmassnahmen wurde letzten März auch das ZVV-Nachtnetz eingestellt. Der Zürcher Regierungsrat wollte so verhindern, dass sich die Partygänger zu stark zwischen den Städten und Kantonen hin- und herbewegen und dadurch die Verbreitung des Virus begünstigen. Auch andere Transportunternehmen in der Schweiz vollzogen diesen Schritt. Kritik an dieser Massnahme gab es kaum, da das Ausgangsleben zu jenem Zeitpunkt sowieso fast inexistent war.

Mittlerweile hat sich die Situation aber geändert. Clubs und Bars sind wieder geöffnet, seit dem 1. Oktober dürfen auch Grossveranstaltungen durchgeführt werden. Zudem gilt im Öffentlichen Verkehr die Maskenpflicht. Das ZVV-Nachtnetz bleibt dennoch bis auf Weiteres eingestellt, bestätigt Regierungssprecher Andreas Melchior auf Anfrage. Eine Wiedereinführung würde derzeit die Wirkung der verschiedenen Massnahmen zur Bekämpfung der Ausbreitung des Coronavirus infrage stellen.


Politischer Druck wächst

In den sozialen Medien äussern viele Partygänger ihren Ärger darüber. Und auch der politische Druck wächst. So fordern die Jungfreisinnigen der Stadt Zürich die sofortige Wiederaufnahme dieses Angebots: «Ohne das Nachtnetz stürmen die Nachtschwärmer alle zur gleichen Zeit den letzten Zug oder Bus, was aus epidemiologischer Sicht äusserst fragwürdig ist», schreibt die FDP-Nachwuchspartei in einer Medienmitteilung. Natürlich könne man auch auf den Individualverkehr ausweichen, was aus ökologischer Sicht aber wenig sinnvoll sei, oder aufs Taxi, was wirtschaftlich für diese Branche zwar wichtig, aber nicht für jeden Partygänger erschwinglich ist. Sobald aber das Nachtnetz in Betrieb ist, könne jeder wieder länger im Ausgang verweilen, «was für das arg angeschlagene Nachtleben der Stadt Zürich äusserst hilfreich ist».

Unterstützt wird die Forderung der Jungfreisinnigen von der Bar- und Club Kommission Zürich (BCK). «Das Nachtnetz liegt uns besonders am Herzen, weil es ein sicheres Transportmittel für unsere Gäste ist», sagt BCK-Sprecher Alexander Bücheli. Nachtschwärmer müssten nicht auf den ersten Zug warten und würden sich dadurch weniger im öffentlichen Raum aufhalten. «Dies führt zu weniger Problemen auf der Strasse und die Anwohner profitieren von weniger Lärm.» Zudem handle es sich um erschwingliche Transportmittel. Dies sei wichtig für Veranstalter, die auf ein jüngeres Publikum mit einem kleineren Portemonnaie angewiesen sind.

Was Partygänger ebenfalls kritisieren: Zürich verhalte sich zu ängstlich, im Gegensatz zu anderen Kantonen wie der Thurgau oder St. Gallen. So kann ein Winterthurer problemlos nach Kreuzlingen oder Wil in den Ausgang und bequem mit dem Nachtzug nach Hause. Für Stadtzürcher ist dies aber nicht möglich, da zwischen Winterthur und Zürich kein Nachtzug verkehrt. Sie fühlen sich ausgeschlossen.
Dass überhaupt Nachtzüge auf Zürcher Boden verkehren, liege daran, dass letztlich der Kanton, über dessen Boden der längere Streckenanteil verläuft und mehr Haltestellen aufweist, das Sagen hat, erklärt ZVV-Sprecher Stefan Kaufmann. Der ZVV sei übrigens generell bereit, den Betrieb wieder zu starten, sollte sich der Zürcher Regierungsrat für die Wiederaufnahme aussprechen.

Dass die Situation in jedem Kanton eine etwas andere ist, dafür zeigt Bücheli Verständnis. Mit Blick auf die Zukunft «und die Entwicklung zur 24-Stunden-Gesellschaft braucht es aber sicherlich eine Reflexion darüber, ob nicht ein nationales Nachtnetz zwischen den einzelnen Städten aufgebaut werden soll».

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