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Das Projekt «Ensemble» sieht ein Fussballstadion mit 18 000 Sitzplätzen, eine Genossenschaftssiedlung mit 174 gemeinnützigen Wohnungen sowie zwei Hochhäusern mit 570 Wohnungen im mittleren Preissegment vor. Bild: PD

Runde vier im Stadion-Kampf

Von: Sacha Beuth

01. September 2020

URNENGANG Weil gegen die Vorlage «Areal Hardturm – Stadion» das Referendum ergriffen wurde, muss zum vierten Mal über den Bau eines Fussballstadions abgestimmt werden. Befürworter legen wirtschaftliche Notwendigkeit und Integrationshilfe in die Waagschale, die Gegner bemängeln Klimabilanz und Renditeausrichtung des Projekts. 

Man mag es kaum glauben, aber die erste Abstimmung zum Bau eines neuen Fussballstadions in Zürich-West liegt bereits 17 Jahre zurück. Damals, im September 2003, hiess das Volk einen städtischen Kredit von 47,7 Mio. Franken für eine Arena mit 30 700 Sitzplätzen, Mantelnutzung plus Bürohochhaus gut. Es kam aber wegen jahrelanger Rechtsstreitigkeiten nie zustande. 2013 lehnte die Stadtbevölkerung dann ein städtisch-finanziertes und redimensioniertes Projekt ab. Also wurde 2015 durch die Stadt ein Investorenwettbewerb durchgeführt, aus dem das Projekt «Ensemble» mit einer Arena für 18 000 Zuschauer, einer Genossenschaftsiedlung mit 174 gemeinnützigen und zwei Hochhäusern mit 570 Wohnungen als Sieger hervorging. Dieses gelangte im November 2018 an die Urne und wurde mit knapp 54 Prozent Ja angenommen. Weil jedoch die IG Freiräume Zürich-West das Referendum gegen den Gestaltungsplan ergriff, wird nun am 27. September zum vierten Mal über eine Fussballarena auf dem Hardturm abgestimmt.

Für ein erneutes Ja machen sich nicht nur SVP, FDP, GLP und EVP stark, sondern vor allem die betroffenen Fussballvereine FCZ und GC. Durch das neue Stadion könnten alleine die Grasshoppers vier bis fünf Millionen Franken mehr generieren, wie GC-Vizepräsident Andras Gurovits gegenüber «Blick» verlauten liess. Mehreinnahmen, die beide Klubs dringend brauchen, wenn man wieder zurück an die Spitze des Schweizer Fussballs will. Dort befinden sich YB, der FCB und St. Gallen, die längst von den Vorteilen einer neuen Arena profitieren, während man beim FCZ in der vergangenen Saison einen Platz in der Europa-League-Qualifikation klar und bei GC den direkten Wiederaufstieg aus der Challenge League schmählich verpasste.

Auch Mario Fehr sagt Ja

Neben den finanziellen Aspekten wird auch die Funktion des Spitzenfussballs als «Kit für die Gesellschaft» hervorgehoben. Der sei laut einem offenen Brief der beiden Sportminister Mario Fehr (Regierungsrat) und Filippo Leutenegger (Stadtrat) wichtig, weil er Vorbilder schaffe und so als Integrationsmotor wirke und Kinder und Jugendliche zum Sport treiben animiere. Um aber Spitzenfussball bieten zu können, bräuchte es wiederum ein modernes Fussballstadion.

Während die Aussage von Leuten­egger mit der Parole seiner Partei, der FDP, einhergeht, widerspricht die Haltung von SP-Politiker Fehr der Parole der Stadtzürcher Parteikollegen. Allerdings ist er damit nicht alleine, denn der Gesamtstadtrat (mit links-grüner Mehrheit) befürwortet das Projekt ebenso, obwohl nebst der SP auch Grüne und AL eine Ablehnung der Vorlage beschlossen haben. Selbst im Gemeinderat gehen die Meinungen von Links-Grün auseinander, wie die Annahme der Empfehlung für ein Ja zum Gestaltungsplan mit 63:12 Stimmen zeigt.

Bei den Referenden der IG Freiräume Zürich-West herrscht dagegen Einigkeit. «Der private Gestaltungsplan ‹Areal Hardturm – Stadion› ist unvereinbar mit den Zielen einer grünen, klimafreundlichen und sozialen Stadtentwicklung», heisst es in der offiziellen Stellungnahme zur Vorlage. Gebäude und Tiefgarage würden 90 Prozent des Bodens versiegeln und die Hochhäuser viel zu viel Energie verbrauchen. Über zwei Drittel der geplanten Wohnungen seien ausserdem weder gemeinnützig noch familienfreundlich. Die Türme würden vielmehr reiche Menschen für die Rendite «stapeln» und um die Fassaden urbane Leere statt Begegnungsräume schaffen.

Die Frage ist nun, ob die Geschichte um das Stadion am 27. September beendet oder nur um ein Kapitel reicher wird. Sollte die Bevölkerung wiederum Ja zu «Ensemble» sagen, ist der politische Weg zur Realisierung des Projektes frei. Nach aktuellem Stand der Planungen könnte dann das Stadion 2022 fertiggestellt sein, während die Hochhäuser und Genossenschaftswohnungen etappiert bis 2023 folgen würden. Bei einem Nein ist wiederum alles möglich. Sicher ist dann nur, dass die Stadt das Hardturm-Areal bis zum März 2035 an die Credit Suisse zurückverkaufen müsste, wenn bis dahin kein neues Sportstadion in Planung oder im Bau ist und die Bank von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen möchte. Und zwar für den Preis von 50 Mio. Franken plus Teuerung, was laut Expertenmeinung nur etwa einem Sechstel des tatsächlichen Wertes entsprechen würde.

Was ist Ihre Meinung zum Thema: echo@tagblattzuerich.ch

Weitere städtische Vorlagen im Detail

Neben der Vorlage über den privaten Gestaltungsplan «Areal Hardturm – Stadion» und der ebenfalls in dieser Ausgabe behandelten Volksinitiative «Sichere Velorouten für Zürich» haben die Zürcherinnen und Zürcher am 27. September noch über vier weitere kommunale Vorlagen abzustimmen. «Neuregelung Finanzkompetenzen für den Erwerb von Liegenschaften»: Um der Stadt auf dem Immobilienmarkt einen angemessenen Handlungsspielraum zu ermöglichen, soll der Stadtrat alle Finanzliegenschaften selbstständig erwerben können – auch wenn sie teurer als zwei Millionen Franken sind. «Instandsetzung und Optimierung ewz-Areal Herdern»: Das Projekt sieht die Bewilligung eines Objektkredits von 167,44 Mio. Franken für die Instandsetzung und Aufstockung des Hauptgebäudes um zwei Geschosse, den Ersatz der Lagerhalle sowie die Optimierung des Areals im Aussenbereich vor. Dadurch werden die Voraussetzungen geschaffen, dass das ewz seinen Geschäftsbereich «Netze» an einem aus logistischer Sicht idealen Standort zusammenfassen kann. «Bau einer direkten Wasserleitung zwischen Limmat-, Glatt- und Hangzone»: Die neue Verbindung erhöht die Betriebssicherheit und stellt die Versorgung mit Wasser auch bei künftigen Instandhaltungsarbeiten an Wasserwerken und Hauptleitungen sicher. Dafür ist ein Objektkredit von 25,245 Mio. Franken vorgesehen. «Pro Senectute Kanton Zürich, Beiträge ab 2021»: Der jährliche Beitrag der Stadt an die Stiftung Pro Senectute Kanton Zürich PSZH soll von bisher 0,998 Mio. ab 2021 auf 2,041465 Mio. Franken erhöht werden. RED / SB

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