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Ältere Menscen wohnen immer länger daheim. Viele Wohnungen in der Stadt Zürich sind jedoch nicht barrierefrei. Bild: Matteo de Mattia

Selbständig bis ins hohe Alter

Von: Ginger Hebel

24. November 2020

Wohnformen Der Wunsch nach einem Leben in den eigenen vier Wänden steht bei älteren Personen an oberster Stelle. Dabei wird grossen Wert auf eine gute Nachbarschaft gelegt. Neue Formen des Zusammenlebens verschiedener Generationen und sozialer Schichten entstehen im Zürcher Zollhaus. 

Wohnen beschäftigt viele Zürcherinnen und Zürcher. Auch im hohen Alter möchten die meisten Menschen am liebsten selbständig ihren Haushalt führen. «Der Wunsch nach einem Leben in den eigenen vier Wänden steht an oberster Stelle», sagt Antonia Jann, Geschäftsführerin der Zürcher Age-Stiftung, die sich seit 20 Jahren mit dem Thema Wohnen und Älterwerden befasst. Selbst 80- bis 94-jährige Menschen leben heute öfters zu Hause, als dies früher der Fall war. Viele von ihnen geben mehr als ein Drittel des Renteneinkommens für die Miete aus.

Wie eine Auswertung der Age-­Stiftung zeigt, lebt die grosse Mehrheit der älteren Bevölkerung in Kleinhaushalten mit ein oder zwei Personen. «Gemeinschaftliches Wohnen kommt erst für eine Minderheit der älteren Menschen in Betracht. Generationen-WGs stellen noch immer eine Nische im Wohnungsmarkt dar», sagt Antonia Jann. In der deutschsprachigen Schweiz befürworten 15 Prozent der 65- bis 74-Jährigen eine Wohngemeinschaft (aber nur 6 Prozent der 75- bis 84-Jährigen). Doch gerade in Städten werden neuartige Wohnformen gefördert.

Nachbarschaft ist wichtig

Mit dem Zürcher Zollhaus im Kreis 5 schafft die Genossenschaft Kalkbreite ein neues Raumangebot für Wohnen, Arbeiten, Kultur und Gemeinschaft. Ab Anfang 2021 werden dreizehn Personen über 60 einziehen. Gegründet wird eine Dreier-Frauen-WG, aber auch Paare, Freunde und Alleinstehende bilden eine Gemeinschaft. «Wir bieten den Bewohnern und Bewohnerinnen die Möglichkeit, ihr Leben bis ins hohe Alter selbständig zu gestalten und zugleich mit anderen Menschen in Kontakt zu bleiben», sagt Valérie Clapasson, Co-Geschäftsleitung Genossenschaft Kalkbreite.

Die Genossenschaft hat sich mit ihren innovativen Wohnformen einen Namen gemacht: Neben Clustern (1-Zimmer-Haushalte teilen sich gemeinschaftliche Räume), gibt es in der ersten Liegenschaft Kalkbreite auch einen Grosshaushalt mit 50 Personen, die sich eine Küchen-Infrastruktur teilen, oder aber eine Grosswohnung als Familienwohngemeinschaft. Im Zollhaus wird neben dem Projekt Wohnen im Alter ab nächstem Jahr auch das Hallenwohnen erprobt. Die eineinhalbstöckigen Wohnungen werden im Rohbau vermietet und können von der Mieterschaft nach eigenen Bedürfnissen angeeignet werden.

Der aktuelle Age-Report zeigt: Grössten Wert legen ältere Bewohnerinnen und Bewohner auf eine gute Nachbarschaft. «Eine Kontaktperson vor Ort kann schon mit wenig Aufwand viel erreichen», sagt Antonia Jann. «Zu wissen, dass es im zweiten Stock eine nette Frau gibt, bei der man klingeln könnte, gibt ein Gefühl von Sicherheit.» Auch ein Lächeln und ein paar Worte im Treppenhaus seien viel wert. Dass Nachbarschaftskontakte und Ansprechpersonen wichtig sind für die Wohnqualität, bestätigt auch Eveline Althaus vom ETH Wohnforum. «Mit der Pensionierung wird die Wohnung und das Wohnumfeld für viele zum Lebensmittelpunkt.»

Neue Herausforderungen

Wohnungsanbieter werden in den nächsten Jahren und Jahrzehnten immer mehr mit älteren Mieterinnen und Mietern zu tun haben. «Ein Grossteil des Wohnungsbestandes ist allerdings weder altersgerecht noch barrierefrei. Angesichts des abkühlenden Mietwohnungsmarkts steht die Immobilien- und Bewirtschaftungsbranche unter Druck», erklärt Eveline Althaus. Herausforderungen in der Mieterbetreuung würden sich vor allem mit hochaltrigen Personen ergeben, die mit gesundheitlichen Einschränkungen konfrontiert und nicht in Unterstützungs-Strukturen eingebettet sind. Die von Eveline Althaus mitentwickelte ETH-Studie zum Forschungsprojekt «Zuhause alt werden» zeigt konkrete Handlungsmöglichkeiten auf. So können Wohnungswechsel gezielt gefördert und ältere Wohnungssuchende darin unterstützt werden. Auch Serviceangebote, Haustechnologien und Notrufsysteme spielen eine Rolle, ebenso Kooperationsmöglichkeiten mit Altersorganisationen und Gemeinden.

Jährlich investiert die Age-Stiftung rund 3 Millionen Franken in neue Wohn-, Betreuungs- und Dienstleistungsmodelle. Schweizweit existieren aktuell 321 Förderprojekte, in der Stadt Zürich sind es deren 14, darunter gehört das erwähnte Zollhaus oder das Projekt Hoch3. Die reformierte Kirchgemeinde Witikon betreibt einen mobilen Begegnungspavillon im Quartier. Das Bistro-Café bietet Raum für Austausch und Unterstützung.

Weitere Informationen:

www.age-stiftung.ch

Stiftung Alterswohnungen Stadt Zürich:

www.wohnenab60.ch

www.nachbarschaftshilfe.ch

Was ist Ihre Meinung zum Thema? echo@tagblattzuerich.ch

 

 

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