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Seltener Steinkopf aus dem Mittelalter gefunden

08. Mai 2014

Im Rahmen der Sanierung der Werkleitungen im Gebiet Fraumünster hat die Archäologie der Stadt Zürich an der Börsenstrasse einen bedeutenden Fund gemacht. Es handelt sich um den Kopf einer weiblichen Statue von hoher künstlerischer Qualität aus dem Mittelalter. Ein Teil der Grabungsresultate sind nun im Landesmuseum zu sehen.

Seit Januar 2013 begleitet die Stadtarchäologie des Amts für Städtebau die Bauarbeiten im Fraumünsterquartier. Der Bauperimeter zwischen Fraumünster und Börsenstrasse liegt inmitten des mittelalterlichen Kratzquartiers, dessen Baubestand im 19. Jahrhundert vollständig abgerissen worden ist. Nun mussten im Fraumünstergebiet die über hundertjährigen Kanäle für Frisch- und Abwasser ersetzt werden. Die Bauarbeiten betrafen das Stadthausquai, die Fraumünsterstrasse, die Kappelergasse und die Börsenstrasse. Ab dem 11. Mai erfolgt der Einbau der neuen Strassen-Deckbeläge. Zu diesem Zweck müssen die betroffenen Strassenabschnitte ganz oder teilweise gesperrt werden, wie das Tiefbauamt der Stadt Zürich heute in einer Medieninformation mitteilt. Archäologische Ausgrabungen parallel zu laufenden Bauarbeiten durchzuführen, ist eine grosse Herausforderung. Dank der guten Zusammenarbeit aller Beteiligten sowie des milden Winters konnte das archäologische Grossprojekt termin- und kostengerecht durchgeführt werden.

Das archäologische Team hat gegen 150 000 Einzelfundstücke geborgen und rund 4400 Befunde wie Schichten, Mauern oder Gruben dokumentiert. Zu den Höhepunkten zählt unter anderem ein Ensemble mit allerlei Fundgegenständen, die vom Alltag des späten 15. und frühen 16. Jahrhunderts erzählen. Darunter befinden sich Lederschuhe, Maultrommeln, Statuetten, Schlüssel, Spielwürfel, Teile eines Kettenhemdes sowie Gefäss- und Ofenkeramik.

Ein besonderer Fund

Ende letzten Jahres wurde in der Börsenstrasse ein ganz besonderer Fund gemacht. Es handelt sich um einen Sandsteinkopf einer weiblichen Statue. Die Figur trägt ihr Haar offen unter einem Kopftuch und einer Krone, an der sich Spuren von Goldfarbe nachweisen lassen. Die Partie von Nase und Mund ist zerstört, der Rest aber gut erhalten und zeugt von einer hohen künstlerischen Qualität auf überregionalem Niveau. Erste Datierungen des Kopfs weisen ins 13. Jahrhundert.

Es könnte sich um die Heiligendarstellung der gekrönten Maria handeln. Das Werk stammt möglicherweise aus der nahegelegenen Fraumünsterabtei. Die Statue ist wohl während der Reformation zerstört und entsorgt worden; die Archäologen haben sie aus einer Abfallschicht vor der damaligen Stadtmauer geborgen. Auch die beschädigte Gesichtspartie könnte auf eine mutwillige Zerstörung durch die Bilderstürmer zurückgehen. In Zürich haben nur sehr wenige mittelalterliche Skulpturen aus sakralem Umfeld die Reformation überdauert. Darin liegt die hohe Bedeutung des Fundes. Er ist möglicherweise ein unmittelbares Zeugnis der Reformation und ihres Kampfes gegen die Verehrung der «Götzenbilder» und zugleich ein Beispiel für die hohe Qualität der mittelalterlichen Kirchenausstattungen Zürichs.

Zu den Grabungsarbeiten und den Funden aus dem Fraumünsterquartier gibt es im Landesmuseum Zürich bis September 2014 eine kleine Ausstellung zu sehen. Der Sandsteinkopf befindet sich allerdings nicht darunter, da die Restaurierung noch nicht abgeschlossen ist. (PD)

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