mobile Navigation

News

Sieht fleischig aus, besteht aber nur aus pflanzlichem Material: Der Impossible Burger der kalifornischen Firma Impossible Foods. Bild: Impossible Foods

Skepsis bei Laborfleisch und Fleischersatz

Von: Sacha Beuth

25. Juni 2019

Weltweit herrscht grosse Nachfrage nach veganen Fleischersatzprodukten. Und auch Laborfleisch könnte, da ohne Tierleid hergestellt, demnächst einen Boom erleben. Doch in Zürich steht man der Entwicklung vielfach noch zurückhaltend gegenüber und setzt vorab auf eigene Fleischsurrogate.

Der Pattie hat die Konsistenz eines echten Hacktätschli, sieht diesem zum Verwechseln ähnlich und «blutet» sogar. Nur, die vermeintlichen Fleischklopse von Beyond Meat, Impossible Foods und Co. bestehen samt und sonders aus rein pflanzlichen Materialien. Die Palette reicht dabei von Erbsenproteinen mit Randensaft bis zu einem Mix von Kartoffel-, Weizen- und Hämoproteinen. Gemeinsam ist allen, dass sie gegenwärtig weltweit einen regelrechten Boom erleben. Insbesondere in den USA sind die veganen Burger sprichwörtlich fast in aller Munde.

Eine Food-Revolution?

In Zürich dagegen sind die Ersatzfleischprodukte der genannten Vegan-Unternehmen selten oder (noch) nicht zu finden. Dies dürfte jedoch vorab an den hohen Importkosten (Beyond Meat) oder den noch fehlenden Bewilligungen (Impossible Foods), aber kaum am mangelnden Interesse liegen. Im Gegenteil. Sowohl Coop wie auch Migros bestätigen eine Zunahme der Nachfrage nach pflanzenbasierten Produkten. Beide setzen zumeist auf eigene Produkte, wobei Coop auch die Patties von Beyond Meat anbietet. Die sind auch in einigen veganen Hamburgern vereinzelter Zürcher Restaurants wie Helvti Diner enthalten. Und kommen dort gut an. In der NZZ spricht Helvti-Diner-Mitinhaber Leopold Weinberg schon von der «grossen Food-Revolution». Auch Rolf Hiltl, Inhaber des ältesten vegetarischen Restaurants der Welt, freut der Hype. «Das ist grundsätzlich positiv. Allerdings wollen wir nicht solche industrialisierten Burger in unser Sortiment aufnehmen. Wir haben schon vor Jahren in der Hiltl-Akademie einen eigenen veganen Burger-Pattie aus Sojahack kreiert. Der kommt geschmacklich sehr, sehr nahe an ein Fleischprodukt heran und ist bei uns ein Renner.» Im Hiltl ist man sogar schon einen Schritt weiter und kann sogar mit einem ebenfalls in der eigenen Akademie entwickelten Zürcher Geschnetzelten aus Seitan (Weizengluten) aufwarten.

Insgesamt scheint aber die Gastro­szene in Zürich bezüglich Fleischersatz-Burger zweigeteilt: «Die einen sind sofort auf den Zug aufgesprungen, die anderen warten eher ab», sagt Urs Pfäffli, der Präsident von Gastro Zürich-City. Derweil hält Robert Reif, der Präsident des Metzgermeistervereins Zürich und Inhaber der Reif-Metzgerei, den Trubel um die Surrogate-­Burger vorab für eine Medien­inszenierung. «In unserem Veggie-Sortiment befindet sich zwar inzwischen ebenfalls der Beyond-Meat-Burger. Doch einen Run nach diesem Produkt kann ich nicht feststellen.» Bei den übrigen Vereinsmitgliedern sei es ähnlich, weshalb er nicht glaube, dass das «Handwerk des Metzgers» deswegen in Gefahr sei.

Warten auf Marktreife

Doch vielleicht könnte dies eine andere Entwicklung auslösen: In-vitro-Fleisch. Dabei handelt es sich um aus tierischen Zellen gewonnenes, im Labor mittels Gewebezüchtung erzeugtes Fleisch. Kein Tier müsste deswegen geschlachtet werden. Die Bedenken vieler Vegetarier und Veganer bezüglich Tierleid wären damit hinfällig. Sie könnten mit gutem Gewissen echtes Fleisch geniessen. Dank dieser Methode ist es zudem sogar möglich – wenn bislang auch sehr aufwendig –, nicht nur die Struktur von Hackfleisch, sondern auch die von Steaks zu erzeugen. Die Migros-Gruppe und Coop sind von der Zukunft von In-vitro-Fleisch überzeugt und an der Entwicklung derartiger Produkte intensiv beteiligt. Allerdings dürfte es laut Migros noch einige Jahre dauern, bis diese auf den Markt gelangen.

Die Begeisterung über Laborfleisch hält sich bei den Zürcher Gastronomen jedoch in Grenzen. «Für uns wäre das nichts, da nicht vegan», betont Rolf Hiltl. «Kann dadurch Tierleid vermieden werden, ist es aber generell eine gute Sache.» Ähnlich klingt es vonseiten von Urs Pfäffli: «Auch wenn man sich In-vitro-Fleisch noch nicht richtig vorstellen kann, scheinen in der Zukunft die Vorteile zu überwiegen. Vorerst muss man mal warten, bis etwas Marktreifes da ist.» Robert Reif winkt dagegen ganz ab: «Ich zweifle, ob ein Entrecote aus dem Labor je den gleichen Geschmack erreichen kann wie ein herkömmlich produziertes.»

Was ist Ihre Meinung zum Thema? echo@tagblattzuerich.ch

Sind Sie bei Facebook? Werden Sie Fan von tagblattzuerich.ch

zurück zu News

Artikel bewerten

Gefällt mir ·  
Noch nicht bewertet.

Leserkommentare

Keine Kommentare