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Illustration der geplanten hochalpinen PV-Anlage im Val Nandro, das zur Gemeinde Surses gehört. Bild: EWZ

Surses versetzt EWZ einen herben (Strom)-Schlag

Von: Sacha Beuth

30. Januar 2024

Im Val Nandro der Bündner Gemeinde Surses hatte EWZ eine riesige Solaranlage bauen wollen. Doch am Montag schickten die Stimmberechtigten das Projekt an der Gemeindeversammlung mit 68,4 Prozent Nein-Anteil deutlich bachab. Dennoch will EWZ weiter an der Strategie mit hochalpinen Solaranlagen festhalten.

Die Ausgangslage für die Erstellung einer riesigen Solaranlage im Val Nandro schien eine Win-win-Situation für Surses und EWZ zu sein. Oben die finanziell eher klamme Bündner Gemeinde mit unerschlossenen Flächen, die sich zur Erzeugung von Solarenergie hätten nutzen lassen, unten die reiche Stadt Zürich, die dringend mehr sauberen Strom benötigt, um den Klimazielen, die vom Bund erwartet werden, nachzukommen. Die Mehrheit der Stimmberechtigten von Surses sah dies jedoch anders, weshalb das Projekt «Nandro Solar» am Montag bei der Gemeindeversammlung mit 378 Nein-Stimmen (68,4 Prozent) deutlich abgelehnt wurde. Dies, obwohl sich der Gemeindevorstand zuvor deutlich für das Projekt ausgesprochen hatte. Entsprechend enttäuscht zeigte man sich hinterher bei EWZ: «Leider ist es uns nicht gelungen, die Bevölkerung von den Vorteilen und der Dringlichkeit der Anlage zu überzeugen», sagte Philippe Heinzer, Leiter des EWZ-Geschäftsbereichs Energie, gegenüber «Blick». Dabei habe man die Anliegen der verschiedenen Anspruchsgruppen in der Region von Anfang an ernst genommen, Wünsche berücksichtigt und viele Kompromisse gemacht, um die Anlage realisieren zu können.

Idealer Standort

Geplant war ein 665 000 Quadratmeter grosses Areal im Val Nandro mit über 11 032 Solartischen zu versehen, die jeweils acht Solarmodule tragen. Die total 88 256 Panels sollten künftig einen Jahresertrag von 66 Gigawattstunden liefern – was dem Strombedarf von bis zu 22 000 Haushalten entspricht. Davon wären laut EWZ 45,1 Prozent während des Winterhalbjahrs generiert worden. So hätte ein wichtiger Beitrag für die Ziele des Bundes geleistet werden können. Nämlich die erneuerbare Energieproduktion national zu erhöhen, um die Abhängigkeit der Schweiz vom Ausland zu verringern sowie die Versorgungssicherheit, vor allem in den Wintermonaten, zu stärken. Der Standort sei für das Unternehmen ideal für die Solarstromproduktion, da alle Hänge nach Süden ausgerichtet seien, die Landschaft durch ein Skigebiet in der Nähe schon erschlossen wurde und es bereits Schächte für zusätzliche Stromleitungen gäbe. Im Gegenzug hätte Surses von EWZ – je nach produzierter Strommenge – jährlich 400 000 bis 660 000 Franken erhalten, wobei die Bündner Gemeinde einen Teil davon zum Ausbau der touristischen Infrastruktur hätte nutzen wollen. Für die Erstellung des Projekts war ein dreistelliger Millionenbetrag veranschlagt, mit dem Bau hätte im Frühling 2025 begonnen werden sollen.

Das ist nun Geschichte, da sich die Gegnerschaft durchgesetzt hat. Aus ihren Kreisen waren vor allem Bedenken bezüglich allfälliger negativer Auswirkungen der Anlage auf das Landschaftsbild und damit auf die touristische Attraktivität der Region aufgekommen. Auch Philippe Heinzer von EWZ vermutet hier laut «Blick» den Hauptgrund für die Ablehnung: «Der lokale Naturschutz wurde offenbar stärker gewichtet als der globale Klimaschutz.»

Die Solaranlage war aber nicht nur wegen der möglichen Auswirkungen auf den Tourismus umstritten, sondern auch, weil die Gemeinde wohl nur durch Druck überhaupt in den Besitz des dafür vorgesehenen Areals kam. Dieses gehörte zuvor der Alpkorporation Val Nandro, einer Genossenschaft von Landwirten, welche das Land als Weidefläche nutzen. Wie der «Blick» schrieb, drohte die Gemeinde damit, die Alpkorporation aufzulösen, wenn sie sich bei ihrer Delegiertenversammlung am 8. Januar nicht dazu entschliesse, das Areal für einen symbolischen Preis von 1(!) Franken an die Gemeinde zu verkaufen. Die Bauern stimmten zu, wollten sich hinterher gegenüber den Medien aber nicht zu ihren Beweggründen äussern. Im Gegenzug will die Gemeinde der Alpkorporation 30 000 Franken für «Durchleitungsrechte und Weideausfall» zahlen.

Trotz des negativen Votums ist EWZ laut eigenen Angaben von den Vorzügen und der Notwendigkeit hochalpiner Solaranlagen überzeugt. Das Unternehmen will darum an seiner Strategie festhalten und sich weiterhin für den Zubau von Photovoltaikanlagen einsetzen.

Zweites Nein innert Kürze

Der Rückschlag wegen «Nandro Solar» ist übrigens nicht der Einzige, den EWZ verkraften muss. Bereits am 21. Januar hatten die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger von Surses das Gesuch von EWZ für eine vorzeitige Verlängerung der Betriebskonzession der zur Gemeinde gehörenden Wasserkraftwerke Tinizong und Nandro (einschliesslich des Dotierkraftwerks Marmorera) abgelehnt. Das Votum mit 70,4 Prozent Nein-Stimmen war noch deutlicher und entspricht der neuen Wasserkraftstrategie des Kantons Graubünden. Diese sieht vor, dass der Kanton alle auf seinem Gebiet befindlichen Wasserkraftwerke selbst übernimmt. Dennoch bleibt EWZ im Rennen, denn die Gemeindevertreter von Surses betonten, dass eine weitere Zusammenarbeit mit EWZ auch nach Ablauf der Konzession am 31. Mai 2035 eine Option sei.

Was ist Ihre Meinung zum Thema? echo@tagblattzuerich.ch

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