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Action garantiert: Im Gehege der Nasenbären ist nicht nur wie hier bei der Tierpräsentation immer etwas los – zur Freude der Zoobesucher. Bild: SB

Wegen EU: Zoo droht Verlust der Nasenbären

Von: Sacha Beuth

19. September 2017

In einer Verordnung verbietet die EU die Haltung gebietsfremder, invasiver Tier- und Pflanzenarten. Obwohl nicht an diese Regelung gebunden, könnte das den Zoo Zürich auf Dauer trotzdem einen seiner Besucherlieblinge kosten: den Nasenbären.

Mit ihren rüsselähnlichen Schnauzen nach Futter schnüffelnd, den schwarz geringelten Schwanz wie eine Radioantenne aufgerichtet, wuseln die Südamerikanischen Nasenbären durch die Nebelwaldanlage des Zoos Zürich. Bei diesen Tieren ist praktisch immer etwas los, weshalb sie auch bei jungen und alten Zoobesuchern zu den Lieblingen des Tiergartens gehören. Die Frage ist nur, wie lange noch.

Geht es nach der 2016 publizierten und inzwischen in Kraft getretenen «EU-Verordnung zu Prävention und Management der Einbringung und Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten», müsste deren Haltung europaweit umgehend beendet werden. Dort sind in einer Liste 49 exotische und invasive Tier- und Pflanzenarten aufgeführt, «die mit ihrer Ausbreitung Lebensräume, Arten oder Ökosysteme beeinträchtigen und daher der biologischen Vielfalt schaden können». Darunter befindet sich auch der Südamerikanische Nasenbär.

Schweiz prüft Anpassung

Nun ist die Schweiz zwar vertraglich nicht an die Verordnung gebunden und hat eigene rechtliche Grund­lagen, worin invasive gebietsfremde Arten geregelt sind. Trotzdem läuft der Zoo Zürich Gefahr, die Haltung der sozialen Kleinraubtiere aufgeben zu müssen. Etwa im Zuge der Umsetzung der «Strategie der Schweiz zu invasiven gebietsfremden Arten», die der Bundesrat letztes Jahr gut­geheissen hat. «Dabei werden auch die rechtlichen Grundlagen zu invasiven gebietsfremden Arten überarbeitet. Im Rahmen dieser Arbeiten wird geprüft, inwiefern die Bestimmungen der Schweiz mit den Inhalten der EU-Verordnung abgeglichen werden sollen», antwortet Gian-­Reto Walther vom Bundesamt für Umwelt (Bafu) auf eine entsprechende Anfrage.

Doch selbst ohne Gesetzesanpassung sind die Aussichten für die Nasenbären im Zoo Zürich düster. Denn neben dem Tiergarten auf dem Zürichberg halten in der Schweiz nur noch zwei Kleinzoos diese Art. Ohne «frisches Blut» aus einem Zoo aus dem EU-Raum müsste der Zürcher Tiergarten die Haltung wegen möglicher Inzuchtschäden folglich in einigen Jahren auslaufen lassen.

Gegenwärtig gibt man sich im Zoo Zürich noch gelassen. «Vorerst sehen wir keinen Handlungsbedarf, zumal auch deutsche Tiergärten daran sind, für Zoos Ausnahmeregelungen zu erreichen», sagt Kurator Robert Zingg. Zwar befürworte man im Zürcher Tiergarten generell Massnahmen zur Bekämpfung invasiver Exoten. Doch würden die EU-Liste und die vorgeschlagenen Massnahmen «einige Fragen aufwerfen», wie es Zingg diplomatisch ausdrückt. So sind Südamerikanische Nasenbären nicht winterhart. Das heisst, sie könnten höchstens im Süden Europas überleben, nicht jedoch die Winter in Mittel- und Nordeuropa überstehen. Die Verordnung gilt aber immer für den ganzen EU-Raum. Mit Ausnahme eines Falles auf Mallorca, bei dem ein Nasenbär-Pärchen einem Privathalter entwich und sich zu einer 50-köpfigen Familie vermehrte, ehe der Bestand ausgerottet wurde, konnte sich innerhalb Europas noch nie eine Nasenbär-Population etablieren – obwohl die Art seit über 100 Jahren und gegenwärtig in über 250 europäischen Zoos gehalten wird.

Fast gleich, aber erlaubt

Nichtsdestotrotz behält man im Zoo die Entwicklung im Auge und hat sich auch schon Gedanken für den Ernstfall gemacht. «Es gibt mehrere Optionen, die vom ersatzlosen Verzicht auf die Nasenbären bis zu einem Umstieg auf eine andere Art reichen», verrät Zingg. Ein Kandidat für Letzteres wäre der Weissrüsselbär. Der ist mit dem Südamerikanischen Nasenbären nahe verwandt und für den Laien bezüglich seines Erscheinungsbildes nur schwer zu unterscheiden. Der Weissrüsselbär weist theoretisch ein mindestens ebenso hohes invasives Potenzial auf wie der Südamerikanische Nasenbär, da sein natürliches Verbreitungsgebiet bis in die kühleren Bergregionen Nordmexikos und der südlichen USA reicht. Merkwürdigerweise ist er aber nicht in der EU-Verordnung gelistet. 

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Leserkommentare

Ali Ferkous - Die EU ist an allem schuld... Die EU-Regelung wurde noch nicht einmal übernommen, schon jammert man auf Vorrat. Statt die vollständige Aufgabe der Nasenbären-Haltung könnte man ja auch die Sterilisation ins Auge fassen, es ist nämlich äusserst fraglich,
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Vor 6 Jahren 6 Monaten  · 
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