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Gehören solche Inserate bald der Geschichte an? Geht es nach dem Bundesamt für Landwirtschaft, soll Fleisch-Aktions-Werbung aus Klimaschutzgründen verboten werden. Bild: Sacha Beuth

Wenig Zuspruch für ein Fleisch-Aktions-Werbeverbot

Von: Sacha Beuth

24. August 2021

Letzte Woche hatte das Bundesamt für Landwirtschaft BWL vorgeschlagen, Werbung für Aktionen beim Fleisch verbieten zu lassen. Dadurch soll der nachhaltige Konsum und somit der Klimaschutz gefördert werden. Bei den meisten Stadtzürcher Parteien stösst die Idee zwar auf Verständnis, für die Mehrheit ist ein Verbot aber der falsche Weg. Derweil weisen die Zürcher Metzger auf die Inkonsequenz des Vorschlags hin. 

Trotz des Veggie-Booms scheint die Fleischeslust in der Schweiz ungebrochen. Laut dem Bundesamt für Landwirtschaft BWL wurden in der Schweiz im Jahr 2020 über fünf Milliarden Franken für Wurst- und Fleischwaren ausgegeben. Dies entspricht einer Steigerung gegenüber dem Vorjahr von 13,7 Prozent. Zur Steigerung beigetragen haben dabei auch die Fleischaktions-Werbungen der Detaillisten und Metzger. Doch genau diese Aktionen sind dem BWL ein Dorn im Auge, weil es den Bestrebungen um Nachhaltigkeit und Klimaschutz zuwiderlaufe, wie BWL-Vizedirektor Adrian Aebi gegenüber der «NZZ am Sonntag» sagte. Fleisch hat eine schlechte Klimabilanz, da Nutztiere sich von Pflanzen ernähren, die Menschen auch direkt essen könnten. Zudem stossen wiederkäuende Tierarten Methan aus, was die Treibhausgas-Problematik verschärft. Aus diesem Grund schlägt das BWL vor, Werbung für Rabatte auf Fleisch zu verbieten.

Bei den Zürcher Parteien kommt die Idee unterschiedlich an. Klar abgelehnt wird sie von der SVP. Die Begründung liefert Kantonsrat Roland Scheck: «Das Verbot wäre eine reine Symbolpolitik und hätte auf die Umwelt beziehungsweise das Klima gar keinen Einfluss. Dafür wären die Effekte viel zu gering. Ein Grossteil der Gesellschaft isst Fleisch und es wird nicht signifikant mehr oder weniger Fleisch gegessen, nur weil Rabattaktionen dafür stattfinden». Auch die FDP glaubt, dass ein Werbe-Verbot nur wenig Einfluss auf den Fleischkonsum haben dürfte, wie Severin Pflüger, Präsident der FDP Stadt Zürich, schreibt.

Derweil können GLP, SP und Grüne der Stossrichtung des BWL-Vorschlags durchaus Verständnis abgewinnen. «Wir sind erfreut, dass damit die Diskussion rund um die Klimafragen im Zusammenhang mit der Ernährung vorangetrieben wird. Es ist wichtig, dass die Leute diesbezüglich sensibilisiert und aufgeklärt werden. Das ist auch in aller Regel unsere Haltung und unsere Forderung», teilt GLP-Gemeinderat Nicolas Cavalli dazu mit. Ähnlich sieht es Stefan Rüegger, stellvertretender Generalsekretär der SP Zürich: «Übermässiger Fleischkonsum ist nicht nur für die Umwelt schädlich, sondern auch für uns Konsumentinnen und Konsumenten. Dass der Bund sich im Rahmen seiner Überlegungen zu gesunder Ernährung und nachhaltiger Landwirtschaft Gedanken zu diesem Thema macht, ist daher nur konsequent. Dass Fleisch regelrecht verramscht wird, um damit Kundinnen und Kunden in die Läden zu locken, ist auch aus ethischer Sicht stossend». Dabei erlaubt sich Rüegger aber auch einen kleinen Seitenhieb gegenüber dem Bund, der eine gewisse Widersprüchlichkeit aufdeckt: «Man darf sich in diesem Zusammenhang fragen, ob es wirklich Sinn macht, dass der Bund die Werbung für Schweizer Fleisch jedes Jahr mit sechs Millionen Franken subventioniert, obwohl ein höherer Fleischkonsum sämtlichen Klimazielen zuwiderläuft». Von den Grünen erhält das BWL vollumfänglich Unterstützung: «Wir finden den Vorschlag wichtig. Wollen wir das Klima schützen, muss man Wege finden, wie in Zukunft weniger Fleisch konsumiert werden kann. Es ist ganz zentral, die Bevölkerung dafür zu sensibilisieren, welche Lebensmittel gut fürs Klima sind und welche nicht und die richtigen Anreize zu setzen», glaubt Gemeinderätin Selina Walgis.

Unangebrachter Eingriff?

Ob ein Werbe-Verbot dafür der richtige Weg ist, daran zweifelt allerdings die Mehrheit der Parteien. Klar dafür sind offenbar nur die Grünen. Schon zurückhaltender ist die SP, die ein Verbot diskutierenswert hält. Die GLP findet gemäss Cavalli, dass «Verbote für uns aber immer nur das allerletzte Mittel sind, wenn die negativen oder ungesunden Effekte stark überwiegen. Im vorliegenden Fall sehe ich jedoch keinen Notwendigkeit für ein Werbeverbot». Die SVP lehnt ein solches rundweg ab und nennt es laut Scheck «ein trauriges Beispiel dafür, wie die Verwaltung sich anmasst, in die Wirtschaftsfreiheit einzugreifen». Und auch die FDP hält wenig von Werbeverboten, wie Pflüger erklärt. «Zumal sich mit der Begründung des Klimawandels alle Arten von Werbung verbieten liessen.»

Damit spricht er Robi Reif, Inhaber der Metzgerei Reif an der Zürichbergstrasse 20 und Präsident Metzgermeisterverein Zürich, ganz aus dem Herzen. «Wenn man durch das Verbot den Fleischkonsum reduzieren will, dann muss man auch Aktionen für Avocados, Spargeln aus Mexiko oder Knoblauch aus Ägypten verbieten. Ansonsten ist das inkonsequent.» Reif weist darauf hin, dass die Lebensmittelbranche allgemein durch das schlechte Wetter im Sommer sowie die Möglichkeit, wieder ins Ausland zu reisen und dort einzukaufen, ohnehin stark gelitten habe. «Es kann nicht sein, dass uns für regionale Fleischprodukte die Aktionswerbung verboten wird, aber handkehrum jeder Fleisch aus mehrheitlich ökologisch fragwürdiger Produktion zum Spottpreis ennet der Grenze erwerben und einführen kann.»

Was ist Ihre Meinung zum Thema? echo@tagblattzuerich.ch

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