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Viele Menschen merken nicht, wie schlecht es ihren Haustieren geht: Nur dank sofortiger Einweisung in die Tierklinik und tagelanger intensiver medizinischer Betreuung konnte die diabeteskranke Katze Lilly überleben.Bild: Zürcher Tierschutz

Wenn Haustiere zur Wegwerfware werden

Von: Isabella Seemann

10. August 2018

Tierschutz: Abgemagert, verfilzt und halb tot: Im Tierheim des Zürcher Tierschutzes in Fluntern werden öfter grob vernachlässigte Haustiere abgegeben. Jetzt schlägt die Organi­sation Alarm.

Kater Tommy konnte kaum aus seinem Transportkörbchen steigen, er taumelte und knickte ein. Augen und Nase trieften vor Ausfluss. Abgemagert bis auf die Knochen und völlig dehydriert wurde er vor der Tür des Tierheims des Zürcher Tierschutzes in Fluntern ausgesetzt. Am nächsten Tag musste der erst fünfjährige Tommy in der Tierklinik von seinem Leiden erlöst werden. Glück hatte Diabetes-Katze Lilly, die nach wochenlangem Durchfall halb tot ins Tierheim gebracht wurde und nur dank sofortigem Transport in die Intensivstation des Tierspitals überlebte.

Dies sind nur zwei von Dutzenden haarsträubenden Fällen, mit denen Rommy Los, Geschäftsleiter des Zürcher Tierschutzes, letztes Jahr zu tun hatte. Noch nie wurden so viele grob verwahrloste Haus­tiere in seine Obhut gegeben. Ein Hund konnte wegen starker Zahnfleischentzündung kaum mehr fressen und war völlig abgemagert. Einer Katze waren die Krallen in die Pfoten hineingewachsen. Zwei Meerschweinchen hatten entzündete Penisse wegen feucht-dreckiger Einstreu. «All diese Tiere litten lange unter grossen Schmerzen», sagt Rommy Los und appelliert an die Heimtierhalter, ihre Verantwortung wahrzunehmen. 

Besitzer warten zu lange
Fehlt es den Heimtierhaltern an Mitgefühl für ihren haarigen Freund? Wie kann es sein, dass sie nicht erkennen, wenn sich der Hamster vor lauter Parasiten am ganzen Körper wundgekratzt hat? Oder sieht der Besitzer sehr wohl, dass es dem Tier nicht gut geht, aber er gibt sein Geld lieber für anderes als den Tierarzt aus? Alle diese Faktoren spielen eine Rolle. Der Geschäftsführer des Zürcher Tierschutzes hat die Besitzer während oder auch nach der Abgabe der Tiere zur Rede gestellt. Einen «Vorsatz», also bewusste Tierquälerei, liege kaum je vor. «Aber es handelt sich in allen Fällen um eine massive Vernachlässigung der Verantwortungspflicht.» 

Nach der anfänglichen Begeisterung über das neue Haustier gingen die Fürsorgepflichten im Alltagsstress schnell vergessen, stellt Rommy Los fest. Oft fehle es an Interesse, sich über die tiergerechte Haltung zu informieren. Verbreitet sei zudem der Irrglaube, solange ein Tier fresse, sei es gesund. Immer öfter werde viel zu lang gewartet und das kranke Tier zuletzt ins Tierheim abgeschoben.

Zum Abc einer liebevollen Tier­fürsorge zählen Verantwortungs­bewusstsein, Wissen und Empathie sowie konkret tägliche Tierbeobachtung, regelmässige Gewichtskontrollen sowie Gesundheits-Checks beim Tierarzt. «Körperliche Veränderungen oder untypisches Verhalten sind wichtige Alarmzeichen», klärt Rommy Los auf. Bei Gesundheitsproblemen sei umgehend ein Tierarzt beizuziehen. Bei Tierhaltungsfragen oder zeitlicher Über­forderung empfiehlt Rommy Los, frühzeitig Hilfe zu holen. 

Denn Vernachlässigung ist eine Form von Tierquälerei. Nach Artikel 4 des Tierschutzgesetzes müssen Personen, die mit Tieren umgehen, deren Bedürfnissen bestmöglich Rechnung tragen und für ihr Wohlergehen sorgen. «Wer nicht bereit ist, auf die Bedürfnisse von Tieren einzugehen», hält Rommy Los fest, «der sollte keine Tiere halten.»

Gratisberatung: Der Zürcher Tierschutz und die Heimtierberatungsstelle des Zürcher Tierspitals bieten fachliche Unterstützung an bei Fragen zur Haltung, Fütterung und Gesundheit von Haustieren:
www.zuerchertierschutz.ch

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