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Stationär oder ambulant? Das ist (auch im abgebildeten Stadtspital Triemli) die (Kosten-)Frage. Symbolbild: Stadtspital Triemli

Wer mehr planen kann, hat die geringeren Kosten

Von: Sacha Beuth

25. Februar 2020

Der Kanton hat seinen Spitälern auferlegt, möglichst kostendeckend zu arbeiten. Das gelingt einigen besser als anderen. Die Gründe dafür sind unter anderem in der Patientenstruktur der Krankenhäuser zu suchen, wie eine Umfrage bei den grossen Vier in der Stadt Zürich – Unispital, Waid, Triemli und Hirslanden – zeigt.

In den letzten Wochen waren die Kosten der Spitäler regelmässig Thema in den Medien. Und ebenso regelmässig geriet dabei der Kanton als Verantwortlicher für den Leistungsauftrag der Krankenhäuser in die Kritik. Denn statt immer mehr Steuergelder in den Betrieb der Spitäler zu pumpen, fordert er von diesen, möglichst kostendeckend zu arbeiten. Aus diesem Grund wurde etwa 2012 auch die neue Spitalfinanzierung mit den fixen, leistungsbezogenen Fallpauschalen eingeführt. Zudem gilt das Credo «ambulant vor stationär».

Kosten im Gesundheitssystem zu sparen, stösst bei nicht wenigen auf Zustimmung. Nichtsdestotrotz stellen sich hier ein paar Fragen: Sind die Bedingungen angesichts der unterschiedlichen Organisationsstrukturen der Spitäler für alle gleich? Sorgen die Fallpauschalen tatsächlich für die richtigen Anreize? Kann (noch) kostendeckender gearbeitet werden, ohne dass der Patient darunter leidet? Und haben alle Spitäler dazu genügend unternehmerische Handlungsfreiheit? Das «Tagblatt» hat sich zu diesem Zweck bei den vier grössten Spitälern in Zürich – Universitätsspital, Triemli, Waid und Klinik Hirslanden – umgehört.

Hirslanden im Vorteil

In Sachen unternehmerische Handlungsfreiheit dürften es die Stadtspitäler Waid und Triemli (mit inzwischen gemeinsamer Leitung und gemeinsamem Auftritt) am schwersten haben. Als Dienstabteilung der Stadt Zürich ohne Eigenkapital haben sie wegen der fehlenden finanziellen Autonomie und möglichen Einflussnahme der Politik in das Tagesgeschäft Nachteile gegenüber den Mitbewerbern. Dagegen geniesst das Unispital als selbständige öffentliche Aktiengesellschaft und die private Klinik Hirslanden wesentlich mehr Spielraum. Hugo Keune, Direktor Finanzen beim USZ, verweist hier allerdings auf die «im Vergleich zu anderen Spitälern bestehenden Einschränkungen beziehungsweise gesetzlichen Vorgaben in Bezug auf das Eingehen von Beteiligungen und Auslagerungen, bei Beschaffungen sowie bei der Ausgestaltung und Bemessung der ärztlichen Zusatzhonorare».

Bezüglich einer höheren Kostendeckung sagt Jörg: «Hierfür müssten die Tarife insbesondere im ambulanten, aber auch im stationären Bereich erhöht werden.» Dominique Jäggi, Leiterin Business Development bei der Klinik Hirslanden, sieht die Sache etwas positiver: «Auch wenn die aktuellen Tarife zu tief sind, gehen wir davon aus, dass wir mit ausreichend hohen Fallzahlen in der Lage sein werden, weiterhin kostendeckend zu arbeiten beziehungsweise sogar eine kleine Marge zu erwirtschaften. Die Weiterbildung von jungen Ärzten im ambulanten Sektor lässt sich damit aber zum Beispiel nicht finanzieren.» Insgesamt sind die vier Spitäler tatsächlich nicht schlecht unterwegs. Für 2018 verzeichnete das Triemli rund 1,4 Mio., das Unispital rund 63 Mio. und die Klinik Hirslanden über 25,8 Mio. Franken Gewinn. Nur das Stadtspital Waid musste einen Verlust von 14,4 Mio. Franken vermelden.

Notfälle als Kostentreiber

Womit wir zum nächsten Punkt kommen, den Fallpauschalen und der Vorgabe «ambulant vor stationär». Generell begrüssen alle angefragten Spitäler diese Massnahme. Mit gleich langen Spiessen werde aber nicht gekämpft, wie Daniel Tapernoux als Sprecher der SPO Schweizerische Patientenorganisation und damit einer unabhängigen Instanz betont. «Ein Spital, das viele Eingriffe im Voraus planen kann, hat finanziell einen Vorteil gegenüber einem, das viele ungeplante Notfälle behandeln muss.» Ein Blick auf die Anzahl der Notfälle im Jahr 2018 zeigt: Obenaus schwingt das Triemli mit über 57 000 Fällen vor dem Unispital mit 42 000 Fällen und dem Waid mit über 25 000 Fällen, wohingegen die Klinik Hirslanden nur etwas über 11 000 Notfälle zu verzeichnen hatte. Die Zahlen sind allerdings mit Vorsicht zu geniessen, denn was genau als Notfall gilt, wird von den Spitälern teilweise unterschiedlich definiert. «Daneben hat auch der Anteil der Zusatzversicherten einen wesentlichen Einfluss auf die Bilanz eines Spitals», so Tapernoux weiter. Der beträgt beispielsweise bei der Klinik Hirslanden rund 65 %, beim Triemli dagegen nur 20,7 %.

Allgemein sieht Tapernoux die Vorgabe, möglichst kostendeckend zu arbeiten, kritisch. «Zwar besteht von Seiten der Steuerzahler ein gewisses Interesse, dass Spitäler nicht zu viel ausgeben. Es besteht aber auch die Gefahr, dass es in gewissen Bereichen zu einer Unterversorgung kommen könnte, weil es nicht ‹lukrativ› ist, solche Patienten zu behandeln, etwa bei langwierigen internistischen Fällen. Oder dass in anderen ‹gewinnbringenderen›, wie etwa in der Orthopädie, zu viel gemacht wird.» Diese Fehlanreize gelte es, zu eliminieren.

Was ist Ihre Meinung zum Thema? echo@tagblattzuerich.ch

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