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Halbkanton Stadt Zürich: Schnapsidee oder zukunftsträchtiges Modell? Leserbild: Peter Lehmann

"Wir sind alle Zürcher!"

Von: Jan Strobel

22. Juli 2014

Halbkanton-Debatte: Der Vorschlag aus den Reihen der SP sorgte für Wirbel. Viele Zürcher träumen vom Stadtkanton, für andere ist die Idee schlicht «bireweich».

Ein Halbkanton Stadt Zürich: Für so manchen Städter ist das schon lange  ein heimlich gehegter Traum. Mit der Interpellation der beiden SP-Gemeinderätinnen Linda Bär und Christine Seidler ist nun diese nicht ganz neue Idee in den letzten Tagen wieder einmal in die Schlagzeilen gerückt. Dabei war die Beziehung zwischen der Stadt und dem sie umgebenden Land eigentlich schon immer problematisch,  spätestens seit die alte Städterepublik untergegangen und 1803 der moderne Kanton Zürich entstanden war. Jetzt scheint der Graben zwischen Stadt und Kanton allerdings so tief wie nie.
 
Einer, der sich ebenfalls für die Idee eines Halbkantons erwärmen kann, ist der Grüne Andreas Kyriacou, der das Thema 2009 selbst einmal lanciert hatte. Die urbane Schweiz, sagt er, sei in den politischen Gremien klar untervertreten. «Die Stadt Zürich hat zum Beispiel mehr Einwohner als die gesamte Urschweiz zusammen, aber keinen Ständeratssitz auf sicher.» Grosse urbane Zentren, findet Kyriacou, bräuchten deshalb ein stärkeres Selbstbestimmungsrecht, während kleinräumige Kantone mit  geringer Einwohnerzahl eine Fusion ins Auge fassen sollten. «Der Schweiz wäre damit eindeutig mehr gedient», ist er überzeugt. Ein Kanton mit 40 000 Einwohnern sei kaum handlungsfähig, dürfe aber trotzdem seine Verkehrspolitik autonom gestalten. Zum innerzürcherischen Konflikt zwischen Stadt und Kanton vertritt er eine eindeutige Position: «Die Herausforderungen der Stadt werden auf dem Land  nicht mehr wahrgenommen. Das zeigen die ganzen Nutzungskonflikte, gerade beim Verkehr.» Die aktuelle Diskussion sei mehr als Signal zu verstehen, wie der Kanton mit der Stadt umzugehen habe. «Denn konkret hätte ein Halbkanton Stadt Zürich bei Abstimmungen auf kantonaler und eidgenössischer Ebene kaum eine Chance.»

«Klassische Sündenbockpolitik»
Kein Verständnis für die Idee hat hingegen Roland Scheck, SVP-Gemeinderat und ehemaliger Stadtratskandidat. Die Stadt Zürich habe in vielen Bereichen schon heute mehr Kompetenzen als die anderen Gemeinden. Insbesondere in der Verkehrspolitik besitze sie die Planungshoheit über das eigene Strassennetz, das jetzt mit viel Geld zurückgebaut werde. «Bei diesem Vorschlag des Halbkantons handelt es sich um eine klassische Sündenbockpolitik», ist Scheck deshalb überzeugt. «Man gibt dem Kanton die Schuld, dabei sind alle Probleme in der Stadt hausgemacht.» Die Menschen aus dem Kantonsgebiet könnten schliesslich nichts dafür, welche Politik in der Stadt gemacht werde. «Wer baut ein nicht finanzierbares Hortwesen immer weiter aus? Wer ist für die masslos teure 2000-Watt-Gesellschaft verantwortlich?», fragt sich Scheck. Die Stadt Zürich brauche deshalb ein Umdenken und nicht die Gründung eines neuen Kantons.

Auch einige Nutzer der Facebook-Gruppe «Zürich, die schönste Stadt der Welt» haben ihre Meinung zum Thema gemacht. «Bireweich! Wir sind alle Zürcher, darum gibts nur einen Kanton», schreibt ein User. Ein anderer fragt besorgt: «Sind jetzt plötzlich die Basler unsere Vorbilder?» Und: «Noch mehr Kantönligeist? Nein danke! Ich bin fürs Reduzieren der Kantone.» Es gibt aber auch Befürworter, die gleich die radikale Lösung fordern: «Mir wäre die Idee von Zürich als eigener Staat eher sympathisch, wie zum Beispiel Monaco.» 

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