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Feiern bis tief in die Nacht: Im Sommer 2020 erlaubt die Stadt einigen Lokalen, ihre Aussenbereiche bis 2 Uhr zu bewirtschaften. Symbolbild: Instarix

Zoff um «Mediterrane Nächte»

Von: Sacha Beuth

19. November 2019

Im Rahmen eines Versuchs erlaubt die Stadt den Gastrobetrieben, nächstes Jahr an zwei Nächten im Sommer ihre Betriebszeiten in den Aussenbereichen bis 2 Uhr zu verlängern. Das «Mediterrane Nächte» genannte Projekt löst Freude, aber auch Besorgnis und Ärger aus und verwischt teilweise die Grenzen innerhalb der Politlager.

In den nächsten Sommerferien kann es losgehen. Dann dürfen die Stadtzürcher Bars und Restaurants mit Erlaubnis der Stadt an zwei vorgeschriebenen Nächten ihre Öffnungszeiten in den Aussenbereichen bis 2 Uhr verlängern (siehe Box).

Allerdings werden nicht alle Bars und Restaurants von der neuen Regelung profitieren können: «Die Verlängerung der Öffnungszeiten gilt nur für bestehende Gastwirtschaften im Freien», heisst es in der Medienmitteilung des Sicherheitsdepartements. Zudem seien Restaurants und Bars in den Lärmempfindlichkeitsstufen I und II oder in Innenhöfen von der Regelung ausgeschlossen. «Gegenwärtig erarbeitet die Stadtpolizei eine Liste der infrage kommenden Betriebe. Diese ist voraussichtlich im Frühjahr auf der Website der Stadt einsehbar und wird kurz vor Beginn der Sommerferien noch einmal aktualisiert», erklärt Mathias Ninck, Mediensprecher des Sicherheitsdepartements. Vorerst läuft das «Mediterrane Nächte» genannte, auf einem Vorstoss der SP und FDP basierende Projekt als Versuch, den die Stadt ­begleitet und wissenschaftlich auswertet. Erst danach soll über eine definitive Einführung entschieden werden.

«Negativ fürs Quartierleben»

Bei Anwohnern, Vereinen und politischen Parteien kommt das Projekt unterschiedlich an. Klar dagegen ist die Gruppe «Innenstadt als Wohnquartier», der unter anderem die Quartiervereine Zürich 1 rechts der Limmat, Selnau-City und Aussersihl Hard angehören. Stadt- und Gemeinderat sei offenbar nicht bewusst, dass die ungebremste Liberalisierung und Kommerzialisierung für die Wohnquartiere einschneidende Konsequenzen habe, heisst es in einer Medienmitteilung. Felix Stocker vom Quartierverein Zürich 1 rechts der Limmat und ehemaliger SP-Gemeinderat geht ins Detail: «Das Projekt macht mir grosse Sorgen. Wenn sensible Bevölkerungsgruppen wie Familien oder ältere Menschen nicht mehr in der Innenstadt wohnen können, ist das negativ fürs Quartierleben.» Auf die Frage, wie man dies in seiner Partei sehe, antwortet Stocker: «Sowohl in der SP als auch in anderen Parteien sind die Meinungen zum Projekt gespalten und verlaufen nicht entlang der gewohnten Links-rechts-Grenze. Die Politik muss letztlich entscheiden, ob sie den Schutz der Quartiere oder das nächtliche Vergnügungsbedürfnis höher gewichtet.» Stockers Aussagen bezüglich der fehlenden Blockbildung wird von der im Kreis 2 wohnenden Partei- und Gemeinderatskollegin Renate Fischer bestätigt: «Stadtrat und Verwaltung versuchen, das Postulat mit Sorgfalt und Bedacht umzusetzen. Ich stehe diesem Versuch offen gegenüber.»

Auch bei der EVP gibt es keine einheitliche Meinung zum Thema. «Unsere Partei hat dem Postulat für diesen Pilotbetrieb mehrheitlich zugestimmt, weil verschiedene Fachleute der Meinung sind, dass die Lärmbelastung nicht zu-, sondern eher abnimmt, wenn das Ausgangspublikum sich innerhalb der Aussenbereiche der Lokale statt wild im Freien aufhält. Wenn mehr Lärm entsteht, muss die Übung abgebrochen werden», findet Ernst Danner, Präsident EVP Stadt Zürich.

Andere wiederum beziehen eindeutig Stellung. Etwa die AL. Diese stört sich nicht nur wie die Gruppe «Innenstadt als Wohnquartier» an der Kommerzialisierung, sondern ist gemäss Gemeinderätin Christina Schiller auch der Meinung, dass der Stadtrat mit der pauschalen Liberalisierung die geltende Rechtsprechung ignoriere. Dagegen begrüssen FDP und Grünliberale den Vorstoss. «Die 24-Stunden-Gesellschaft ist eine Realität, der mit dem Projekt Rechnung getragen wird», sagt GLP-Gemeinderat Sven Sobernheim. Und Michael Schmid, Fraktionspräsident der FDP im Gemeinderat, betont, dass der Versuch nun rasch in der Praxis geprüft werden soll. Die er­betenen Stellungnahmen von SVP, CVP und Grünen zum Thema fehlten bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe.

Die Daten für die Mediterranen Nächte

Die verlängerten Öffnungszeiten betreffen die Nächte auf Samstag und auf Sonntag. In Zürich-West (Kreise 3, 4, 5 und 9) an den Wochenenden vom 11./12. Juli 2020 und 1./2. August; in der Innenstadt (Kreise 1, 2 und 8) an den Wochenenden vom 18./19. Juli und 8./9. August; in den übrigen Stadtteilen (Kreise 6, 7, 10, 11 und 12) am 25./ 26. Juli und 15./16. August. Die Daten sind fix, das heisst, es gibt kein Ersatzdatum, wenn etwa Witterungsverhältnisse eine Verlängerung negativ beeinträchtigen könnten.

Was ist Ihre Meinung zum Thema? echo@tagblattzuerich.ch

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Leserkommentare

Marie Fischer - Eine Zumutung für Anwohner. Der Stadtrat soll sich für eine wohnliche Stadt einsetzen, es gibt schon mehr als genug “Events” mit Lärmbelästigungen.

Vor 4 Jahren 4 Monaten  · 
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